Verordnungsmuster psychotroper Medikamente in der stationären Psychiatrie


Analyse der AGATE-Stichtagserhebungen 2008 bis 2010 Teil 3: Analyse nach psychiatrischer Hauptdiagnose

Kerstin Sander, Gerd Laux, Wasserburg am Inn, Ernst Schiller, Bad Abbach, Markus Wittmann, Deggendorf, und Ekkehard Haen, Regensburg, für die AGATE*

Einleitung: Das Arzneimittel-Verordnungsverhalten in der stationär-psychiatrischen Versorgung der Jahre 2008 bis 2010 wurde für die am bayerischen Pharmakovigilanzsystem „Arbeitsgemeinschaft Arzneimitteltherapie bei psychiatrischen Erkrankungen (AGATE)“ beteiligten psychiatrischen Versorgungskliniken in einem Vorgängerartikel überblicksartig dargestellt [31]. Hier werden Ergebnisse vertiefender Analysen zum Arzneimittel-Verordnungsverhalten bei affektiven Störungen (F3) und bei neurotischen, Belastungs- und somatoformen Störungen (F4) berichtet. Methode: Das Arzneimittel-Verordnungsverhalten wird an zwei Stichtagen im Jahr erhoben und Diagnose-spezifisch dokumentiert. Die sechs Stichtage der Jahre 2008 bis 2010 wurden für die Analyse berücksichtigt. Anonymisiert wurden für jeden Patienten, der an den Stichtagen in stationär-psychiatrischer Behandlung war, Daten zu Alter, Geschlecht, Hauptdiagnose, verordneten Handelspräparaten und Dosierungen erhoben. Ergebnisse: Die Stichtagsdaten von 9994 Patienten gingen in die Analyse ein. Das Durchschnittsalter betrug 52 Jahre. Erwartungsgemäß überwog der Frauenanteil (zwischen 55,4% und 67,3%) bei Patienten mit ausgewählten F3- und F4-Diagnosen. Die mittlere Tagesdosis der zehn am häufigsten verordneten Psychopharmaka war über die ausgewählten F3- und F4-Störungen hinweg erstaunlich einheitlich und zeigte keine geschlechtsspezifischen Unterschiede. Ebenso ähnelten sich die Verordnungszahlen der Psychopharmaka für die ausgewählten F3- und F4-Störungen hinsichtlich der Dominanz selektiver Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI) an den Antidepressiva-Verordnungen und der Dominanz von nach 1990 zugelassenen Antipsychotika (SGA) an den Neuroleptika-Verordnungen. Die Rangfolge der Arzneistoffgruppen unterschied sich jedoch Diagnose-abhängig: Bei bipolaren affektiven Störungen (F31.-) und Zwangsstörung (F42.-): Neuroleptika >Antidepressiva >Tranquilizer; bei depressiven Störungen (F32.-, F33.-) und Angststörungen (F40.-, F41.-): Antidepressiva >Neuroleptika >Tranquilizer. Schlussfolgerungen: Während allgemein die neueren den älteren Antidepressiva bei der Pharmakotherapie von Depressionen und Angststörungen vorgezogen werden, wird es Aufgabe zukünftiger Studien sein, den (steigenden) Einsatz von Neuroleptika zur Depressionsbehandlung rational zu begründen.
Schlüsselwörter: AGATE, Angst- und Zwangsstörungen, bipolar affektive Störungen, depressive Störungen, Psychopharmakaverordnung
Psychopharmakotherapie 2013;20:261–72.

Das übergeordnete Ziel der Pharmakovigilanz ist die Sicherheit des Patienten. Zur fortlaufenden Verbesserung der Anwendungssicherheit zugelassener Arzneimittel in der täglichen Praxis sind Erkennen und Melden von Verdachtsfällen unerwünschter Arzneimittelwirkungen (UAW) von grundlegender Bedeutung [3]. Über Pharmakovigilanzsysteme werden Meldungen von UAW systematisch erfasst, dokumentiert, analysiert und das Nutzen-Risiko-Verhältnis eines Arzneimittels bewertet sowie erforderlichenfalls Maßnahmen zur Risikoabwehr und Risikoprävention eingeleitet [35]. Zur Einordnung von UAW in den medizinischen Alltag sind Kenntnisse über die Verordnung von Arzneimitteln grundlegend. In der stationär-psychiatrischen Gesundheitsversorgung werden Daten zum Arzneimittel-Verordnungsverhalten unter anderem im Rahmen des regionalen Pharmakovigilanzsystems AGATE (Arbeitsgemeinschaft Arzneimitteltherapie bei psychiatrischen Erkrankungen) erfasst [19]. Eine Vollerhebung des Arzneimittel-Verordnungsverhaltens, wie sie dem Arzneiverordnungsreport seit dem Verordnungsjahr 2002 zur Verfügung steht (alle ambulanten Arzneimittelverordnungsdaten der Gesetzlichen Krankenversicherung [GKV]) [10], fehlt nach wie vor für die stationäre Gesundheitsversorgung in Deutschland.

Vergleich zwischen stationären und ambulanten Verordnungen

Der Arzneiverordnungsreport 2011 [33] berichtet unter anderem über den Einfluss von Alter und Geschlecht der Patienten auf die Arzneimittelverordnungen [9]. Der durchschnittliche Psychopharmakaverbrauch je GKV-Versicherten (Psychoanaleptika: Antidepressiva, Psychostimulanzien, Antidementiva; und Psycholeptika: Antipsychotika, Lithium, Anxiolytika, Hypnotika und Sedativa) stieg mit zunehmendem Alter an, und Frauen erhielten im Mittel je GKV-Versicherten 20% (551 DDD, defined daily dose, definierte Tagesdosis) mehr Arzneimittel verordnet als Männer (458 DDD), und zwar insbesondere mehr Psychopharmaka (56%; 33,4 DDD vs. 21,0 DDD) und Analgetika (54%; 10,3 DDD vs. 6,7 DDD) [siehe auch 14, 15]. Im Gegensatz zu den ambulanten Arzneimittelverordnungen der GKV des Jahres 2010 [9] nahmen in der stationär-psychiatrischen Versorgung 2010 die Dosierungen und Verordnungszahlen der zehn am häufigsten verordneten Psychopharmaka (den sogenannten „Top-10-Psychopharmaka“) mit zunehmendem Alter ab; des Weiteren erhielten Frauen in 2010 keine höhere Dosierung der Top-10-Psychopharmaka verordnet, sie hatten jedoch höhere Verordnungszahlen für Antidepressiva und Tranquilizer, während die Verordnungszahlen für Neuroleptika unterschiedliche geschlechtsspezifische Muster aufwiesen [32].

