Subjektives Wohlbefinden schizophrener Patienten unter Flupentixoldecanoat


Analyse der kombinierten Daten zweier nichtinterventioneller Studien

Carsten Steinmann, Wasserburg, Thomas Glaser, Leverkusen, Klaus Hechenbichler, Oberhaching, und Gerd Laux, Wasserburg

Im Rahmen einer modernen antipsychotischen Therapie kommt neben der wirksamen und verträglichen Behandlung schizophrener Symptomatik auch den Aspekten Lebensqualität und subjektives Wohlbefinden der Patienten eine zunehmende Bedeutung zu. Dies näher zu beleuchten war Ziel der vorliegenden Analyse der kombinierten Daten zweier nichtinterventioneller Studien mit Flupentixoldecanoat (Fluanxol® Depot, FD). Analysiert wurden die Daten von 489 Patienten, die über 12 Wochen mit FD behandelt wurden. Das subjektive Wohlbefinden wurde mithilfe der Kurzform des „Subjective Wellbeing under Neuroleptic Treatment“-Fragebogens (SWN-K) erfasst. Die Studienpopulation hatte ein mittleres Alter von 43,9 Jahren, eine mittlere Erkrankungsdauer von 9,9 Jahren und war gemäß Clinical Global Impression (CGI) bei Studienbeginn mittel bis schwer krank. Der größte Teil (85,7%) war antipsychotisch vorbehandelt (überwiegend mit Risperidon [31,5%] oder Olanzapin [27,4%]; 7,2% der vorbehandelten Patienten erhielten bereits Flupentixol). Die meisten Patienten waren nicht berufstätig (81,8%). Die nicht vorbehandelten Patienten (n=70) zeigten im Studienverlauf einen statistisch signifikanten Anstieg des SWN-K-Summenwerts um durchschnittlich 23,7 Punkte. Die mit anderen Antipsychotika Vorbehandelten (n=382) wiesen einen signifikanten Anstieg um 15,6 Punkte auf, während bei den mit FD vorbehandelten Patienten (n=30) der Ausgangswert bereits um durchschnittlich mehr als 25 Punkte signifikant höher war und nicht weiter anstieg. Patienten, die den größten Zuwachs im SWN-K-Summenwert zeigten, waren zu einem höheren Anteil berufstätig, wiesen eine kürzere Krankheitsdauer, eine niedrigere Gesamtdosis sowie ein niedrigeres Körpergewicht auf und zeigten eine gute Abschlussbeurteilung und eine Verbesserung des Krankheitsbilds. Die Daten zeigen, dass das subjektive Wohlbefinden schizophrener Patienten im Verlauf einer Pharmakotherapie mit FD von den individuellen Charakteristika der Patienten und dem Krankheitsverlauf beeinflusst wird.
Schlüsselwörter: Antipsychotikum, Schizophrenie, Depot, Flupentixol, nichtinterventionelle Studie
Psychopharmakotherapie 2013;20:22–30.

Die pharmakotherapeutische Behandlung schizophrener Patienten ist durch eine Vielzahl heute verfügbarer Antipsychotika (AP) der 1. und 2. Generation und durch das in den vergangenen Jahrzehnten stark gewachsene Verständnis des Krankheitsbilds der Schizophrenie zu einem unverzichtbaren Bestandteil in der Therapie der Schizophrenie geworden. Das schließt sowohl die Kurz- wie auch die Langzeitbehandlung ein. Behandlungsziel ist dabei nicht nur die Remission psychotischer Symptomatik, sondern auch die Verbesserung von psychosozialen Aspekten und der Erhalt bzw. die Verbesserung der subjektiven gesundheitsbezogenen Lebensqualität bzw. des subjektiven Wohlbefindens [22]. Letztere Aspekte haben in den vergangenen Jahren zunehmend Bedeutung als ein therapeutisches Ziel erlangt und sind Gegenstand ungezählter wissenschaftlicher Untersuchungen geworden [1]. Insbesondere mit der Einführung der Antipsychotika der 2. Generation (SGA) nahm die Forschung auf diesem Gebiet zu [34]. Ziel und Hoffnung zugleich war es dabei, mit dem Einsatz von Präparaten, die zumindest hinsichtlich extrapyramidal-motorischer Symptome (EPMS) im Vergleich zu den Antipsychotika der 1. Generation (FGA) besser verträglich sind, die subjektiven Erfahrungen zu verbessern. Gemäß einer Untersuchung von Kim und Kim korrelieren insbesondere EPMS und Akathisie negativ mit der subjektiven Einschätzung des Wohlbefindens [7], während Psychopathologie und PANSS-Score (Positive and negative syndrome scale) nach Naber nur mäßiggradig damit assoziiert sind [25]. Daraus resultierte die Erwartung, dass man die bei schizophrenen Patienten hohe Rate der Nicht-Adhärenz zu ihrer Medikation [27] verbessern, damit letztlich die Rückfallraten senken und den Krankheitsverlauf positiv beeinflussen könnte. Obwohl dieses Ziel nicht erreicht wurde und sich die Hoffnung auf eine generelle Verbesserung der Schizophreniebehandlung, also eine Senkung der Rückfallraten, nicht erfüllt hat [19], steht das Thema subjektives Wohlbefinden weiterhin als ein zentrales Behandlungsziel im Fokus einer modernen Psychopharmakotherapie schizophrener Patienten [6]. In einer Vielzahl aktueller Therapiestudien ist subjektives Wohlbefinden als ein Outcome-Parameter in das Studienprotokoll aufgenommen worden [34]. Allerdings sind die Definition und Messung des psychosozialen Funktionsniveaus bei Schizophrenie komplex und schwierig, wichtig erscheint dabei der Einsatz valider Skalen [2]. Zudem zeigen sich trotz einer Zunahme von Publikationen zur Lebensqualität bei Schizophrenie-Patienten bisher wenige Auswirkungen auf die klinische Versorgung sowie auf pharmakoökonomische Aspekte [1].

