Antikoagulative Therapie

Langzeitbeobachtungsstudie mit Dabigatran bei Patienten mit Vorhofflimmern


Prof. Dr. H.-C. Diener, Essen

Nach der randomisierten RE-LY(Randomized evaluation of long-term anticoagulation therapy)-Studie zum Vergleich der Antikoagulanzien Dabigatran und Warfarin wurden die Patienten unter der Therapie mit Dabigatran offen über einen Zeitraum von ein bis drei Jahren weiter beobachtet. Dabei zeigte sich, wie in der Hauptstudie, eine höhere Rate von schwerwiegenden Blutungskomplikationen bei Dosissteigerung von Dabigatran. Die Häufigkeit von Schlaganfällen und systemischen Embolien war mit beiden Dosierungen identisch.
Mit einem Referentenkommentar von Prof. Dr. Hans-Christoph Diener

Patienten mit Vorhofflimmern tragen ein hohes Schlaganfallrisiko. Die Behandlung mit Vitamin-K-Antagonisten hat viele Nachteile, was erklärt, warum nur etwa die Hälfte aller Patienten, bei denen die Indikation zu einer oralen Antikoagulation besteht, tatsächlich therapiert werden. Es wurde nach Wirkstoffen gesucht, die die wesentlichen Nachteile der Vitamin-K-Antagonisten wie später Wirkungseintritt, langsames Abklingen der Wirkung, Interaktion mit anderen Medikamenten und Nahrungsmitteln, nicht aufweisen und ein regelmäßiges Monitoring des Gerinnungssystems nicht erfordern. Als neues, orales Antikoagulans war Dabigatran (Pradaxa®) Warfarin in hoher Dosis von zweimal täglich 150 mg für die Endpunkte Schlaganfall oder systemische Embolie überlegen [1]. Die niedrige Dosis von zweimal täglich 110 mg war vergleichbar wirksam, verursachte aber weniger schwerwiegende Blutungskomplikationen.

Nach dem Ende der randomisierten Studie hatten Teilnehmer, die mit Dabigatran behandelt wurden, die Möglichkeit, diese Therapie über einen Zeitraum von bis zu 28 Monaten in offener Form fortzuführen. An dieser Nachbeobachtung nahmen 5851 Patienten teil (48% der ursprünglichen Patientenpopulation).

Die Häufigkeit von Schlaganfällen und systemischen Embolien war für beide Dosierungen über einen Zeitraum von im Median 2,3 Jahren identisch und betrug 1,46% pro Jahr für die hohe Dosis und 1,60% pro Jahr für die niedrige Dosis von Dabigatran. Die jährliche Rate für schwerwiegende Blutungskomplikationen war wie in der RE-LY-Studie für die hohe Dosis von Dabigatran (3,74%) höher als für die niedrige Dosis (2,99%) [2]. Dies entspricht einem Hazard-Ratio von 1,26. Die Mortalität differierte nicht zwischen den Behandlungsgruppen. Wie in der RE-LY-Studie war die Häufigkeit von zerebralen Blutungen mit 0,13% und 0,14% pro Jahr niedrig.

Kommentar

Es ist sehr wichtig, nach randomisierten Studien mit begrenzter Beobachtungszeit Langzeitdaten für neue Medikamente zu gewinnen. Manche Wirkungen und unerwünschte Ereignisse zeigen sich unter Umständen erst nach einem längeren Beobachtungszeitraum. Die hier diskutierte Studie zeigt überzeugend, dass sich die Ergebnisse der eigentlichen RE-LY-Studie im Langzeitverlauf weitgehend bestätigen lassen. Überraschend ist allerdings die Beobachtung, dass bezüglich der Verhinderung von Schlaganfällen zwischen den beiden Dosierungen kein wesentlicher Unterschied besteht. Dies würde für die Praxis bedeuten, dass bei Patienten, die aufgrund ihres Alters (über 75 Jahre) oder einer eingeschränkten Nierenfunktion mit der niedrigen Dosis behandelt werden müssen, kein Wirkungsverlust zu befürchten ist.

Quellen

1. Connolly SJ, et al. Dabigatran versus warfarin in patients with atrial fibrillation. N Engl J Med 2009;361:1139–51.

2. Connolly SJ, et al. The long-term multicenter observational study of dabigatran treatment in patients with atrial fibrillation (RELY-ABLE) study. Circulation 2013;128:237–43.

Psychopharmakotherapie 2014; 21(01)