Levetiracetam-Minitabletten fördern die Compliance bei Epilepsie-Patienten


Nichtinterventionelle Studie zur Evaluierung der Wirksamkeit, Verträglichkeit, Praktikabilität und Compliance von Levetiracetam-Minitabletten* bei Epilepsie-Patienten (LEV-003/K)

Stefan Ries, Gerd Reifschneider, Erbach/Groß-Umstadt, und Wiebke Scheer, Hamburg

In einer nichtinterventionellen Studie wurde das First-Line-Antiepileptikum Levetiracetam in einer innovativen Darreichungsform als Minitabletten (Levetiracetam Desitin® befilmtes Granulat im Beutel) evaluiert. Über einen Studienzeitraum von zehn Monaten wurden 395 Patienten aus 82 Studienzentren innerhalb Deutschlands mithilfe von Patientenfragebögen zur Einnahme und Praktikabilität der neuen Darreichungsform befragt. Darüber hinaus wurden die Anfallsfrequenz, Verträglichkeit und Compliance unter der Therapie mit den Levetiracetam-Minitabletten durch die behandelnden Neurologen beurteilt. Voraussetzung für die Studienteilnahme war die erstmalige Anwendung der Levetiracetam-Minitabletten in einer zugelassenen Indikation. Die Patienten erhielten die Minitabletten entweder als initiale Therapie (Neueinstellung), zusätzlich zu einer bestehenden antiepileptischen Therapie (Add-on-Therapie) oder herkömmliche Levetiracetam-Tabletten wurden durch Levetiracetam-Minitabletten ausgetauscht (Umstellung). Die Studienergebnisse zeigen, dass Levetiracetam-Minitabletten die bekannt gute Wirksamkeit und Verträglichkeit des Wirkstoffs mit einer von den Patienten bevorzugten Art der Einnahme verbinden und dass dadurch auch langfristig eine höhere Compliance erreicht werden könnte.
Schlüsselwörter: Levetiracetam-Minitabletten, nichtinterventionelle Studie, Compliance
Psychopharmakotherapie 2012;19:260–4.

Dr. med. Stefan Ries, Dr. med. Gerd Reifschneider, Neuro Centrum Odenwald, Krankenhausstraße 11, 64823 Groß-Umstadt

Dr. med. vet. Wiebke Scheer, Medical Manager, Gruppe Medizin/Klinische Entwicklung, Desitin Arzneimittel GmbH, Weg beim Jäger 214, 22335 Hamburg, scheer@desitin.de

Eine wesentliche Voraussetzung für die Wirksamkeit von Arzneimitteln ist deren korrekte Einnahme gemäß der ärztlichen Verordnung (Compliance). Dies gilt insbesondere für Antiepileptika: Nur deren regelmäßige Einnahme gewährleistet kontinuierlich wirksame Plasmakonzentrationen, die die Voraussetzung für die Erreichung der Behandlungsziele Anfallsfreiheit beziehungsweise Reduzierung der Anfallsfrequenz darstellen.

Trotzdem halten sich 30 bis 50% aller Patienten mit Epilepsie nicht an das ärztlich verordnete Einnahmeschema ihrer antiepileptischen Medikation. Diese Non-Compliance gilt als wichtige Ursache einer unzureichenden Anfallskontrolle [8] und stellt in der klinischen Praxis ein erhebliches Problem dar. Daher sollte bei unzureichender Wirksamkeit der antikonvulsiven Therapie stets geprüft werden, ob die Medikation verordnungsgemäß eingenommen wird. Entsprechende Spiegelmessungen können dabei wichtige Aufklärung leisten. Gründe für eine geringe Compliance sind neben mangelnder Einnahmedisziplin (z.B. wegen Vergesslichkeit oder Sorglosigkeit) auch die mangelnde Akzeptanz des Patienten gegenüber der medikamentösen Therapie, zum Beispiel wegen Unverträglichkeit oder umständlicher Einnahme [6].

Ist die medikamentöse Einstellung des Patienten erfolgreich, entwickelt sich häufig eine enge Bindung zu dem verordneten Medikament. Neben anwendungsbezogenen Aspekten, wie Tablettengröße, der Möglichkeit des Teilens oder Zerkleinerns der Tabletten oder der Lesbarkeit der Angaben auf der Verpackung [4, 5], kann auch dem Namen, der Verpackung, der Form, der Größe, der Oberflächenbeschaffenheit, der Farbe und dem Geschmack des Arzneimittels eine wichtige Rolle zukommen. Diese Aspekte sind hinsichtlich der Compliance umso bedeutsamer, je länger die Tabletten eingenommen werden sollen [1]. Bei Epilepsie ist häufig eine lebenslange Tabletteneinnahme erforderlich. Praktische Vorteile der Medikamenteneinnahme, zum Beispiel eine von den Mahlzeiten unabhängige oder einfachere Art der Einnahme, können sich positiv auf die Compliance auswirken [9].