Verordnungen nach Geschlecht und Alter

In vorausgehenden Artikeln wurde das Arzneimittel-Verordnungsverhalten der Jahre 2008 bis 2010 für die am bayerischen Pharmakovigilanzsystem AGATE beteiligten psychiatrischen Versorgungskliniken zum einen überblicksartig [31] und zum anderen für das Jahr 2010 differenziert nach Alter und Geschlecht der Patienten berichtet [32]. Das Arzneimittel-Verordnungsverhalten wird basierend auf den an zwei Stichtagen im Jahr anonymisiert erhobenen Daten zu Alter, Geschlecht, Hauptdiagnose, verordneten Handelspräparaten und Dosierungen der Patienten, die sich zu diesen Zeitpunkten in stationär-psychiatrischer Versorgung befinden, analysiert.

Verordnungen nach Hauptdiagnose

Im Folgenden werden Ergebnisse weiterer, vertiefender Analysen der Stichtagsdaten 2008 bis 2010 berichtet, und zwar zum Einfluss vom Geschlecht auf das Arzneimittel-Verordnungsverhalten bei Patienten mit einer Hauptdiagnose affektiver Störungen (F3) oder neurotischer, Belastungs- und somatoformer Störungen (F4). Die Auswahl dieser psychiatrischen Hauptdiagnosen lag darin begründet, dass sie von 2008 zu 2010 zunahmen [31].

Die Einjahresprävalenzen für affektive Störungen (F3) sind für Frauen (9,5%–15,4%) höher als für Männer (5,5%–8,5%) [12, 22, 24, 36]. Für neurotische, Belastungs- und somatoforme Störungen (F4) weisen Frauen ebenfalls höhere Einjahresprävalenzen auf als Männer (16,4%–19,8% vs. 8,9%–9,2%) [22, 34].

Vor dem Hintergrund des im Jahr 2010 ähnlichen Arzneimittelverbrauchs bei Frauen und Männern der über die AGATE erfassten stationär-psychiatrischen Patienten [32] sowie der Prävalenzen für affektive (F3) und neurotische, Belastungs- und somatoforme Störungen (F4) erwarten wir in der stationär-psychiatrischen Versorgung einen höheren Frauenanteil bei Patienten mit F3- und F4-Störungen (Hypothese 1), aber keinen geschlechtsspezifischen Unterschied im Arzneimittelverbrauch (Hypothese 2).

Patienten und Methoden

Datenbasis und statistische Auswertung

Die Arzneimittel-Verordnungen werden an zwei Stichtagen im Jahr (April und Oktober) erfasst und Diagnose-spezifisch dokumentiert (sogenannte Stichtagserhebungen). Datenbasis sind die für jeden Patienten, der an einem der Stichtage in stationär-psychiatrischer Behandlung war, anonymisiert erhobenen Daten zu Alter, Geschlecht, Hauptdiagnose, verordneten Handelspräparaten und Dosierungen.

Für die Analyse wurden die sechs Stichtage der Jahre 2008 bis 2010 berücksichtigt und über alle an der AGATE beteiligten Kliniken ausgewertet. Patientendaten und Daten zur Medikation werden für die zehn am häufigsten verordneten Psychopharmaka (Top-10-Psychopharmaka) vorgestellt, und zwar für Patienten mit der Hauptdiagnose affektive Störung (F3*.*) oder neurotische, Belastungs- und somatoforme Störung (F4*.*).

Die Daten wurden aus der Stichtagsdatenbank der AGATE extrahiert und werden deskriptiv-statistisch berichtet. Zur Überprüfung der Effekte des Geschlechts auf die mittlere Tagesdosis im Jahr 2010 wurden T-Tests für unabhängige Stichproben mithilfe von PAWS Statistics 18® (Version 18.0.0) durchgeführt, mit α=0,05 (zweiseitige Testung). Datenbasis der statistischen Analyse waren Fälle.

Die Verordnungszahlen geben die Anzahl an Verordnungen eines Arzneistoffs oder mehrerer Arzneistoffe, hier summiert über die zwei Stichtage des Jahres 2010, wieder.

Psychopharmaka

Für die Analyse wurden die Top-10-Psychopharmaka aus den Arzneistoffgruppen der Antidementiva/Nootropika, Antidepressiva, Stimmungsstabilisierer, Neuroleptika und Tranquilizer/Hypnotika ermittelt. Im Folgenden werden ausschließlich die Wirkstoffnamen (international non-proprietary name, INN) angegeben. Für die analysierten Psychopharmaka werden Daten zu den verordneten mittleren Tagesdosen in Milligramm und den Verordnungszahlen berichtet.

Ergebnisse

Patientencharakteristika

Für die Analyse wurden aus der Diagnosegruppe der affektiven Störungen (F3*.*) Patienten mit diagnostizierten bipolaren affektiven Störungen (F31.-), depressiver Episode (F32.-) und rezidivierenden depressiven Störungen (F33.-) ausgewählt; aus der Diagnosegruppe der neurotischen, Belastungs- und somatoformen Störungen (F4*.*) Patienten mit diagnostizierten phobischen Störungen (F40.-), anderen Angststörungen (F41.-) und Zwangsstörung (F42.-). Die Auswahl umfasste die Datensätze von 9994 Patienten, 6343 Frauen (63,6%) und 3631 Männern (36,4%). Das Durchschnittsalter betrug 52,1 Jahre (Frauen 53,3 Jahre, Männer 49,6 Jahre). Die über den Analysezeitraum 2008 bis 2010 zusammengefassten Daten zu Anzahl, Alter und Geschlechterverhältnis der Patienten mit einer der ausgewählten F-Diagnosen enthält Tabelle 1.

Tab. 1. Charakteristika der Patienten mit ausgewählten F-Diagnosen affektiver Störungen (F3*.*) sowie neurotischer, Belastungs- und somatoformer Störungen (F4*.*). Die Daten wurden über den Analysezeitraum 2008 bis 2010 zusammengefasst.

F-Diagnose

Patienten

[n]

Alter

[Jahre]1

Männer:Frauen

[%]

Alter

Männer/Frauen

[Jahre]1

F31.-

1309

52,0

38,33:61,67

51,2 / 52,5

F32.-

3284

50,5

40,78:59,22

47,3 / 51,7

F33.-

4723

54,3

32,70:67,30

52,1 / 55,4

F40.-

65

39,6

44,62:55,38

37,4 / 41,3

F41.-

519

46,7

33,85:66,15

45,1 / 47,5

F42.-

94

40,1

51,61:48,39

37,5 / 42,8

1 Arithmetisches Mittel

Mehr als 90% der Patienten (93,2%, n=9316) hatten eine der ausgewählten F3-Diagnosen. Ihre Zahl war mehr als 13,5-fach so hoch wie die der Patienten mit einer der ausgewählten F4-Diagnosen (6,8%, n=678). Patienten mit F3-Diagnosen (mittleres Alter 52,6 Jahre) waren zwischen 6 und 11 Jahre älter als Patienten mit F4-Diagnosen (mittleres Alter 45,1 Jahre). Bei jeder der ausgewählten F-Diagnosen war die weibliche Population älter als die männliche (je nach Diagnose im Durchschnitt zwischen 1,3 und 5,3 Jahre). Sowohl die F3- als auch die F4-Diagnosegruppe war durch einen höheren Frauenanteil gekennzeichnet; einzig Patienten mit der Diagnose Zwangsstörung (F42.-) wiesen einen höheren Männeranteil auf.

