Alzheimer-Demenz

Rückfallrisiko nach Absetzen von Risperidon


Rosemarie Ziegler, Albershausen

Alzheimer-Patienten mit Psychosen und Agitiertheit, die auf eine 4- bis 8-monatige Risperidon-Behandlung ansprachen, haben nach Absetzen der Medikation ein deutlich erhöhtes Rückfallrisiko. Das ist das Ergebnis einer US-amerikanischen Studie.

Psychosen, Agitiertheit und Aggressivität sind Symptome, die bei Patienten mit Morbus Alzheimer häufig vorkommen. Auf der Betreuerseite führen sie zu einer stärkeren Belastung, auf Seite der Patienten zu einem erhöhten Leidensdruck und einer erhöhten Wahrscheinlichkeit für die Einweisung in ein Altenheim oder Krankenhaus, zu verminderter Lebensqualität und einer Abnahme der kognitiven Fähigkeiten. Die psychotischen Symptome können mit Antipsychotika behandelt werden. Diese haben allerdings erhebliche Nebenwirkungen, darunter Sedierung, extrapyramidale Symptome, Spätdyskinesien, Gewichtszunahme und metabolisches Syndrom. Eine Dauereinnahme antipsychotisch wirkender Medikamente ist deshalb unerwünscht und die Einnahme von Risperidon ist bei Patienten mit mäßiger bis schwerer Alzheimer-Demenz und anhaltender Aggression nur für eine Kurzzeitbehandlung von sechs Wochen indiziert.

Um das Risiko für einen Rückfall der Symptome nach Absetzen einer erfolgreichen, antipsychotisch wirkenden Medikation zu ermitteln, wurde jetzt die multizentrische ADAD(Antipsychotic discontinuation in Alzheimer’s disease)-Studie durchgeführt.

Die Patienten waren zwischen 50 und 95 Jahre alt und wohnten entweder zu Hause oder in einer betreuten Wohneinrichtung oder einem Altenheim. Eingeschlossen wurden 180 Patienten, die unter Psychosen (80%) oder Agitiertheit bzw. Aggressivität (81%) litten.

Die Patienten erfüllten die Demenz-Kriterien des DSM-IV (Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders, 4th edition) und die Kriterien für eine wahrscheinliche Alzheimer-Erkrankung des National Institute of Neurological and Communicative Disorders and Stroke – Alzheimer’s Disease and Related Disorders Association. Ebenso hatten die Patienten auf den Subskalen für Wahnvorstellungen oder Halluzinationen und Agitation/Aggression des Neuropsychiatrischen Inventars (NPI) einen Wert von 4 oder mehr Punkten. Beim MMSE(Mini-Mental State Examination)-Score wiesen sie Werte zwischen 5 und 26 Punkten auf.

Die Patienten wurden 16 Wochen lang offen mit einer täglichen Risperidon-Dosis zwischen 0,25 und 3 mg (mittlere Dosis 0,97 mg) behandelt (Phase A); davon sprachen 112 Patienten auf die antipsychotische Therapie an (siehe Kasten). Von diesen wurden 110 randomisiert für die Phase B in folgende drei Gruppen eingeteilt:

Endpunktdefinitionen

Ansprechen in Phase A: Reduktion um 30% auf der NPI-Skala (Summe der Subkalen für Agitation/Aggression, Halluzinationen und Wahnvorstellungen) und ein Wert von 1 (extrem verbessert) oder 2 (sehr verbessert) Punkten auf der Clinical Global Impression of Change(CGI-C)-Skala bei allgemeiner Psychose oder Agitation.

Rückfall in Phase B: Zunahme um 30% auf der NPI-Skala oder eine Zunahme um 5 Punkte bis zum Ende der Phase A und ein Wert von 6 (viel schlechter) oder 7 (extrem schlechter) Punkte auf der CGI-C-Skala.

  • Gruppe 1: 1-mal täglich Risperidon für 32 Wochen (n=32)
  • Gruppe 2: 1-mal täglich Risperidon für 16 Wochen, danach Plazebo für 16 Wochen (n=38)
  • Gruppe 3: Plazebo für 32 Wochen (n=40)

Primärer Endpunkt war die Zeit bis zum Rückfall der psychotischen Symptome (siehe Kasten). In den ersten 16 Wochen der Phase B war die Rückfallrate in der Plazebo-Gruppe höher als in den Risperidon-Gruppen, nämlich 60% (24 von 40 Patienten in Gruppe 3) vs. 33% (23 von 70 Patienten der Gruppen 1 und 2; p=0,004; Hazard-Ratio [HR] 1,94; 95%-Konfidenzintervall [95%-KI] 1,09–3,45; p=0,02) (Abb. 1). Während der nächsten 16 Wochen war die Rückfallrate in Gruppe 2, die verzögert auf Plazebo umgestellt worden war, höher als in Gruppe 1, die weiterhin Risperidon einnahm (48% [13 von 27 Patienten in Gruppe 2] vs. 15% [2 von 13 in Gruppe 1]; p=0,02; HR 4,88; 95%-KI 1,08–21,98; p=0,02).

Abb. 1. Rückfall dementer Patienten in aggressive Verhaltensweisen/Agitation in den ersten 16 Wochen doppelblind randomisierter Behandlung mit Risperidon oder Plazebo (= Absetzen) nach anfänglich erfolgreicher Risperidon-Therapie [mod. nach Devanand et al.]

Die Rate unerwünschter Arzneimittelwirkungen unterschied sich nicht signifikant zwischen den Gruppen.

Fazit

Den Daten der allerdings sehr kleinen Studie ist zu entnehmen, dass bei erfolgreich mit Risperidon behandelten Patienten mit Alzheimer-Demenz das Rückfallrisiko nach Absetzen der Medikation gegen das Risiko schwerer unerwünschter Arzneimittelwirkungen bei längerfristiger Behandlung abgewogen werden muss.

Quelle

Devanand DP, et al. Relapse risk after discontinuation of risperidone in Alzheimer’s disease. N Engl J Med 2012;367:1497–507.

Psychopharmakotherapie 2013; 20(01)