Auch in klinischen Studien mit FGA sind verschiedene Aspekte zum Thema Lebensqualität und subjektives Wohlbefinden evaluiert worden. So konnten Hertling et al. mit einer Head-to-Head-Studie des FGA Flupentixol mit dem SGA Risperidon [30, 33] zeigen, dass sich die subjektive Lebensqualität in beiden Behandlungsgruppen im Studienverlauf signifikant verbessert hat und es keinen Gruppenunterschied gab [4, 5]. Auch in einer nichtinterventionellen Studie mit Flupentixol über 12 Wochen an 658 schizophrenen Patienten fand sich eine deutliche und relevante Verbesserung der Lebensqualität in der Selbstwahrnehmung [8], die in der sich anschließenden Langzeitbeobachtung über bis zu 18 Monate stabil blieb [21]. In einer weiteren nichtinterventionellen Studie an 96 schizophrenen Patienten, von denen etwa 40 bei Einschluss in die Studie bereits mit Flupentixol allein oder in Kombination vorbehandelt waren, fand sich über sechs Monate hingegen keine Verbesserung des subjektiven Wohlbefindens, gemessen mit dem SWN-K-Fragebogen (Subjective wellbeing under neuroleptic treatment scale, Kurzform [23, 25]), wohl aber eine signifikante Verbesserung des Gesundheitszustands gemäß einer visuellen Analogskala [18].

In der vorliegenden Untersuchung wurden Daten aus diesen beiden nichtinterventionellen Studien von Kühn et al. [8] und Laux et al. [18] mit Flupentixol zusammengeführt und analysiert mit dem Ziel, zu evaluieren, ob es Zusammenhänge von Geschlecht, Alter, Berufsstatus, Erkrankungsdauer, Gewicht und Dauer der antipsychotischen Vormedikation einerseits und dem subjektiven Wohlbefinden andererseits gibt.

Methoden

Die in dieser Analyse verwendeten Daten stammen aus zwei mit sehr ähnlichem Design durchgeführten Studien, die im Detail an anderer Stelle berichtet sind [8, 18, 21]. Aufgrund des nichtinterventionellen Charakters dieser Untersuchungen wurden Patienten in die Studien aufgenommen, die gemäß ärztlichem Ermessen auf Flupentixol-Depot ein- oder umgestellt wurden. Außer den in der Fachinformation genannten Kontraindikationen gab es keine weiteren Ausschlusskriterien. Die Untersuchung der Patienten fand in beiden Studien zu drei Zeitpunkten statt: zu Beginn, nach etwa 4 Wochen und die Abschlussvisite nach 12 Wochen. Bei der Auswertung wurden jeweils die Patienten berücksichtigt, für die Ergebnisse der Eingangsvisite und der Abschlussvisite vorlagen und die eine Therapie mit Flupentixoldecanoat (Fluanxol® Depot, FD) erhalten hatten.

Für die Beurteilung des Schweregrads der Erkrankung und der Veränderung im Studienverlauf wurde die Clinical-Global-Impression-Skala (CGI) [28] verwendet, für die Erfassung des subjektiven Wohlbefindens der SWN-K [25]. Die Analyse wurde für die erhobenen Daten der drei Untersuchungszeitpunkte (Eingangs-, Zwischen- und Abschlussuntersuchung) durchgeführt. Bei der Abschlussvisite erfolgte zusätzlich durch den behandelnden Arzt eine globale Beurteilung von Wirksamkeit und Verträglichkeit der Medikation sowie der Compliance.

Eine deskriptive und explorative Auswertung der Daten wurde mittels SAS (Version 9.1) durchgeführt. Für qualitative und kategoriale Daten wurden Summenstatistiken berechnet. Für jeden Beobachtungszeitpunkt wurden die Summenwerte für den SWN-K gebildet. Schweregrad und Zustandsänderung der Erkrankung wurden mit den vorgegebenen Bewertungsmaßstäben im CGI verfolgt. Für die quantitativen Merkmale und deren Veränderung wurden Verteilungsparameter wie Median, Mittelwert, Standardabweichung, Minimal- und Maximalwert, sowie Perzentile berechnet. Die individuellen Veränderungen wurden mittels t-Tests (paired) geprüft und es wurden p-Werte angegeben. Zur Prüfung einer möglichen Effektmodifikation durch beispielsweise Dosierung von FD, antipsychotische Vorbehandlung, Alter oder Arbeitsstatus wurden entsprechende Untergruppen gebildet, stratifizierte Analysen (explorativ) durchgeführt und mittels Varianzanalyse getestet.

Ergebnisse

Insgesamt erfüllten 398 Patienten aus der Studie von Kühn et al. [8] und 91 Patienten aus der Studie von Laux et al. [18] die definierten Kriterien, so dass die Daten von 489 Patienten in die vorliegende Analyse eingingen. Die demographischen Charakteristika der Studienpopulation sind in Tabelle 1 zusammengefasst. Der Anteil beider Geschlechter war nahezu identisch, das mittlere Alter lag bei 43,9 Jahren mit den meisten Patienten in den Altersgruppen 20 bis <40 und 40 bis <60 Jahren; die mittlere Krankheitsdauer betrug 9,9 Jahre.

