Analyse von CYP450-Wechselwirkungen: kleiner Aufwand, große Wirkung


Das Interaktionspotenzial der Protonenpumpeninhibitoren (PPI)

Holger Petri, Bad Wildungen*

Für die Bewertung des pharmakokinetischen Interaktionspotenzials der Protonenpumpeninhibitoren (PPI) sind deren modulierende Eigenschaften auf das Cytochrom-P450-Isoenzym CYP2C19 von maßgeblicher Bedeutung. In der Interaktionstabelle (Tab. 1) wird das Verhalten von fünf Protonenpumpeninhibitoren zu Cytochrom-P450-Isoenzymen dargestellt.
Psychopharmakotherapie 2013;20:231–3.

Alle Protonenpumpeninhibitoren verursachen pharmakokinetische Wechselwirkungen durch Herabsetzen der Resorption bei den Arzneimitteln, deren Bioverfügbarkeit vom pH-Wert im Magen abhängig ist (z.B. die Azol-Antimykotika Itraconazol und Posaconazol sowie andere Arzneimittel wie Erlotinib). Auch kann es zu einer rascheren Freisetzung der gesamten Wirkstoffmenge kommen. Beispielsweise funktioniert die biphasische Liberation eines retardierten Methylphenidat-Präparats nur bei einem entsprechend niedrigen Magen-pH-Wert [3].

PPI als Substrat von CYP2C19

Alle Substanzen aus der Stoffgruppe der Protonenpumpeninhibitoren haben eine große therapeutische Breite. Dosisreduktionen sind bei gleichzeitiger Verordnung von CYP2C19-Hemmern in der Regel nicht notwendig. Bei reduzierter Verträglichkeit (gastrointestinale Störungen wie Durchfall, Verstopfung oder Übelkeit) könnte dies im Einzelfall auf erhöhte Plasmaspiegel zurückzuführen sein und eine Dosisreduktion notwendig machen. Bei gleichzeitiger Medikation mit CYP2C19-Induktoren sind bei ausbleibendem klinischem Erfolg Dosiserhöhungen zu erwägen.

PPI als Modulator von CYP2C19

Für die Gewichtung des Wechselwirkungsprofils der einzelnen Substanzen auf Ebene der Cytochrom-P450- Enzyme ist die Unterscheidung wichtig, ob sie modulierende Eigenschaften auf einzelne Isoenzyme besitzen.

Während Omeprazol und sein Enantiomer Esomeprazol auf das Cytochrom CYP2C19 hemmend wirken, ist von Lansoprazol, Pantoprazol und Rabeprazol keine klinisch relevante Hemmung von CYP2C19 bekannt (Abb. 1). Bei gleichzeitiger Gabe von Substanzen, die primär über CYP2C19 abgebaut werden, kann die Wirkung verstärkt oder verlängert werden. Beispielsubstanzen sind Citalopram, Diazepam und Moclobemid [5].

Abb. 1. Auswahl von modulierenden Substanzen (stark wirkende fettgedruckt) mit klinisch relevanter Wirkung auf einzelne CYP450-Isoenzyme (Stand: 08/2013) [Quelle: mediQ-Interaktionsprogramm]

Omeprazol und Esomeprazol mindern auch die Bioaktivierung des Thrombozytenfunktionshemmers Clopidogrel über CYP2C19 zu seinem wirksamen Metaboliten. Da es in den Fachinformationen widersprüchliche Daten zur klinischen Bedeutung dieser Wechselwirkung gibt, sollte auf die Verwendung von Omeprazol und Esomeprazol in Kombination mit Clopidogrel sicherheitshalber verzichtet werden [2, 4].

In Kombination mit Clopidogrel eignen sich auf Ebene von CYP-Interaktionen die Wirkstoffe Lansoprazol, Pantoprazol und Rabeprazol.

Pharmakogenetik

Bedingt durch genetisch determinierte Allelvarianten variiert die Expression funktionsfähiger CYP2C19-Enzyme. Als Folge kann sich die Eliminationsgeschwindigkeit von CYP2C19-Substraten unterscheiden. Es werden je nach Aktivität vier Typen von Metabolisierern unterschieden [1]:

  • Langsame Metabolisierer (Poor metabolizer; PM) stark reduzierter Stoffwechsel
  • Intermediäre Metabolisierer (Intermediate metabolizer; IM) reduzierter Stoffwechsel
  • Extensive Metabolisierer (Extensive metabolizer; EM) normaler Stoffwechsel
  • Ultraschnelle Metabolisierer (Ultrarapid metabolizer; UM) beschleunigter Stoffwechsel

Dies bedeutet, dass bei Substraten, die in klinisch relevantem Maß über CYP2C19 metabolisiert werden, das Ansprechen unter Standarddosis unabhängig von der Gabe weiterer Medikamente interindividuell verschieden ist. Bei Patienten mit UM-Status kann der Therapieerfolg ausbleiben, bei Patienten mit PM-Status ist die Verträglichkeit reduziert. Dies spiegelt sich beispielsweise in der Erfolgsrate der Helicobacter-pylori-Eradikationstherapie wider. Die Wirksamkeit der Maßnahme hängt von einer suffizienten und langanhaltenden Blockade der Magensäuresekretion ab [6]. Während Patienten mit PM-Status eine höhere Eradikationsrate erreichen, sollte bei Ausbleiben des klinischen Erfolgs bei UM-Patienten die Dosis gesteigert werden, bei Omeprazol um 100 bis 200% [1]. Tabelle 1 enthält Angaben zur Häufigkeit von genetischen Polymorphismen, auch unter Berücksichtigung ethnischer Gruppen.

Literatur

1. Dean L. Medical Genetics Summaries. Omeprazole therapy and CYP2C19 genotype. www.ncbi.nlm.nih.gov/books/NBK61999/ (Zugriff am 16.08.2013).

2. Fachinformation Antra®. Stand Mai 2013.

3. Fachinformation Medikinet® adult. Stand Juni 2012.

4. Fachinformation Nexium®. Stand Juni 2012.

5. Kämmerer W. Pharmakovigilanz. Porträt eines Enzyms – CYP2C19. Arzneimitteltherapie 2012;30:229–33.

6. Klotz U. Clinical impact of CYP2C19 polymorphism on the action of proton pump inhibitors: a review of a special problem. Int J Clin Pharmacol Ther. 2006;44:297–302.

*Nachdruck aus Krankenhauspharmazie 2013;34:449–51.

Der Artikel wurde unter Einbeziehung von Diskussionsbeiträgen von Dr. Jörg Brüggmann, Berlin, Prof. Dr. Christoph Hiemke, Mainz, und Dr. Jochen Weber, Bad Wildungen, erstellt.

Holger Petri, Zentral-Apotheke der Wicker Kliniken, Im Kreuzfeld 4, 34537 Bad Wildungen, E-Mail: hpetri@werner-wicker-klinik.de

Psychopharmakotherapie 2013; 20(05)