In Tabelle 2 werden für das Jahr 2010 die drei häufigsten Subgruppendiagnosen der Patienten mit ausgewählten affektiven Störungen (F3*.*) und neurotischen, Belastungs- und somatoformen Störungen (F4*.*) dargestellt.

Tab. 2. Die drei häufigsten Subgruppendiagnosen der Patienten mit ausgewählten affektiven Störungen (F3*.*) und neurotischen, Belastungs- und somatoformen Störungen (F4*.*) für das Jahr 2010. Angegeben ist der prozentuale Anteil an der entsprechenden F-Diagnose.

F-Diagnose

Subgruppendiagnose

Anteil

[%]

Bipolare affektive Störungen (F31.-)

Gegenwärtig schwere depressive Episode ohne psychotische Symptome (F31.4)

34,7

Gegenwärtig manische Episode ohne psychotische Symptome (F31.1)

14,7

Gegenwärtig manische Episode mit psychotischen Symptomen (F31.2)

12,7

Depressive Episode (F32.-)

Schwere depressive Episode ohne psychotische Symptome (F32.2)

62,5

Mittelgradige depressive Episode (F32.1)

25,8

Schwere depressive Episode mit psychotischen Symptomen (F32.3)

8,8

Rezidivierende depressive Störungen (F33.-)

Gegenwärtig schwere Episode ohne psychotische Symptome (F33.2)

65,9

Gegenwärtig mittelgradige Episode (F33.1)

19,8

Gegenwärtig schwere Episode mit

psychotischen Symptomen (F33.3)

11,3

Phobische Störungen (F40.-)

Agoraphobie mit Panikstörung (F40.01)

33,3

Soziale Phobien (F40.1)

33,3

Agoraphobie (F40.0*)

23,3

Andere Angststörungen (F41.-)

Panikstörung (episodisch paroxysmale Angst; F41.0)

40,6

Angst und depressive Störung, gemischt (F41.2)

33,9

Generalisierte Angststörung (F41.1)

18,3

Zwangsstörung (F42.-)

Zwangsgedanken und -handlungen, gemischt (F42.2)

42,4

Vorwiegend Zwangsgedanken oder Grübelzwang (F42.0)

30,3

Vorwiegend Zwangshandlungen (Zwangsrituale) (F42.1)

27,3

Dosierungen

Die Top-10-Psychopharmaka entstammten den Arzneimittelgruppen der Antidepressiva, Hypnotika, Neuroleptika und Tranquilizer. Es waren ausschließlich neuere Antidepressiva vertreten:

  • Citalopram und Escitalopram (selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer; SSRI)
  • Mirtazapin (noradrenerges und spezifisch serotonerges Antidepressivum; NaSSA)
  • Venlafaxin (selektiver Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer; SSNRI)

Die Neuroleptika umfassten drei nach 1990 zugelassene (second generation antipsychotics, SGA):

  • Olanzapin
  • Quetiapin
  • Risperidon

und zwei ältere Neuroleptika (first generation antipsychotics, FGA)

  • Haloperidol
  • Pipamperon

Aufgrund der Ähnlichkeit der entsprechenden Datenmuster in 2008, 2009 und 2010 werden die mittleren Tagesdosen und prozentualen Verordnungsanteile der Top-10-Psychopharmaka der ausgewählten F3- und F4-Diagnosen exemplarisch für das Jahr 2010 berichtet (Abb. 1 und 2). Für Patienten mit uni- und bipolaren Depressionen zeigen die Abbildungen 1a und 1b die mittleren Tagesdosen der Antidepressiva und Neuroleptika der Top-10-Psychopharmaka. Für Patienten mit Angst- und Zwangsstörungen sind diese Daten in den Abbildungen 2a und 2b dargestellt.

Das Dosierungsbild ähnelte sich über die einzelnen F3- und F4-Diagnosen hinweg.

Bei den F3-Diagnosen (affektive Störungen) lagen die mittleren Tagesdosen aller Top-10-Antidepressiva im zugelassenen Bereich, ebenso wie die der Top-10-Neuroleptika Olanzapin und Risperidon; während die Dosierung für Pipamperon unterhalb des empfohlenen Dosierungsbereichs lag [28]. Letzteres galt auch für Haloperidol bei den F32.-Diagnosen und für Quetiapin bei den F32.- und F33.-Diagnosen. Die mittlere Tagesdosis für Quetiapin war bei den F31.-Diagnosen ungefähr doppelt so hoch wie bei den F32.- und F33.-Diagnosen.

Bei den F4-Diagnosen (Angst- und Zwangsstörungen) lagen die mittleren Tagesdosen der Antidepressiva Citalopram, Escitalopram, Mirtazapin und Venlafaxin im zugelassenen Bereich, bis auf eine höhere Dosierung von Escitalopram bei den F42.-Diagnosen

Die Dosierungen der Top-10-Neuroleptika Haloperidol und Olanzapin lagen im empfohlenen Bereich; während die Dosierungen für Pipamperon, Quetiapin und Risperidon unterhalb des empfohlenen Dosierungsbereichs lagen. Die mittlere Tagesdosis für Pipamperon war bei den F41.-Diagnosen mehr als doppelt so hoch wie bei den F42.-Diagnosen, während bei Letzteren die Dosierung für Quetiapin doppelt so hoch ausfiel wie bei den F40.- und F41.-Diagnosen.

Die mittlere Tagesdosis Lorazepam lag im zugelassenen Bereich [28] und betrug 1,7 mg, 1,3 mg und 1,6 mg für die F31.-, F32.- und F33.-Diagnosen, und 1,3 mg, 1,2 mg und 1,0 mg für die F40.-, F41.- und F42.-Diagnosen (ohne Abbildung).

Patienten mit diagnostizierter depressiver Episode (F32.-) erhielten 2010 zu 1,2%, 6,8% und 6,3% die Neuroleptika Haloperidol, Olanzapin und Risperidon zusätzlich verordnet, Patienten mit diagnostizierter rezidivierender depressiver Störung (F33.-) zu 1,0%, 9,0% und 7,7%, und Patienten mit diagnostizierter Zwangsstörung (F42.-) zu 3,0%, 18,2% und 12,1%. Während bei den F42.-Diagnosen die Top-10-Neuroleptika ausschließlich zusätzlich zu den Antidepressiva verordnet wurden, handelte es sich bei den F32.- und F33.-Diagnosen in 4,2% bzw. 3,7% der Fälle um Medikationen ohne Antidepressivum, und in 0,5% bzw. 1% der Fälle um ausschließliche Neuroleptika-Verordnungen.