Tab. 1. Demographische Daten der Studienpopulation

n

(%)

Anzahl der Patienten

489

(100,0)

Geschlecht

  • Frauen

241

(49,3)

  • Männer

243

(49,7)

Alter (Jahre)

  • <20

6

(1,2)

  • 20 und <40

176

(36,0)

  • 40 und <60

243

(49,7)

  • 60 und <80

56

(11,5)

  • 80

1

(0,2)

Wohnsituation

  • Selbstversorger

319

(65,2)

  • Betreutes Wohnen

63

(12,9)

  • Wohnheim

93

(19,0)

Berufstätig

  • Ja

81

(16,6)

  • Nein

400

(81,8)

  • Arbeitslos

202

(41,3)

  • Berufsunfähig

105

(21,5)

  • Nicht arbeitend*

93

(19,0)

Antipsychotische Vorbehandlung

  • Ja

419

(85,7)

  • Nein

70

(14,3)

Mittelwert

(SD)

Alter [Jahre]

43,9

(12,5)

Gewicht [kg]

77,9

(13,2)

BMI [kg/m2]

26,5

(4,2)

Größe [cm]

171,6

(8,6)

Krankheitsdauer [Jahre]

9,9

(9,0)

Dauer der antipsychotischen Vorbehandlung [Jahre]

7,2

(7,3)

* Ohne berufsunfähige und arbeitslose Patienten

SD: Standardabweichung; BMI: Body-Mass-Index

Etwa 65% der Patienten waren zu Studienbeginn Selbstversorger. Berufstätig waren noch 81 (16,6%) Patienten, während der Großteil (81,8%) entweder arbeitslos (41,3%), berufsunfähig (21,5%) oder nicht arbeitend (abgesehen von arbeitslos oder berufsunfähig) (19,0%) war. Während bei den Berufstätigen der Anteil an Männern deutlich höher war als an Frauen, war das Verhältnis bei den Arbeitslosen umgekehrt (Tab. 2).

Tab. 2. Geschlechts- und Altersverteilung in Abhängigkeit vom Berufsstatus

Berufstätig

[n (%*)]

Nicht arbeitend

[n (%*)]

Berufsunfähig

[n (%*)]

Arbeitslos

[n (%*)]

Frauen

33 (40,7)

41 (44,1)

47 (44,8)

118 (58,4)

Männer

46 (56,8)

52 (55,9)

56 (53,3)

83 (41,1)

<40 Jahre

37 (45,7)

55 (59,1)

40 (38,1)

48 (23,8)

40–60 Jahre

43 (53,1)

35 (37,6)

60 (57,1)

100 (49,5)

60 Jahre

2 (2,2)

5 (4,8)

49 (24,3)

*Bezogen auf die Gruppe mit dem betreffenden Berufsstatus. Anm.: Wegen z.T. fehlender Angaben ergeben sich bei Summation der geschlechtsspezifischen Werte nicht durchgehend identische Ergebnisse wie in Tab. 1.

Der größte Teil der Patienten (85,7%) hatte zum Zeitpunkt des Einschlusses in die Studie eine antipsychotische Vormedikation, die über einen mittleren Zeitraum von 7,2 Jahren verabreicht worden war. Die Vormedikation bestand überwiegend aus Risperidon (31,5%) oder Olanzapin (27,4%), daneben aus weiteren FGA und SGA als Monotherapie oder in diversen Kombinationen (z.B. Haloperidol, Fluphenazin, Quetiapin, Aripiprazol); 7,2% der vorbehandelten Patienten erhielten bereits Flupentixol.

Alle Patienten erhielten mit Einschluss in die Studie Flupentixoldecanoat 2% oder 10% als antipsychotische Monotherapie in einer mittleren Dosierung von 30 mg (Standardabweichung [SD] 14 mg; FD 2%) bzw. 110 mg (SD 60 mg; FD 10%) pro Injektion. Die mittlere im Studienverlauf verabreichte Gesamtmenge betrug 679 mg (SD 714 mg) Flupentixoldecanoat, die mittlere Anzahl von Injektionen betrug 5,0 (SD 1,9) und das mittlere Injektionsintervall 23,5 (SD 15,0) Tage. Hinsichtlich dieser Parameter fanden sich keine relevanten Unterschiede zwischen den Geschlechtern und den Altersgruppen (Tab. 3).

Tab. 3. Dosierung, Gesamtdosis, Anzahl von Injektionen und Injektionsintervall in Abhängigkeit von Geschlecht, Alter und Berufsstatus

Flupentixol-Dosis

FD 2%

[mg (SD)]

Flupentixol-Dosis FD 10%

[mg (SD)]

Gesamtdosis

[mg (SD)]

Injektionen

[n (SD)]

Intervall

[Tage (SD)]

Frauen

28 (14)

100 (30)

642,5 (670,5)

5,0 (1,9)

24,0 (15,9)

Männer

30 (16)

120 (70)

715,9 (760,3)

5,1 (1,9)

23,1 (14,2)

<40 Jahre

30 (14)

110 (60)

724,5 (812,5)

5,0 (1,9)

22,4 (14,0)

40–60 Jahre

30 (14)

110 (60)

706,4 (698,9)

5,2 (1,8)

22,4 (12,9)

60 Jahre

28 (16)

100 (10)

460,7 (380,5)

4,6 (2,0)

31,1 (22,2)

Berufstätig

26 (12)

210 (90)

572,1 (739,2)

4,9 (1,9)

22,3 (10,9)

Nicht arbeitend

30 (14)

100 (10)

609,6 (404,5)

5,2 (1,6)

21,0 (12,5)

Berufsunfähig

30 (14)

110 (40)

967,2 (1030,3)

5,4 (1,8)

21,8 (13,6)

Arbeitslos

30 (16)

90 (40)

562,2 (501,3)

4,8 (2,1)

26,0 (17,5)

Angegeben sind jeweils Mittelwerte und Standardabweichung (SD); FD =Flupentixoldecanoat

Mehr als 70% der Patienten waren bei Studienbeginn gemäß Beurteilung mittels CGI deutlich bis schwer krank. Im Studienverlauf zeigte der größte Teil der Patienten eine Verbesserung des Krankheitszustands, etwa 20% blieben unverändert und nur ganz wenige (n=13 bei der ersten bzw. 11 bei der zweiten Folgeuntersuchung) verschlechterten sich.

Das subjektive Wohlbefinden, erfasst mit dem SWN-K-Fragebogen, verbesserte sich im Verlauf der Behandlung stetig und statistisch signifikant vom Studienbeginn bis zur Abschlussvisite (Abb. 1), was sich auch in den fünf Subskalen des SWN-K widerspiegelt (nicht abgebildet).

