Schizophrenie

Strategien zur Reduktion des Rezidivrisikos


Abdol A. Ameri, Weidenstetten

Rezidive zu vermeiden, ist eines der wichtigsten Ziele in der Behandlung von Patienten mit Schizophrenie. Obschon effektive atypische Antipsychotika zur Verfügung stehen, sind die Rezidivraten immer noch zu hoch. Der Hauptgrund dafür ist eine unzureichende Adhärenz, die zu Therapieunterbrechungen führt. Eine gute Arzt-Patienten-Beziehung, psychoedukative Verfahren, die Einbeziehung der Angehörigen und der frühzeitige Einsatz langwirksamer injizierbarer Antipsychotika können dazu beitragen, die Therapiekontinuität zu sichern.

Mit jedem psychotischen Rezidiv verschlechtern sich die Chancen auf eine schnelle und vollständige Remission. Darüber hinaus gefährdet jede neue Episode die berufliche und soziale Integration der Patienten und erhöht die Belastung der Familienangehörigen [1]. Bereits nach der ersten Episode besteht ein hohes Rezidivrisiko. In einer Kohortenstudie entwickelte etwa jeder fünfte der 140 Patienten (20,7%) innerhalb von zwölf Monaten nach der ersten schizophrenen Episode einen Rückfall; nach zwei Jahren stieg die Rückfallrate auf 40,7% und nach drei Jahren auf 65% [2]. Non-Adhärenz war der einzige signifikante Prädiktor für einen Rezidiv in der dreijährigen Beobachtungszeit (Hazard-Ratio [HR] 4,8; p<0,001) [2].

Die prognostische Relevanz einer kontinuierlichen antipsychotischen Behandlung ist durch zahlreiche Studien klar belegt. Schon kurze Therapieunterbrechungen infolge von Non-Adhärenz oder partieller Adhärenz haben prognostisch ungünstige Auswirkungen. Ein Absetzen der Neuroleptika für die Dauer von nur ein bis zehn Tagen verdoppelt das Risiko für eine Krankenhauseinweisung (Odds-Ratio [OR] 1,98); eine 30-tägige Unterbrechung erhöht das Hospitalisierungsrisiko um das 4-Fache (OR 3,96) [3].

Mangelnde Krankheitseinsicht

Grundstein für den Aufbau einer guten Adhärenz ist die Krankheitseinsicht des Patienten. Eine vertrauensvolle Arzt-Patienten-Beziehung, die Einbeziehung von Angehörigen, Shared-Decision-Making und psychoedukative Maßnahmen können dazu beitragen, dem Patienten Krankheitseinsicht zu vermitteln und seine Therapieadhärenz zu unterstützen [1]. Im Fall der Schizophrenie stellt das Management der Non-Adhärenz den behandelnden Arzt vor eine besondere Herausforderung. Denn die Ursachen für die mangelnde Compliance sind komplex und umfassen neben psychosozialen Aspekten und unerwünschten Wirkungen der Antipsychotika auch neurobiologische Faktoren. Neuroimaging-Studien deuten darauf hin, dass Verluste an grauer Substanz in temporalen und parietalen Gehirnregionen von Schizophrenie-Patienten mit einer verminderten Krankheitseinsicht (Anosognosie) assoziiert sind [4].

Höhere Therapietreue durch Depot-Neuroleptika?

Im Zentrum aller Adhärenz-fördernden Maßnahmen stehen Psychoedukation, Angehörigenarbeit und eine vertrauensvolle Arzt-Patienten-Beziehung [1]. Auch der frühzeitige Einsatz von Depot-Neuroleptika der zweiten Generation kann eine sinnvolle Strategie zur Aufrechterhaltung der Therapiekontinuität darstellen. Mit einer NNT (Number needed to treat) von 4 bis 5 für die Rückfallprävention [5] ermöglichen langwirksame injizierbare Depot-Atypika eine hocheffektive Langzeittherapie (Abb. 1).

Abb. 1. Rückfallprävention mit langwirksamen injizierbaren Antipsychotika der zweiten Generation im Vergleich mit Olanzapin (45 mg/4 Wochen) [mod. nach 5]

Die Wirksamkeit und Verträglichkeit des in den USA zugelassenen Aripiprazol-Depots (400 mg i.m. einmal pro Monat) wurden in einer randomisierten, doppelblinden, Plazebo-kontrollierten Langzeitstudie bei 710 Schizophrenie-Patienten mit einem Rückfall oder einer Symptomverschlechterung untersucht. Während der 52-wöchigen doppelblinden Erhaltungsphase traten in der Verum-Gruppe signifikant weniger Rückfälle auf als in der Plazebo-Gruppe (10,0 vs. 39,6%; HR 5,03; 95%-Konfidenzintervall 3,15–8,02); die Zeit bis zum Rückfall war verlängert (p<0,0001) [6].

Entscheidend für den Nachweis eines therapeutischen Vorteils von Depot-Neuroleptika (einschließlich Aripiprazol) wäre aber der Vergleich gegen orale Darreichungsformen, der bisher nicht eindeutig erbracht ist [7].

Fazit

Um Rückfälle zu vermeiden, ist es sinnvoll, schon bei der ersten Episode eine solide Basis für eine langfristige Adhärenz zu schaffen. Im Rahmen einer therapeutischen Allianz sollte der betroffene Patient ausführlich aufgeklärt und in die Therapieentscheidung einbezogen werden. Psychoedukation, Angehörigenarbeit und der Einsatz von langwirksamen injizierbaren atypischen Antipsychotika können die Adhärenz und damit die Remissionsphase unterstützen.

Quellen

1. Prof. Dr. Fernando Cañas, Madrid, Spanien; Prof. Dr. Christoph Correll, Glen Oaks, USA; Prof. Dr. John M. Kane, Glen Oaks, USA; Satellitensymposium „Schizophrenia – long-term treatment and protecting what’s important“, veranstaltet von Otsuka/Lundbeck im Rahmen des ECNP-Kongresses, Barcelona, 5. Oktober 2013.

2. Caseiro O, et al. Predicting relapse after a first episode of non-affective psychosis: a three-year follow-up study. J Psychiatr Res 2012;46:1099–105.

3. Weiden PJ, et al. Partial compliance and risk of rehospitalization among California Medicaid patients with schizophrenia. Psychiatr Serv 2004;55:886–91.

4. Cooke MA, et al. Neurological basis of poor insight in psychosis: a voxel-based MRI study. Schizophr Res 2008;103:40–51.

5. Citrome L. New second-generation long-acting injectable antipsychotics for the treatment of schizophrenia. Expert Rev Neurother 2013;13:767–83.

6. Kane JM, et al. Aripiprazole intramuscular depot as maintenance treatment in patients with schizophrenia: a 52-week, multicenter, randomized, double-blind, placebo-controlled study. J Clin Psychiatry 2012;73:617–24.

7. Kirson NY, et al. Efficacy and effectiveness of depot versus oral antipsychotics in schizophrenia: synthesizing results across different research designs. J Clin Psychiatry 2013; 74:568–75.

Psychopharmakotherapie 2013; 20(06)