Die statistische Prüfung ergab, dass sich die verordnete mittlere Tagesdosis der Top-10-Psychopharmaka zwischen den Geschlechtern der ausgewählten F3- und F4-Diagnosen bei den Antidepressiva und Neuroleptika nicht unterschied. Einzig männliche Patienten mit diagnostizierten bipolaren affektiven Störungen (F31.-) wiesen eine signifikant höhere Dosierung von Lorazepam auf als weibliche Patienten (1,96 mg vs. 1,49 mg; T =2,002; df =58,275; p=0,050).

Abb. 1. Mittlere Tagesdosis (arithmetisches Mittel) und prozentuale Verordnungsanteile der Top-10-Psychopharmaka für Patienten mit affektiver Störung (F3*.*). Exemplarische Darstellung für das Jahr 2010. Der Übersichtlichkeit halber sind die Standardabweichungen nicht dargestellt. Die Angabe „Empfohlene Dosierung“ bezieht sich auf den Dosisbereich für zugelassene Indikationen laut Fachinformation. a) mittlere Tagesdosis der Antidepressiva unter den Top-10-Psychopharmaka b) mittlere Tagesdosis der Neuroleptika unter den Top-10-Psychopharmaka c) prozentualer Verordnungsanteil der einzelnen Antidepressiva an den Gesamtverordnungen der Antidepressiva unter den Top-10-Psychopharmaka d) prozentualer Verordnungsanteil der einzelnen Neuroleptika an den Gesamtverordnungen der Neuroleptika unter den Top-10-Psychopharmaka

Abb. 2. Mittlere Tagesdosis (arithmetisches Mittel) und prozentuale Verordnungsanteile der Top-10-Psychopharmaka für Patienten mit neurotischer, Belastungs- und somatoformer Störung (F4*.*). Exemplarische Darstellung für das Jahr 2010. Der Übersichtlichkeit halber sind die Standardabweichungen nicht dargestellt. Die Angabe „Empfohlene Dosierung“ bezieht sich auf den Dosisbereich für zugelassene Indikationen laut Fachinformation. a) mittlere Tagesdosis der Antidepressiva unter den Top-10-Psychopharmaka b) mittlere Tagesdosis der Neuroleptika unter den Top-10-Psychopharmaka c) prozentualer Verordnungsanteil der einzelnen Antidepressiva an den Gesamtverordnungen der Antidepressiva unter den Top-10-Psychopharmaka d) prozentualer Verordnungsanteil der einzelnen Neuroleptika an den Gesamtverordnungen der Neuroleptika unter den Top-10-Psychopharmaka

Verordnungszahlen

Affektive Störungen

Im Jahr 2010 erhielten Patienten mit diagnostizierten affektiven Störungen (F3*.*) 5496 Verordnungen der Top-10-Psychopharmaka (Abb. 3a und 3c). Hiervon entfielen 12% der Verordnungen auf Patienten mit der Diagnose bipolare affektive Störungen (F31.-); diese wurden von den Neuroleptika dominiert, gefolgt von Antidepressiva und dem Tranquilizer Lorazepam. 36% Prozent der Verordnungen entfielen auf Patienten mit der Diagnose depressive Episode (F32.-) und 52% auf Patienten mit der Diagnose rezidivierende depressive Störungen (F33.-). Die Verordnungen für Patienten mit F32.- und F33.-Diagnosen wurden von den Antidepressiva dominiert, gefolgt von Neuroleptika und Lorazepam.

Abb. 3. Prozentuale Verteilung der Gesamtzahl an Verordnungen (3a, 3b) sowie der Verordnungen der einzelnen Arzneistoffgruppen Antidepressiva, Neuroleptika, Tranquilizer der Top-10-Psychopharmaka (3c, 3d) für Patienten mit affektiver (F3*.*) und neurotischer, Belastungs- und somatoformer Störung (F4*.*). Exemplarische Darstellung für das Jahr 2010

Die Abbildungen 1c und 1d geben den prozentualen Verordnungsanteil der Top-10-Antidepressiva und Top-10-Neuroleptika an den Gesamtverordnungen der jeweiligen Arzneistoffgruppe im Jahr 2010 wieder. Jeweils ungefähr ein Drittel der Antidepressiva-Verordnungen entfiel auf SSRI (Citalopram, Escitalopram), NaSSA (Mirtazapin) und SSNRI (Venlafaxin). Bei den Neuroleptika entfielen mehr als 80% der Verordnungen auf SGA (Olanzapin, Quetiapin, Risperidon).

Neurotische und Belastungsstörungen

Von den 369 Verordnungen der Top-10-Psychopharmaka für Patienten mit diagnostizierten neurotischen, Belastungs- und somatoformen Störungen (F4*.*) im Jahr 2010 entfielen 11% auf Patienten mit der Diagnose phobische Störungen (F40.-), 74% auf Patienten mit der Diagnose andere Angststörungen (F41.-) und 15% auf Patienten mit der Diagnose Zwangsstörung (F42.-) (Abb. 3b und 3d). Die Verordnungen wurden bei den Angststörungen (F40.- und F41.-) von den Antidepressiva dominiert, gefolgt von den Neuroleptika und dem Tranquilizer Lorazepam. Bei der Zwangsstörung (F42.-) dominierte die Zahl verordneter Neuroleptika, gefolgt von Antidepressiva und Lorazepam.

Die Abbildungen 2c und 2d stellen den prozentualen Verordnungsanteil der Top-10-Antidepressiva und Top-10-Neuroleptika an den Gesamtverordnungen der jeweiligen Arzneistoffgruppe im Jahr 2010 dar. Bei den Angst- und Zwangsstörungen entfiel der Großteil der Antidepressiva-Verordnungen auf SSRI. Es folgten bei den Angststörungen die Verordnungen von NaSSA vor SSNRI und bei der Zwangsstörung die Verordnungen von SSNRI vor NaSSA. Die Neuroleptika-Verordnungen wurden von den SGA (63%–92%) dominiert.

Über den Analysezeitraum hinweg entwickelte sich der prozentuale Anteil von SSRI, SGA und FGA an den Verordnungen der Top-10-Psychopharmaka pro Jahr wie in Abbildung 4 dargestellt: Von 2008 bis 2010 stieg der Prozentsatz verordneter SSRI (Citalopram, Escitalopram) bei Patienten mit uni- und bipolaren Depressionen kontinuierlich an. Bei Patienten mit Angststörungen verlief der Prozentsatz verordneter SSRI U-förmig und bei Patienten mit Zwangsstörung umgekehrt U-förmig. Der prozentuale Anteil verordneter SGA (Olanzapin, Quetiapin, Risperidon) stieg für F31.-Diagnosen im Analysezeitraum ebenfalls kontinuierlich an, tendenziell auch für F33.-Diagnosen, blieb aber nahezu unverändert für F32.-Diagnosen. Bei den Angststörungen konnte ein Rückgang des Prozentsatzes verordneter SGA festgestellt werden, während er bei der Zwangsstörung sprunghaft anstieg. Für alle ausgewählten F3- und F4-Diagnosen zeigte sich in 2010 eine deutliche Steigerung des prozentualen Anteils verordneter FGA (Haloperidol, Pipamperon).