Abb. 1. Punktwerte der Kurzform der Subjective Wellbeing under Neuroleptic Treatment-Skala (SWN-K) im Studienverlauf (FU =Folgeuntersuchung)

Das Maß an subjektivem Wohlbefinden (Summenscore SWN-K) nahm mit zunehmendem Schweregrad der Erkrankung (CGI, s.o.) ab, wobei die Unterschiede größtenteils statistische Signifikanz erreichen (Tab. 4), das heißt, die als leicht krank eingestuften Patienten hatten zu Beginn der Beobachtung den höchsten SWN-K-Wert, die schwer kranken Patienten den geringsten.

Tab. 4. Subjektives Wohlbefinden und Schweregrad der Erkrankung bei Studienbeginn

Schweregrad (CGI)

SWN-K-Summenscore

n

MW

SD

Leicht

23

80,3

17,5

Mäßig

96

68,3

18,2

Deutlich

219

60,7

15,9

Schwer

88

56,5

18,9

Extrem

5

53,4

14,9

Paarweise Vergleiche (p-Werte)

Leicht

Mäßig

Deutlich

Schwer

Extrem

Leicht

Mäßig

0,0027*

Deutlich

<0,0001*

0,0004*

Schwer

<0,0001*

<0,0001*

0,0520

Extrem

0,0016*

0,0597

0,3473

0,6962

* Signifikant auf 5%-Signifikanzniveau, MW: Mittelwert; SD: Standardabweichung

CGI =Clinical Global Impression

SWN-K =Subjective Wellbeing under Neuroleptic Treatment Scale, Kurzform

Eine Stratifizierung nach der Art der antipsychotischen Vorbehandlung (keine, Flupentixol, andere Antipsychotika) zeigte, dass der Summenscore des SWN-K in der Gruppe ohne Vormedikation (n=70) und in der Gruppe, die mit anderen Antipsychotika vorbehandelt war (n=382), über die Zeit signifikant (p<0,0001) zunahm. In der mit Flupentixol vorbehandelten Patientengruppe (n=30) war das subjektive Wohlbefinden bereits zu Studienbeginn statistisch signifikant (p<0,0001) höher als in den beiden anderen Gruppen und schon auf dem Niveau, das bei diesen am Studienende erreicht wurde, und blieb im Studienverlauf stabil (Abb. 2).

Das gleiche Bild findet sich auch in den Subskalen (nicht gezeigt).

Abb. 2. Einfluss der antipsychotischen Vorbehandlung auf das subjektive Wohlbefinden im Studienverlauf (FU =Folgeuntersuchung)

Ein statistisch signifikanter und in allen Gruppen vergleichbarer Anstieg des SWN-K-Summenwerts im Studienverlauf fand sich auch in den nach Geschlecht, Alter und Berufsstatus gebildeten Subgruppen (Abb. 3).

Abb. 3. Summenwerte der Kurzform der Subjective Wellbeing under Neuroleptic Treatment Scale (SWN-K) im Studienverlauf in Subgruppen (FU =Folgeuntersuchung)

In der Gruppe der berufstätigen Patienten war der Ausgangswert des SWN-K zu Studienbeginn knapp 10 Punkte höher als in der Gruppe der nicht arbeitenden und arbeitslosen Patienten, der Anstieg war jedoch in allen diesen Gruppen in ähnlicher Größenordnung (Abb. 3, Tab. 5). Berücksichtigt man bei diesen stratifizierten Gruppen zusätzlich die antipsychotische Vormedikation, so zeigten sich die stärksten Veränderungen im Studienverlauf wiederum in den nicht vormedizierten Gruppen, während die mit Flupentixoldecanoat vorbehandelten Patienten bereits einen deutlich höheren Ausgangswert und keinen weiteren Anstieg des SWN-K-Werts aufwiesen (Tab. 5).

Tab. 5. Subjektives Wohlbefinden und Geschlecht, Alter und Berufsstatus in Abhängigkeit von der antipsychotischen Vorbehandlung: Änderung des SWN-K Summenscores im Studienverlauf

Subgruppe

Antipsychotische Vorbehandlung

Alle Patienten

MW (SD)

Keine

MW (SD)

Andere AP

MW (SD)

Flupentixol

MW (SD)

Frauen

24,6 (18,3)

15,7 (15,3)

–1,2 (10,1)

16,5 (16,4)

Männer

22,0 (23,0)

15,4 (15,5)

–0,4 (7,0)

14,7 (16,5)

<40 Jahre

18,4 (21,6)

15,8 (15,2)

–3,0 (6,1)

15,5 (16,2)

40–60 Jahre

26,5 (20,6)

15,9 (16,4)

0,0 (8,7)

15,7 (17,5)

60 Jahre

24,7 (15,7)

13,4 (12,6)

–1,5 (7,8)

14,9 (14,0)

Berufstätig

31,2 (26,9)

16,6 (16,4)

–2,3 (16,1)

18,5 (19,7)

Nicht arbeitend

16,6 (14,9)

17,4 (14,5)

7,0 (–)

17,1 (14,4)

Berufsunfähig

25,2 (29,8)

14,6 (16,3)

–1,3 (7,4)

11,4 (17,2)

Arbeitslos

24,4 (15,1)

15,3 (15,2)

3,5 (0,7)

16,4 (15,4)

Angegeben sind jeweils Mittelwerte (MW) und Standardabweichung (SD); AP: Antipsychotika

Es wurde nun untersucht, ob die Parameter antipsychotische Vormedikation, Geschlecht, Alter, Berufsstatus, Gewicht, Krankheitsdauer und Dauer der antipsychotischen Vormedikation einen Zusammenhang mit dem Maß der Änderung im SWN-K aufweisen. Dazu wurde eine Stratifizierung nach keine bis wenig Änderung im SWN-K (1. Quartil, n=105), moderate Änderung (2. und 3. Quartil, n=192) und starke Änderung (4. Quartil, n=105) vorgenommen. Bei 87 Patienten konnte aufgrund einer fehlenden Angabe keine Änderung festgestellt werden. Die Ergebnisse zeigen, dass der mittlere Ausgangswert des SWN-K-Summenwerts je nach Vorbehandlung in der Gruppe mit keiner oder geringer Änderung zwischen 77 und 89 Punkten lag und im Studienverlauf leicht abnahm (Tab. 6).

