Schlaganfall – Sekundärprävention

Früher Beginn der oralen Antikoagulation ohne Risiko


Prof. Dr. H.-C. Diener, Essen

In den Zulassungsstudien zu den neuen Antikoagulanzien zur Schlaganfallprävention bei Patienten mit Vorhofflimmern, vorausgegangenen transitorischen ischämischen Attacken (TIA) oder Schlaganfall waren die ersten beiden Wochen nach dem Ereignis ein Ausschlusskriterium. Eine kleine Studie aus Japan zeigt, dass offenbar keine größeren Risiken bestehen, wenn die Therapie mit neuen Antikoagulanzien früh begonnen wird.
Mit einem Referentenkommentar von Prof. Dr. Hans-Christoph Diener

Vorhofflimmern gilt nicht nur als Risikofaktor für den ersten Schlaganfall, sondern auch für ein frühes Rezidiv bei Patienten mit ischämischem Insult oder transienter ischämischer Attacke. Die neuen oralen Antikoagulanzien Apixaban (Eliquis®), Dabigatran (Pradaxa®) und Rivaroxaban (Xarelto®) wurden in den Zulassungsstudien auch bei Patienten in der Sekundärprävention untersucht [1–3]. Allerdings wurden keine Patienten innerhalb von zwei Wochen nach dem Ereignis (TIA oder ischämischer Insult) in die randomisierte Studie aufgenommen, sodass Erkenntnisse zur Wirksamkeit und Sicherheit in dieser frühen Phase fehlen. Die japanischen Kollegen haben retrospektiv zwischen März 2011 und September 2012 die Patienten ausgewertet, bei denen Vorhofflimmern bestand und neue orale Antikoagulanzien innerhalb von zwei Wochen nach ischämischem Insult oder TIA eingesetzt wurden. Bei allen Patienten erfolgten kernspintomographische Untersuchungen, um eine mögliche hämorrhagische Transformation des ursprünglichen ischämischen Insults zu detektieren. Von den 41 Patienten hatten 39 einen ischämischen Insult und zwei eine TIA. Das mittlere Intervall vom Auftreten der Symptomatik bis zum Beginn der Antikoagulation betrug zwei Tage. Bei keinem der Patienten bestand in der Bildgebung eine symptomatische intrakranielle Blutung. Fünf Patienten zeigten im initialen Kernspintomogramm bereits eine hämorrhagische Transformation, elf erst im weiteren Verlauf. Keiner dieser Patienten wurde symptomatisch. In der folgenden Beobachtungsphase traten weder erneute Schlaganfälle noch Blutungskomplikationen auf.

Kommentar

Diese Studie ist zugegebenermaßen sehr klein, zeigt aber zumindest in der Bildgebung, dass für Patienten mit Vorhofflimmern, TIA oder ischämischem Insult bei frühem Beginn der Therapie mit den neuen Antikoagulanzien kein erhöhtes Risiko für eine hämorrhagische Transformation oder eine intraparenchymatöse Blutung besteht. Dieses Konzept muss allerdings in größeren prospektiven Studien mit mehreren Tausend Patienten untersucht werden, um ein sicheres Zeitintervall für den Start der oralen Antikoagulation in Abhängigkeit von der Schwere des initialen Schlaganfalls bestimmen zu können.

Quelle

Shibazaki K, et al. Early initiation of new oral anticoagulants in acute stroke and TIA patients with nonvalvular atrial fibrillation. J Neurol Sci 2013;331:90–3.

Literatur

1. Easton JD, et al. Apixaban compared with warfarin in patients with atrial fibrillation and previous stroke or transient ischaemic attack: a subgroup analysis of the ARISTOTLE trial. Lancet Neurol 2012;11:503–11. Epub 2012/05/11.

2. Diener HC, et al. Dabigatran compared with warfarin in patients with atrial fibrillation and previous transient ischaemic attack or stroke: a subgroup analysis of the RE-LY trial. Lancet Neurol 2010;9:1157–63.

3. Hankey GJ, et al. Rivaroxaban compared with warfarin in patients with atrial fibrillation and previous stroke or transient ischaemic attack: a subgroup analysis of ROCKET AF. Lancet Neurol 2012;11:315–22. Epub 2012/03/10.

Psychopharmakotherapie 2014; 21(01)