Abb. 4. Entwicklung des prozentualen Anteils von SSRI (Abb. 4a), SGA (Abb. 4b) und FGA (Abb. 4c) an der Gesamtzahl verordneter Top-10-Psychopharmaka pro Jahr von 2008 bis 2010. Die SSRI umfassen Citalopram und Escitalopram; die SGA Olanzapin, Quetiapin und Risperidon; die FGA Haloperidol und Pipamperon.

Zusammenfassung der Ergebnisse

In der stationär-psychiatrischen Gesundheitsversorgung wurden für den Zeitraum 2008 bis 2010 die Stichtagsdaten der an der AGATE beteiligten psychiatrischen Versorgungskliniken für knapp 10000 Patienten mit der Hauptdiagnose affektive Störung (F3*.*) oder neurotische, Belastungs- und somatoforme Störung (F4*.*) analysiert. Patienten mit ausgewählten F3- und F4-Störungen waren überwiegend weiblichen Geschlechts; nur bei der Zwangsstörung (F42.-) überwog knapp der Männeranteil. Unabhängig von der diagnostizierten psychischen Erkrankung waren Frauen älter als Männer. Die mittlere Tagesdosis der Top-10-Psychopharmaka war über die ausgewählten F3- und F4-Diagnosen hinweg ähnlich, bis auf die Tagesdosen für Pipamperon, Quetiapin und Risperidon, und zeigte keine geschlechtsabhängigen Unterschiede (Ausnahme: höhere Dosis Lorazepam bei Männern mit F31.-Diagnosen). Die Verordnungszahlen wiesen Diagnose-abhängig unterschiedliche Rangfolgen der Arzneistoffgruppen auf: Bei diagnostizierten bipolaren affektiven Störungen (F31.-) und Zwangsstörung (F42.-) waren die Verordnungszahlen für Neuroleptika höher als für Antidepressiva und für diese höher als für Tranquilizer; bei depressiven Störungen (F32.-, F33.-) und Angststörungen (F40.-, F41.-) waren die Verordnungszahlen für Antidepressiva höher als für Neuroleptika und für diese höher als für Tranquilizer. Innerhalb der Arzneistoffgruppe der Antidepressiva wurden die Verordnungszahlen von den SSRI dominiert, und innerhalb der Arzneistoffgruppe der Neuroleptika von den SGA. Der prozentuale Anteil von SSRI, SGA und FGA an den Verordnungen der Top-10-Psychopharmaka im Analysezeitraum zeigte für die ausgewählten F3- und F4-Diagnosen einheitlich eine Zunahme bei den FGA, während das Bild bei den SSRI und SGA Diagnose-abhängig variierte.

Zusammenfassend bestätigen die vorliegenden Ergebnisse sowohl Hypothese 1 eines höheren Frauenanteils an den ausgewählten F3- und F4-Diagnosen als auch Hypothese 2 eines ähnlichen Arzneimittelverbrauchs bei Frauen und Männern.

Diskussion

Hypothese 1. Höherer Frauenanteil bei Patienten mit diagnostizierten affektiven Störungen und neurotischen, Belastungs- und somatoformen Störungen

Gemäß der bei Frauen höheren allgemeinen Einjahresprävalenzen für affektive sowie neurotische, Belastungs- und somatoforme Störungen [siehe z.B. 12, 34] überwog in der vorliegenden Untersuchung der Frauenanteil bei Patienten mit diagnostizierten bipolaren affektiven Störungen (F31.-), Depressionen (F32.- und F33.-) und Angststörungen (F40.- und F41.-). Ein Verhältnis von 62% Frauen zu 38% Männern bei Patienten mit bipolarer affektiver Störung wird auch von Greil et al. in einer Längsschnittuntersuchung zur Pharmakotherapie ebensolcher stationär behandelter Patienten berichtet [17]. Entgegen der oben genannten Hypothese überwog der Männeranteil bei Patienten mit diagnostizierter Zwangsstörung (F42.-) mit 52%. Dies war aufgrund der bei Frauen leicht höheren gepoolten Prävalenzraten für Zwangsstörung nicht erwartet [22, 34], ist aber vermutlich auf die geringen Unterschiede von 0,2 und 0,3 Prozentpunkten in den geschlechtsspezifischen Prävalenzraten sowie auf Faktoren, die generell für die Heterogenität berichteter Prävalenzraten verantwortlich gemacht werden, wie beispielsweise methodische und regionale Unterschiede [12, 34], zurückzuführen. Hinsichtlich geschlechtsspezifischer Prävalenzraten ist des Weiteren zu beachten, dass beispielsweise Depressionssymptome (biologisch und sozial) sowie mögliche Komorbiditäten zum einen zwischen den Geschlechtern und zum anderen aber auch innerhalb eines Geschlechts unterschiedlich sein können und somit zu unterschiedlich häufigen Diagnosen führen mögen [20, 30, 37].

Hypothese 2. Ähnlicher Arzneimittelverbrauch bei Frauen und Männern mit diagnostizierten affektiven Störungen und neurotischen, Belastungs- und somatoformen Störungen

Ebenso wie für das gesamte Patientenkollektiv [31] lagen die Dosierungen der Top-10-Psychopharmaka für Patienten mit den ausgewählten F3- und F4-Diagnosen im zugelassenen Bereich [28]. Die einzige Ausnahme hiervon war die um rund 10% über dem maximal empfohlenen Wert von 20 mg liegende mittlere Tagesdosis an Escitalopram für Patienten mit Zwangsstörung (F42.-).

Das Dosierungsmuster, die verordnete mittlere Tagesdosis der Top-10-Psychopharmaka war über die ausgewählten F3- und F4-Diagnosen hinweg erstaunlich einheitlich, insbesondere für bipolare affektive Störungen und Depressionen. Das heißt, sowohl unipolare als auch bipolare Affektstörungen wurden mit der praktisch gleichen mittleren Tagesdosis Venlafaxin behandelt. Generelle Dosierungsunterschiede in Abhängigkeit vom Patientengeschlecht gab es erwartungsgemäß für keine der ausgewählten F3- und F4-Diagnosen.