In den nicht mit Flupentixol vorbehandelten Gruppen waren die Ausgangswerte bei den Patienten mit mäßiger oder großer Änderung mit 60 und 69 bzw. 48 und 49 Punkten niedriger, stiegen jedoch im Studienverlauf, bei letzterer Gruppe sogar um mehr als 35 Punkte (Tab. 6).

Tab. 6. Ausmaß der Änderung des SWN-K vom Ausgangs- zum Endpunkt in Abhängigkeit von der antipsychotischen Vorbehandlung

Ausmaß der Änderung im SWN-K

Antipsychotische Vorbehandlung

Keine

Andere AP

Flupentixol

MW (SD)

n

MW (SD)

n

MW (SD)

n

Keine bis geringe

  • SWN-K zur Ausgangsvisite

79,0 (18,6)

8

77,7 (15,2)

73

88,4 (15,0)

22

  • SWN-K zur 1. FU

73,6 (14,9)

7

77,0 (15,6)

62

84,6 (15,9)

19

  • SWN-K zur 2. FU

72,6 (12,2)

8

76,8 (14,9)

73

85,5 (16,2)

22

Mäßige

  • SWN-K zur Ausgangsvisite

69,3 (12,6)

18

60,4 (14,5)

167

86,3 (20,8)

4

  • SWN-K zur 1. FU

74,8 (15,0)

17

68,2 (15,5)

149

95,5 (7,8)

2

  • SWN-K zur 2. FU

82,1 (11,9)

18

73,8 (14,3)

167

97,8 (17,3)

4

Große

  • SWN-K zur Ausgangsvisite

48,3 (11,5)

31

49,1 (9,8)

74

  • SWN-K zur 1. FU

70,8 (14,5)

30

67,5 (12,4)

64

  • SWN-K zur 2. FU

86,1 (13,4)

31

85,9 (12,3)

74

Angegeben sind jeweils Mittelwerte (MW) und Standardabweichung (SD); AP=Antipsychotika; FU =Folgeuntersuchung, SWN-K =Subjective Wellbeing under Neuroleptic Treatment Scale, Kurzform

Die Parameter Geschlecht und Alter wiesen keinen relevanten Zusammenhang mit der SWN-K-Änderung auf, die prozentualen Verteilungen in den einzelnen Quartilen waren vergleichbar. Bei Betrachtung des Berufsstatus unter Berücksichtigung der Änderung im SWN-K zeigte sich, dass der Anteil berufsunfähiger Patienten in der Gruppe mit keiner bis geringer Änderung im SWN-K am größten war.

Die Krankheitsdauer hat einen deutlichen Zusammenhang mit dem Anstieg im subjektiven Wohlbefinden. Die Gruppe der Patienten mit der größten Änderung weist eine signifikant (p<0,0001) kürzere Dauer seit Diagnose auf als diejenige mit keiner bis geringer Änderung (Tab. 7).

Tab. 7. Grad der Änderung des subjektiven Wohlbefindens in Abhängigkeit von Krankheitsdauer und Dauer der antipsychotischen Vormedikation

Ausmaß der Änderung im SWN-K

Keine – gering

Mäßig

Groß

Krankheitsdauer [Jahre] (Median)

11

7

5

Dauer antipsychotische Medikation [Jahre] (Median)

7

4

5

Anzahl Injektionen (Median)

5

5

5

Injektionsintervall [Tage] (Median)

20,7

18,8

19,3

Dosis [mg] (Median)

540

450

360

Ausgangsgewicht [kg] (Median)

80,0

78,0

74,0

SWN-K =Subjective Wellbeing under Neuroleptic Treatment Scale, Kurzform

Letztere hat damit übereinstimmend mit sieben Jahren (Median) auch eine längere Dauer einer antipsychotischen Vormedikation als die Gruppe mit einer mäßigen (4 Jahre) oder großen (5 Jahre) Änderung. Diese Unterschiede waren jedoch statistisch nicht signifikant.

Keine Unterschiede finden sich in Bezug auf die Anzahl der im Studienverlauf verabreichten Zahl von Injektionen und des mittleren Injektionsintervalls. Die im Studienverlauf verabreichte Gesamtdosis ist mit 540 mg (Median) in der Gruppe mit keiner bis geringer Änderung höher als in den beiden anderen Gruppen (450 bzw. 360 mg). Ähnliches gilt für das Körpergewicht, das in der Gruppe mit keiner bis geringer Änderung im SWN-K zu Studienbeginn mit 80,0 kg (Median) statistisch signifikant höher war als in den anderen Gruppen (78,0 und 74,0 kg) und in allen Gruppen im Verlauf stabil blieb.

Im Rahmen der Abschlussvisite wurde vom behandelnden Arzt eine globale Beurteilung bezüglich der Wirksamkeit der FD-Behandlung, der Verträglichkeit und der Compliance vorgenommen. Die Auswertung zeigt, dass der größte Teil der Patienten in allen drei Kategorien als sehr gut oder gut beurteilt wurde (Abb. 4).

Abb. 4. Abschlussbeurteilung durch den behandelnden Arzt

Die Compliance wurde vor allem bei den Patienten als sehr gut und gut beurteilt, deren Krankheitsbild sich im Verlauf der Untersuchung nach CGI gebessert hat (Abb. 5).