Die einzige Ausnahme hiervon stellte die höhere mittlere Tagesdosis Lorazepam bei Männern mit bipolaren affektiven Störungen dar. Allerdings scheint es zumindest für Patienten mit Bipolar-I-Erkrankungen im Allgemeinen keinen Bezug zwischen demografischen Parametern, einschließlich des Patientengeschlechts, und der Verordnung psychotroper Arzneimittel zu geben [29].

Insgesamt lassen die Ergebnisse darauf schließen, dass es einen ähnlichen Arzneimittelverbrauch bei Frauen und Männern mit diagnostizierten uni- und bipolaren Depressionen und Angst- und Zwangsstörungen im stationär-psychiatrischen Versorgungsbereich gab; dies entspricht den Ergebnissen der alters- und Diagnose-unabhängigen Analyse von Geschlechtsunterschieden derselben Arzneimittel-Verordnungsdaten [32], aber widerspricht den Ergebnissen im ambulanten Bereich [siehe oben, 9].

Die Ergebnisse der Befragung zu Verordnungsgewohnheiten von Psychopharmaka an deutschen psychiatrischen Versorgungskliniken in den Jahren 2004/2005 durch die Arbeitsgruppe biologische Psychiatrie der Bundesdirektorenkonferenz (BDK) [18] zeigten eine ähnliche Präferenz neuerer gegenüber älteren Antidepressiva wie in der vorliegenden Studie [27].

Die mittleren Tagesdosen bei schweren Depressionen 2004/2005 waren für Mirtazapin (36,9 mg/Tag), Citalopram (31,9 mg/Tag) und Venlafaxin (177,3 mg/Tag) höher als für die hier für 2010 berichteten mittleren Dosierungen zur Behandlung von F32.- und F33.-Störungen; für Escitalopram waren sie annähernd gleich (15,7 mg/Tag) [27].

Der Trend der Dosisreduktion konnte für die betroffenen Arzneistoffe auch im Vergleich der Jahre 2008 und 2010 beobachtet werden (mit Ausnahme von Haloperidol) [31]. Bemerkenswert ist, dass im Unterschied zur genannten Befragung der BDK eine in zwölf europäischen Ländern im gleichen Zeitraum durchgeführte Studie zu Antidepressiva-Verordnungen bei depressiven Erkrankungen wesentlich geringere mittlere Tagesdosen Citalopram (20,0 mg), Escitalopram (11,2 mg), Mirtazapin (26,5 mg) und Venlafaxin (95,6 mg) berichtete, was auf ausgeprägte länderspezifische Dosierungsunterschiede hindeutet [5].

Ein Vergleich der mittleren Tagesdosen über alle analysierten F3*.*- und F4*.*-Diagnosen hinweg ergab für die Top-10-Antidepressiva eine höhere mittlere Tagesdosis Mirtazapin bei den F3*.*-Diagnosen, aber höhere mittlere Tagesdosen Citalopram, Escitalopram und Venlafaxin bei den F4*.*-Diagnosen, und insbesondere bei der Zwangsstörung (F42.-).

Gemäß Leitlinien und Expertenkonsens ist die erste Wahl bei der Pharmakotherapie der Zwangsstörung eine Behandlung mit SSRI [4], und zwar mit mittleren bis hohen Dosen [siehe auch 6, 16].

Von den Top-10-Antidepressiva besitzt nur Escitalopram eine Zulassung zur Behandlung von Zwangsstörung; bei der Verordnung von Citalopram, Mirtazapin und Venlafaxin handelt es sich somit um eine Off-Label-Medikation (siehe die entsprechenden Fachinformationen, Stand 2011 bis 2013).

Bei Nichtansprechen auf die Antidepressiva ist eine Augmentation mit Haloperidol oder Risperidon effektiv, das Gleiche scheint für Olanzapin und Quetiapin zu gelten [1, 16]. Eine Monotherapie mit Neuroleptika ist bei Zwangsstörung hingegen wirkungslos [13]. Dementsprechend wurden die Top-10-Neuroleptika bei diagnostizierter F42.-Störung hier ausschließlich zusätzlich zu einem Antidepressivum verordnet. Die geschilderten Arzneistoffwirkungen mögen auch die festgestellte ähnlich hohe Dosis Haloperidol bei Zwangsstörung und bipolaren Depressionen erklären, während die Dosierungen für Olanzapin, Pipamperon, Quetiapin und Risperidon bei den F3*.*-Diagnosen insgesamt höher ausfielen.

Olanzapin und Quetiapin sind für bipolare Depressionen zugelassene Stimmungsstabilisierer; Quetiapin wird ferner zur Augmentation empfohlen, wenn Patienten auf Lithium oder Valproinsäure nicht oder nur teilweise ansprechen [16].

Gemäß S3-Leitlinie zur Pharmakotherapie bipolarer Störungen sollten für die Akutbehandlung der Manie unter anderem Haloperidol, Olanzapin, Quetiapin und Risperidon eingesetzt werden; bei schweren depressiven Episoden wird eine depressionsspezifische Pharmakotherapie empfohlen; aufgrund widersprüchlicher Daten kann aber weder eine Empfehlung für oder gegen den Einsatz von Antidepressiva als Monotherapie bei bipolaren Depressionen noch für ein bestimmtes Antidepressivum gegeben werden, ebenso wenig wie für Kombinationsbehandlungen; Quetiapin sollte zur Monotherapie eingesetzt werden, während Olanzapin (off Label) eingesetzt werden kann; Lithium ist die erste Wahl zur Phasenprophylaxe [8].

Die Pharmakotherapie unipolarer Depressionen erfolgt laut S3-Leitlinie für mittelgradige bis schwere Erkrankungen [25]. Die Verordnung atypischer Neuroleptika (zusätzlich zu SSRI oder SSNRI) erfolgt zur Induktion von Remissionen bei Patienten, die auf eine Antidepressiva-Monotherapie nicht ansprechen [16].

Die zur Behandlung von Angststörungen verordneten Top-10-Antidepressiva sind zugelassen für generalisierte Angststörung (Escitalopram, Venlafaxin), Panikstörung (Citalopram, Escitalopram, Venlafaxin) und soziale Phobie (Escitalopram, Venlafaxin) [23, 25]. Bei dem Einsatz von Mirtazapin handelt es sich um eine Off-Label-Medikation [11]. Es gibt erste Hinweise darauf, dass auch Patienten mit spezifischen Phobien von einer Pharmakotherapie mit SSRI (Escitalopram) profitieren [2]. Niedrig dosierte FGA und SGA, insbesondere Quetiapin, wirken anxiolytisch und werden zur Behandlung von Angststörungen eingesetzt [11].

Ähnlichkeiten in den Verordnungszahlen der Top-10-Psychopharmaka für affektive und neurotische, Belastungs- und somatoforme Störungen zeigten sich in der leichten bis deutlichen Dominanz der SSRI (Citalopram, Escitalopram) an den Antidepressiva-Verordnungen und der deutlichen Dominanz der SGA (Olanzapin, Quetiapin, Risperidon) an den Neuroleptika-Verordnungen. Während im Jahr 2005, basierend auf Daten der AGATE, bei Patienten mit affektiven Störungen die Klasse anderer Antidepressiva (u.a. Venlafaxin, Mirtazapin) die Antidepressiva-Verordnungen dominierte [7], kann für die jüngere Vergangenheit eine Präferenz für die Verordnung von SSRI (Citalopram, Escitalopram) festgestellt werden. Die Präferenz neuerer gegenüber älteren Antidepressiva in der Pharmakotherapie zeigte sich bereits 2001 bei der Behandlung affektiver Störungen im stationär-psychiatrischen Bereich [7] und zwischen 2004 und 2005 bei der Behandlung depressiver Störungen sowohl im stationär-psychiatrischen [27] als auch im ambulanten Versorgungsbereich [5]. Im gleichen Zeitraum konnte basierend auf einer Analyse von Arzneimittel-Verordnungsdaten des Pharmakovigilanzsystems „Arzneimittelsicherheit in der Psychiatrie (AMSP)“ [21] für stationär behandelte depressive Patienten (F32.- und F33.-Diagnosen ohne psychotische Symptome) eine 8%ige Zunahme der mit Neuroleptika behandelten Patienten beobachtet werden [26]. Dies basierte auf der starken Zunahme der mit SGA behandelten Patienten, bei gleichzeitiger Abnahme der mit FGA Behandelten; wobei der Effekt nicht nur auf Augmentationsstrategien mit Neuroleptika bei schwer depressiven Patienten zurückzuführen war. Erklärungsbedürftig bleibt weiterhin, auf Basis welcher Daten Neuroleptika zur Behandlung depressiver Patienten in steigendem Maße eingesetzt werden.

Entsprechend der Diagnose und den pharmakotherapeutischen Zulassungen (siehe oben) überwog bei Patienten mit depressiven Erkrankungen (F32.-, F33.-) der prozentuale Anteil verordneter Antidepressiva an den Top-10-Psychopharmaka und ebenso bei Patienten mit Angststörungen (F40.-, F41.-). Die Verordnungen von Antidepressiva und Neuroleptika (zur Augmentation) hielten sich bei Patienten mit Zwangsstörung (F42.-) dagegen fast die Waage.

Patienten mit bipolaren affektiven Störungen (F31.-) erhielten von den Top-10-Psychopharmaka mehr Antipsychotika als Antidepressiva verordnet. Im Gegensatz dazu berichteten Greil et al. von einer Dominanz der Antidepressiva-Verordnungen bei Patienten mit dieser Erkrankung [17]. Gründe für diese Diskrepanz liegen vermutlich in der unterschiedlichen Zusammensetzung der Diagnosesubgruppen. Die von Greil et al. untersuchten Patienten hatten zu 95% eine der folgenden drei Diagnosen, F31.3 (33,1%), F31.4 (48,9%) und F31.5 (12,6%), während diese Diagnosen in der vorliegenden Studie nur 50% aller F31.-Diagnosen ausmachten (F31.3: 10,0%, F31.4: 34,7%, F31.5: 5,0%). Das heißt, die unterschiedlichen Antidepressiva- und Antipsychotika-Verordnungen basieren auf Unterschieden in der Relation Manie/Depression der jeweils untersuchten Patienten mit bipolaren affektiven Erkrankungen. Ähnlich, wenn auch nicht so ausgeprägt wie in der vorliegenden Studie, war die Dominanz der SGA an den Neuroleptika-Verordnungen.

Schlussfolgerung

Die Analyse der Stichtagsdaten der Jahre 2008 bis 2010 nach psychiatrischer Hauptdiagnose, affektive Störungen und Angst- und Zwangsstörungen, zeigte erwartungsgemäß einen höheren Frauen- als Männeranteil bei den Patienten sowie einen ähnlichen Arzneimittelverbrauch bei Frauen und Männern. Die Dosierungen (mittlere Tagesdosis) lagen im zugelassenen Bereich und spiegelten für den stationär-psychiatrischen Versorgungsbereich ein vorsichtiges Dosierungsregime wider. Das Dosierungsmuster der Top-10-Psychopharmaka war über die ausgewählten F3- und F4-Diagnosen hinweg erstaunlich einheitlich. Ebenso zeigten sich Ähnlichkeiten bei den Verordnungszahlen für affektive und Angst- und Zwangsstörungen im Hinblick auf die Dominanz von SSRI an den Antidepressiva-Verordnungen und der Dominanz von SGA an den Neuroleptika-Verordnungen. Während allgemein die neueren den älteren Antidepressiva bei der Pharmakotherapie von Depressionen und Angststörungen vorgezogen werden, wird es Aufgabe zukünftiger Studien sein, den (steigenden) Einsatz von Neuroleptika zur Depressionsbehandlung rational zu begründen.

Interessenkonflikterklärung

Die Autoren geben an, dass keine Interessenkonflikte bestehen.

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Dr. Kerstin Sander, Versorgungsforschung, Kliniken des Bezirks Oberbayern, kbo-Inn-Salzach-Klinikum gemeinnützige GmbH, Gabersee Haus 7, 83512 Wasserburg am Inn, E-Mail: kerstin.sander@kbo.de

Prof. Dr. Gerd Laux, Ärztlicher Direktor, kbo-Inn-Salzach-Klinikum gemeinnützige GmbH, Gabersee Haus 7, 83512 Wasserburg am Inn

Dipl.-Ing. Ernst Schiller, Fa. SchillerSoft, Am Kohlenschacht 68, 93077 Bad Abbach

Dr. Markus Wittmann, Psychiatrische Institutsambulanz, Bezirksklinikum Mainkofen, 94469 Deggendorf

Prof. Dr. Dr. Ekkehard Haen, Klinische Pharmakologie, Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Universität Regensburg, Universitätsstraße 84, 93053 Regensburg

* AGATE: Arbeitsgemeinschaft Arzneimitteltherapie bei psychiatrischen Erkrankungen

Informationen zu den beteiligten Kliniken und Ansprechpartner am Ende des Beitrags

Mitglieder AGATE und KinderAGATE (Stand Oktober 2011)