Abb. 5. Compliance und klinische Veränderung gemäß Clinical Global Impression (CGI)

Es wurde auch untersucht, ob es eine Beziehung zwischen der globalen Beurteilung durch den Arzt und dem Ausmaß der Änderung im SWN-K im Studienverlauf gibt. In der Gruppe der Patienten mit einem großen Anstieg im SWN-K war der Anteil von Personen, die als sehr gut und gut hinsichtlich Wirksamkeit, Verträglichkeit und Compliance eingestuft wurden, größer als in den anderen Gruppen (Abb. 6). Damit im Einklang wurden 97% der Patienten des 4. Quartils gemäß CGI als gebessert beurteilt.

Abb. 6. Grad der Änderung des subjektiven Wohlbefindens und Abschlussbeurteilung von Wirksamkeit (A), Verträglichkeit (B) und Compliance (C)

Nach Beendigung der Studie gaben insgesamt 433 (88,5%) Patienten an, die Therapie mit Flupentixoldecanoat fortsetzen zu wollen, die meisten davon (n=376) mit FD 2%. Von den Patienten im 1. Quartil (keine bis geringe Änderung im SWN-K) wollten 81,9% die Therapie mit Flupentixoldecanoat fortführen, 9,5% (n=10) sie beenden. Im 2. und 3. bzw. 4. Quartil waren etwa 92% der Patienten für eine Fortsetzung, 3,1% bzw. 1,9% für eine Beendigung.

Diskussion

Für die vorliegende Analyse wurden die Daten zu Patienten aus zwei nichtinterventionellen Studien zusammengefasst und gemeinsam ausgewertet. Dadurch wurde zum einen die Fallzahl auf knapp 500 Patienten erhöht, was die Analyse von bestimmten Subgruppen ermöglicht. Zum anderen wird dadurch die Behandlungsrealität in der Therapie schizophrener Patienten in einem breiteren Maße erfasst, als es in den Einzelstudien der Fall war. Intention der vorliegenden Analysen war es, zu untersuchen, inwieweit das subjektive Wohlbefinden von Patienten durch die Parameter Geschlecht, Alter, Berufsstatus, Gewicht, Krankheitsdauer und Dauer der Vortherapie mit Antipsychotika beeinflusst wird. Auf das Konzept „subjektives Wohlbefinden“ und seine Definition soll hier nicht näher eingegangen werden, dazu wird auf vorhandene Literatur verwiesen [1, 15, 17, 34]. Für die Quantifizierung des subjektiven Wohlbefindens wurde in den beiden hier analysierten Studien die Selbstbeurteilungsskala SWN-K [25, 26] verwendet, die bereits in einer Vielzahl von Studien mit FGA und SGA zum Einsatz kam [34].

Die Mehrheit der in die vorliegende Untersuchung eingegangenen Patienten hatte zu Studienbeginn eine antipsychotische Vormedikation, von der aus klinischen Gründen auf eine Therapie mit Flupentixoldecanoat umgestellt wurde. Diese Vormedikation umfasste zu einem erheblichen Anteil SGA, vorwiegend Risperidon und Olanzapin [8] und daneben Quetiapin, sowie FGA, insbesondere Flupentixol [18], und Kombinationen von SGA und FGA.

Im Verlauf über 12 Wochen stieg der mittlere SWN-K-Summenwert der Gesamtpopulation von etwa 63 auf rund 79 Punkte. Diese Zunahme um 16 Punkte ist mit Bezug auf das von Lambert et al. [13] definierte Response-Kriterium (10-Punkte-Zunahme) als ein deutlicher Zuwachs an subjektivem Wohlbefinden zu interpretieren. Ein Summenwert 80 wird von diesen Autoren als ein Wert für „adequate subjective wellbeing“ angegeben. Ein vergleichbarer Anstieg des SWN-K-Summenwerts in einem 3-Monats-Zeitraum wurde auch in Studien mit den SGA Quetiapin [11, 14], Olanzapin [23, 36], Ziprasidon [9] und Amisulprid [13, 29] gefunden. In einer Beobachtungsstudie an über 2200 schizophrenen Patienten (SOHO-Studie), die mit FGA oder SGA behandelt wurden, lag der mittlere SWN-K-Summenwert bei Studienbeginn bei 65,1 (FGA) bzw. 63,7 (SGA) [10]. Ähnlich wie in der vorliegenden Studie erfolgte ein Anstieg um etwa 10 Punkte in den ersten drei Monaten, gefolgt von einem langsamen, aber kontinuierlichen Anstieg um weitere 8 bis 9 Punkte bis Monat 36. In der SOHO-Studie hatten die Patienten unter FGA-Behandlung einen höheren SWN-K-Ausgangswert als SGA-behandelte Patienten, wenngleich der Unterschied, möglicherweise aufgrund der sehr unterschiedlichen Fallzahlen, statistisch nicht signifikant war. Ob und wenn ja inwieweit zu diesem Unterschied höhere Werte der mit Flupentixol vorbehandelten Patienten (ca. 39% der FGA-Gruppe) beigetragen haben – so wie es in der vorliegenden Untersuchung der Fall ist –, muss spekulativ bleiben.

Betrachtet man den Anteil von Patienten mit der größten Änderung im SWN-K-Summenwert (4. Quartil, n=105), so findet sich bei den nicht mit Flupentixol vorbehandelten Patienten ein Anstieg von mehr als 35 Punkten, was nach oben genannten Kriterien einer klinisch hochrelevanten Zunahme an subjektivem Wohlbefinden entspricht. In der oben erwähnten SOHO-Studie konnte eine Gruppe von Patienten identifiziert werden („cluster of early improved subjective wellbeing“), die einen vergleichbar starken initialen Anstieg im SWN-K-Summenwert zeigte und danach im weiteren Verlauf stabil blieb [12]. Diese Gruppe umfasste etwa 20% der Patienten. In der vorliegenden Studie beträgt der Anteil dieser Patienten etwa 21% und ist damit nahezu identisch.