AGATE:

kbo-Lech-Mangfall-Klinik gGmbH Agatharied (Fr. Dr. I. Lemke), BK Ansbach (Fr. Dr. B. Mößner-Haug), SKH Arnsdorf (Hr. Dr. S. Spirling), BKH Augsburg (Fr. Dr. N. Steiner), Reha Zentrum Isarwinkel Bad Tölz (Hr. G. Winkler), C.I.P.P. GmbH Rosenwinkel Bad Tölz (Fr. I. Kerler), Praxis Torhorst Bad Tölz (Hr. G. Winkler), BKH Bamberg (Hr. Dr. M. Hasche), BKH Bayreuth (Hr. Dr. C. Franke, Fr. Dr. A. Heidrich), Klinik Höhenried Bernried (Hr. OA Dr. T. Leitz), ZK Bozen (Fr. Dr. B. Plattner, Hr. Prof. Dr. A. Conca), KH Brixen (Hr. Dr. J. Schwitzer), KH Bruneck (Hr. Dr. R. Pycha), Tagesklinik Cham (Fr. Dr. K. Moser), Frankenalb Klinik Engelthal (Fr. OA Dr. K. Pfarrer), Klinikum am Europakanal Erlangen (Hr. Dr. W. Müller), Fachklinik Furth im Wald AKG Dr. S. Zwick GmbH & Co. KG (Hr. Dr. S. Rose), kbo-Lech-Mangfall-Klinik gGmbH Garmisch-Partenkirchen (CA Hr. Dr. J. Scherer), Christophsbad Göppingen (Hr. CA Priv.-Doz. Dr. L. Hermle, Hr. OA R. Straub), BKH Günzburg (Hr. OA Priv.-Doz. Dr. M. Jäger), Fachklinik Haselbach (Dr. M. Dobmeier), kbo-Isar-Amper-Klinikum gGmbH München Ost (Hr. Dr. M. Grauer, Hr. Dr. G. Matzander, Hr. Dr. H. Pfeiffer), Ameos Klinik Hildesheim (Hr. Dr. A. Töpperwien), Bezirksklinik Hochstadt/Main (Hr. OA S. Roider), Danuvius Klinik Ingolstadt (Hr. Dr. M. Nörtemann), BKH Ingolstadt (Hr. Prof. Dr. T. Pollmächer), BKH Kaufbeuren (Hr. OA Dr. G. Eckermann, Hr. S. Egger, Hr. OA Dr. F. Wiederholt), BKH Kempten (Hr. CA Prof. Dr. P. Brieger, Hr. Dr. R. Dusch), Bavaria Klinik Kreischa (Fr. Dr. P. Behnert), kbo-Lech-Mangfall-Klinik gGmbH Landsberg am Lech (Hr. OA Dr. P. Lauer), BKH Landshut (Hr. Dr. H. Haag), Parkkrankenhaus Leipzig (Hr. Dr. G. Michaelsen), BKH Lohr (Hr. M. Hauschild), BKH Mainkofen (Hr. Dr. U. Kornacher, Hr. Dr. G. Buchinger), BKH Memmingen (OA Dr. T. Pieper), Klinikum Nürnberg Nord (Hr. OA Dr. R. Waimer), BKH Obermain (Hr. OA Dr. A. Baumann), Danuvius Klinik Pfaffenhofen (Hr. Priv.-Doz. Dr. T. Messer), BZK Regensburg (Hr. Dr. M. Wittmann, Hr. Prof. Dr. Dr. E. Haen), BKH Rehau (Hr. Dr. Moder, Fr. Dr. D. Schneidenbach), Main-Kinzig-Klinik Schlüchtern (Fr. S. Franke), Klinik Schönau am Königsee (Hr. OA Dr. R. Dörr), Karl-Friedrich-Flemming Klinik Schwerin (Hr. Dr. L. M. Drach), BKH Straubing (Hr. Dr. R. Müller), Furtbach Krankenhaus Stuttgart (Fr. Dr. D. Gangnus, Fr. Dr. G. Hartmann), kbo-Isar-Amper-Klinikum gGmbH Taufkirchen (Vils) (Fr. Dr. S. Apelt), kbo-Inn-Salzach-Klinikum gGmbH Wasserburg am Inn (Hr. Dr. C. Steinmann), BKH Werneck (Hr. OA Dr. C.-P. Ostermeier), BKH Wöllershof (Fr. M. Würth)

KinderAGATE:

KJPP BKH Ansbach (Fr. I. Remane), KJPP Josefinum Augsburg (Hr. F. Daxer), KJPP BKH Bayreuth (Fr. S. Bayer), KJPP BKH Landshut (Fr. E. Kosarian), kbo-Heckscher-Klinikum gGmbH München (Fr. Dr. C. Neuhaus), Klinik Hochried Murnau (Fr. Dr. D. Zakis), Kliniken St. Elisabeth Neuburg a/D (Fr. Dr. B. Helmer), KJPP Klinikum Nord Nürnberg (Hr. Dr. A. Beck), KJPP BKH Regensburg (Fr. Dr. B. Kühn)

Prescription pattern of psychotropic drugs in psychiatric hospitals. Analysis of the AGATE reference date ascertainment 2008 to 2010. Part 3: Analysis of psychiatric main diagnoses

Introduction: Previously, the psychotropic drug prescription for inpatients of hospitals participating at the Bavarian pharmacovigilance-system “Arbeitsgemeinschaft Arzneimitteltherapie bei psychiatrischen Erkrankungen” (AGATE) was reported in a general overview for the years 2008 to 2010 [31]. Here, results of detailed analyses are presented for inpatients with affective disorders (F3) or with neurotic, stress, and somatoform disorders (F4).

Methods: Prescription of psychotropic drugs is assessed at two reference dates per year including diagnoses and demographic information. The six reference dates of the years 2008 to 2010 are accounted for analysis. Anonymized data on age, sex, primary diagnosis, prescribed pharmaceuticals including the doses are collected from patients being in psychiatric inpatient care at the reference date.

Results: Data from 9,994 inpatients were available. The mean age was 52 years. As expected, the proportion of women (between 55.4% and 67.3%) predominated in inpatients with selected affective (F3*.*) or neurotic, stress, and somatoform disorders (F4*.*). The mean daily dose of the 10 most frequently prescribed psychotropic drugs was astonishingly uniform across the selected F3- and F4-disorders, and did not show any sex-specific differences. Prescription numbers were also similar for the selected F3- and F4-disorders with respect to the dominance of selective serotonin-reuptake inhibitors (SSRI) in antidepressant prescriptions and the dominance of antipsychotic drugs approved after the year 1990 (SGA) in antipsychotic drug prescriptions. The order of precedence, however, varied in a diagnosis-specific way: For bipolar affective disorders (F31.-) and obsessive-compulsive disorders (F42.-): neuroleptics >antidepressants >tranquilizer; and for unipolar depressions (F32.-, F33.-) and anxiety disorders (F40.-, F41.-): antidepressants >neuroleptics >tranquilizer.

Conclusions: Whereas newer antidepressants are generally preferred to older ones for the pharmacotherapy of unipolar depressions and anxiety disorders, it will be the task of future studies to explain the underlying rationale of the (increasing) use of antipsychotic drugs for the pharmacotherapy of unipolar depressions.

Key words: AGATE, anxiety and obsessive-compulsive disorders, bipolar affective disorders, depressive disorders, psychotropic drug prescription

Psychopharmakotherapie 2013; 20(06)