Ein überraschendes Ergebnis der vorliegenden Studie ist, dass die mit Flupentixol vorbehandelten Patienten bereits zu Studienbeginn ein signifikant höheres subjektives Wohlbefinden zeigten als diejenigen, die entweder nicht oder mit einem anderen Antipsychotikum vorbehandelt waren, und dass das subjektive Wohlbefinden im weiteren Verlauf nicht wie bei den anderen Patienten stieg. Dieser Befund könnte eine Erklärung dafür sein, dass Kühn et al. [8] in ihrer Studie einen Anstieg im SWN-K fanden, Laux et al. [18] hingegen nicht. Ein Unterschied zwischen beiden Studien war, dass bei Kühn et al. alle Patienten mit einem SGA (Risperidon oder Olanzapin) vorbehandelt waren, während in der Studie von Laux et al. knapp die Hälfte der Patienten bereits mit Flupentixol vorbehandelt waren und daher möglicherweise bereits einen hohen SWN-K-Wert hatten, der dann im Studienverlauf nicht weiter stieg.

Eine schlüssige Erklärung für das bereits bei Studienbeginn höhere subjektive Wohlbefinden der mit Flupentixol vorbehandelten Patienten lässt sich aus den vorliegenden Daten nicht ableiten. Mögliche Ursachen könnten sein:

  • Die meisten der mit Flupentixol vorbehandelten Patienten waren auf die Depotform eingestellt und hatten damit bereits eine stabile und andauernde pharmakotherapeutische Behandlung, unter der das subjektive Wohlbefinden sich auf einem hohen Niveau stabilisieren konnte. Zudem hatten diese Patienten mit Beginn der Studie keinen Medikationswechsel, was nach der Untersuchung von Wehmeier et al. [35] ein Prädiktor für eine andauernde hohe Lebensqualität schizophrener Patienten ist. Des Weiteren konnte in mehreren Studien gezeigt werden, dass es eine signifikante Korrelation zwischen hohem subjektiven Wohlbefinden und hoher Compliance gibt [24].
  • In einer Vielzahl von Studien aus den 1970er- und 1980er-Jahren konnte eine antidepressive Wirksamkeit für Flupentixol bei schizophrenen und nichtschizophrenen Patienten mit einer Depression gezeigt werden [3]. Es könnte dementsprechend spekuliert werden, dass die mit Flupentixol vorbehandelten Patienten zu einem geringeren Grad depressiv waren als die restlichen und deshalb ein höheres subjektives Wohlbefinden aufwiesen, da der Schweregrad von Depression und Angst negativ mit dem Grad an subjektivem Wohlbefinden korreliert [11, 24]. Hier konnte gezeigt werden, dass bei schizophrenen Patienten das Ausmaß an Depressivität und Angst unabhängig mit einem geringeren SWN-K-Summenwert bei Studienbeginn assoziiert ist. Es könnte daher im Umkehrschluss gefolgert werden, dass Patienten, die zu Studienbeginn weniger depressiv und weniger ängstlich waren, einen höheren Grad an subjektivem Wohlbefinden hatten.
  • Die mit Flupentixol vorbehandelten Patienten weisen unterschiedliche demographische und krankheitsspezifische Charakteristika auf. Dies konnte aufgrund der in Relation zur Gesamtzahl geringen Fallzahl der mit Flupentixol vorbehandelten Patienten nicht gesichert werden.

Die Daten zum Ausmaß der Änderung im SWN-K weisen auf eine Assoziation mit der im Studienverlauf verabreichten Gesamtdosis an Flupentixoldecanoat hin (Tab. 6). Danach haben diejenigen Patienten, die keine oder nur eine geringe Änderung im SWN-K gezeigt haben, die höchsten Dosen erhalten. Das könnte daran liegen, dass es sich hierbei um Patienten handelt, die aufgrund des Schweregrads ihrer Erkrankung zum einen höherer Dosen bedürfen, zum anderen ein niedriges subjektives Wohlbefinden berichten. Dafür spricht, dass die als schwer bis sehr schwer erkrankt eingestuften Patienten einen signifikant niedrigeren SWN-K-Summenwert bei Baseline hatten (Tab. 4). Andererseits sind von den 105 Patienten mit einer großen Änderung im SWN-K etwa 80% gemäß CGI deutlich bis schwer krank, in der Gruppe mit keiner bis geringer Änderung (ebenfalls n=105) etwa 60%. In verschiedenen Studien wurde gezeigt, dass das subjektive Wohlbefinden schizophrener Patienten wenig bis nicht von deren Positivsymptomatik beeinflusst wird [15, 23]. Alternativ wäre denkbar, dass diese Patienten aufgrund einer gewissen Therapieresistenz höhere Dosen erhalten haben, die zu einem erhöhten Maß an unerwünschten Wirkungen und dadurch zu einem geringeren Anstieg im SWN-K geführt haben. In der Tat wurde verschiedentlich gezeigt, dass Nebenwirkungen wie extrapyramidal-motorische Symptome von FGA wie SGA einen negativen Einfluss auf subjektive Beurteilungen schizophrener Patienten haben [7, 32].

Die vorliegende Untersuchung gibt aufgrund ihres nichtinterventionellen Charakters ein Abbild der ambulanten Behandlungsrealität schizophrener Patienten und zeigt an einer nicht selektierten Patientenpopulation, welche personen- und krankheitsbezogenen Faktoren das subjektive Wohlbefinden dieser Patienten über einen Zeitraum von drei Monaten beeinflussen. In Anbetracht des chronischen Charakters schizophrener Erkrankungen ist dieser Zeitraum zweifelsohne zu kurz und stellt damit eine Schwäche dieser Studie dar. Kühn et al. [8] konnten in ihrer Studie jedoch zeigen, dass die Zunahme an subjektivem Wohlbefinden in den ersten drei Behandlungsmonaten erfolgt und im weiteren Verlauf bis zu 18 Monaten keine weitere Zunahme zu verzeichnen ist [21]. Eine Clusteranalyse von Wehmeier et al. über 12 Monate ergab, dass nur 20% der in diesem längeren Zeitraum ambulant behandelten Patienten über eine Zunahme der Lebensqualität berichteten [35]. In einer groß angelegten Untersuchung über drei Jahre fanden Lambert et al., dass die subjektive Lebensqualität schizophrener Patienten relativ stabil und konkordant mit dem Symptomverlauf und Funktionslevel war [11, 12]. Vothknecht et al. fanden, dass eine frühe positive Response in der SWN-Skala einen Prädiktor für einen besseren Outcome darstellt [34].

Die vorliegenden Daten zeigen, dass das subjektive Wohlbefinden schizophrener Patienten unter dem FGA Flupentixol (verabreicht als Depot) im Studienverlauf signifikant steigt. Diesem Befund stehen mehrere Studien zu verschiedenen SGA entgegen (z.B. Risperidon, Olanzapin, Clozapin), die zu der Feststellung geführt haben, dass SGA die subjektive Lebensqualität mehr verbessern als FGA [24]. Wehmeier et al. fanden beispielsweise bei der SWN-Skala die größte Verbesserung bei Monotherapie mit Olanzapin [36]. Pollice et al. fanden beim Vergleich von SGAs mit FGAs zwar keine Unterschiede hinsichtlich Compliance und klinischer Wirksamkeit, unter SGAs aber ein signifikant besseres Ergebnis in der SWN-Skala [31]. Zu einer vergleichbaren Schlussfolgerung kommen Lambert et al. [10] in ihrer Analyse der SWN-K-Ergebnisse aus der SOHO-Studie. Eine Review-Arbeit von Lambert et al. kommt zu dem Schluss, dass unter Neuroleptika-Therapie die Häufigkeit einer initialen dysphorischen Reaktion, die bedeutsam für Compliance und Outcome ist, unter SGAs geringer ist [16]. Laut einer Übersichtsarbeit von Vothknecht et al. ist für das subjektive Wohlbefinden die Dosis allerdings entscheidender als die Art der Medikation [34]. Dabei scheint es auch Unterschiede zwischen den SGAs hinsichtlich des subjektiven Wohlbefindens zu geben: Liemburg et al. stellten in einer Pilotstudie diesbezüglich eine bessere Wirkung von Aripiprazol im Vergleich mit Risperidon fest [20]. Da ein Großteil der Patienten in der vorliegenden Untersuchung von einem SGA auf Flupentixoldecanoat umgestellt wurden, kann gefolgert werden, dass die Behandlung mit Flupentixoldecanoat zumindest in der hier untersuchten Gruppe von Patienten einen zusätzlichen Effekt auf das subjektive Wohlbefinden bewirken kann. Daher unterstützen die hier beschriebenen Befunde die Feststellung von Philipp et al. [30], dass Flupentixol kein „typisches“ FGA darstellt.

Da wegen des nichtinterventionellen Charakters der Studien kein therapeutisches Drug-Monitoring durchgeführt wurde, müssen Zusammenhänge zwischen Outcome, geschätzter Compliance, Verträglichkeit und Dosierung offen bleiben.

Interessenkonflikterklärung

Die dieser Untersuchung zugrunde liegenden Studien wurden von der Firma Bayer Vital GmbH finanziell unterstützt. T. Glaser ist bei der Firma Bayer Vital GmbH beschäftigt.

G. Laux und C. Steinmann erhielten Vortragshonorare und Übernahme von Kongressgebühren von verschiedenen Firmen.

K. Hechenbichler: kein Interessenkonflikt.

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Dr. med. Carsten Steinmann, kbo-Inn-Salzach-Klinikum, Gabersee 7, 83512 Wasserburg, E-Mail: carsten.steinmann@iskl.de

Dr.rer.nat. Thomas Glaser, Abt. Medizin Neurologie, Immunologie & Ophthalmologie, Bayer Vital GmbH, 51366 Leverkusen

Dr.rer.nat. Klaus Hechenbichler, Institut Dr. Schauerte, Kolpingring 18, 82041 Oberhaching

Prof. Dr. med. Dipl.-Psych. Gerd Laux, kbo-Inn-Salzach-Klinikum, Gabersee 7, 83512 Wasserburg

Subjective well-being of schizophrenic patients treated with flupentixol decanoate. Analysis of combined data of two non-interventional studies

In addition to an effective and safe treatment of schizophrenic symptoms the aspects quality of life and subjective well-being are increasingly important for modern antipsychotic therapy. The aim of the present study was to investigate these aspects in more detail by analyzing the pooled data of two non-interventional studies with flupentixol decanoate (Fluanxol® Depot, FD). Data of 489 patients treated with FD for 12 weeks were available. The subjective well-being was evaluated with the short form of the Subjective Well-being under Neuroleptic Treatment Scale (SWN-K).

The study population had a mean age of 43.9 years, a mean duration of illness of 9.9 years and was moderately to severely ill at study entry based on CGI. Most of the patients (85.7%) were pretreated with an antipsychotic (predominantly with Risperidone [31.5%] or Olanzapine [27.4%]; 7.2% of pretreated patients were already treated with Flupentixol) and were not working (81.8%). Patients without pretreatment (n=70) showed a significant average increase of the SWN-K total score (23.7 points) over the study period. Also, patients pretreated with other antipsychotics (n=382) showed a significant increase of 15.6 points in average. However, patients pretreated with FD (n=30) had a significantly higher average total score at the beginning (more than 25 points higher), which remained essentially unchanged during the study. Patients with the most prominent increase in the SWN-K total score were still working, had a shorter duration of illness, a lower total dose of FD, a lower body weight, a positive final assessment and showed an improvement of their symptomatology.

These data suggest that the subjective well-being of schizophrenic patients receiving pharmacotherapy with FD depends on their individual characteristics and the course of their illness.

Key words: Antipsychotic, schizophrenia, depot, flupentixol, non-interventional study

Psychopharmakotherapie 2013; 20(01)