Seit Mai 2011 steht in Deutschland eine optimierte Levetiracetam-Formulierung als Minitabletten* (Levetiracetam Desitin® befilmtes Granulat im Beutel) zur Therapie fokaler und generalisierter Epilepsien zur Verfügung [3]. Im Gegensatz zu den herkömmlichen Levetiracetam-Präparaten mit großen, monolithischen Tabletten handelt es sich bei der neuartigen Formulierung um Minitabletten mit 2 mm Durchmesser, die in 7 Dosisstärken (250–1500 mg) in Einzeldosis-Beuteln abgepackt sind. Levetiracetam-Minitabletten können sowohl unabhängig von den Mahlzeiten als auch gemeinsam mit den Mahlzeiten eingenommen werden. Die Einnahme sollte rasch (direkt aus dem kleinen Beutel), zum Beispiel mit einem Glas Mineralwasser ohne Kohlensäure, erfolgen. Minitabletten, die zu lange im Mund verbleiben, können einen leicht bitteren Geschmack entwickeln. Darüber hinaus können Levetiracetam-Minitabletten zur Einnahme in Flüssigkeit aufgelöst werden. Eine solche Suspension ist auch sondengängig.

Ziel der vorliegenden, nichtinterventionellen Studie (NIS) LEV-003/K war es, Erkenntnisse zur Wirksamkeit und Verträglichkeit der neuen Formulierung in der klinischen Praxis zu dokumentieren, inklusive der ärztlichen Beurteilung der Compliance der Patienten vom Beginn bis zum Ende der 8-wöchigen Beobachtungsphase. Parallel machten die Studienpatienten in einem Patientenfragebogen regelmäßig Angaben zur allgemeinen Akzeptanz der eingenommenen Levetiracetam-Minitabletten.

Patienten und Methoden

Die vorliegende prospektive, multizentrische, nichtinterventionelle Studie LEV-003/K dokumentiert die Behandlung von Patienten mit Epilepsieformen, für die Levetiracetam-Minitabletten in Mono- oder Kombinationstherapie zugelassen sind [3]. Voraussetzung für die Teilnahme an der Studie war weiterhin die schriftliche Einwilligung der Patienten gemäß den aktuellen Empfehlungen der Bundesoberbehörden (Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte [BfArM], Paul-Ehrlich-Institut [PEI]) zur Durchführung von Anwendungsbeobachtungen bzw. nichtinterventionellen Studien (AWB/NIS, Juli 2010).

In die Studie aufgenommen wurden Patienten, die folgende Kriterien erfüllten:

  • Ärztliche Entscheidung zur Behandlung mit Levetiracetam-Minitabletten bei Patienten, für deren Epilepsieformen eine entsprechende Mono- oder Kombinationstherapie zugelassen ist (Kasten)
  • Erwachsene, Jugendliche und Kinder mit einem Körpergewicht von mindestens 25 kg gemäß den Einschränkungen in der Fachinformation des Herstellers für bestimmte Altersgruppen [3]
  • Erstmalige Behandlung mit Levetiracetam-Minitabletten

Levetiracetam-Minitabletten (Levetiracetam Desitin® befilmtes Granulat im Beutel) sind zugelassen

  • zur Monotherapie partieller Anfälle mit oder ohne sekundäre Generalisierung bei Patienten ab 16 Jahren mit neu diagnostizierter Epilepsie
  • zur Zusatzbehandlung
  • partieller Anfälle mit oder ohne sekundäre Generalisierung bei Erwachsenen, Kindern und Säuglingen ab 1 Monat mit Epilepsie
  • myoklonischer Anfälle bei Erwachsenen und Jugendlichen ab 12 Jahren mit juveniler myoklonischer Epilepsie
  • primär generalisierter tonisch-klonischer Anfälle bei Erwachsenen und Jugendlichen ab 12 Jahren mit idiopathischer generalisierter Epilepsie

Entsprechend der bisherigen Behandlung der Patienten ergaben sich drei Patientengruppen:

  • Therapienaive Patienten (Neueinstellung)
  • Patienten, die ein zusätzliches Präparat zur Kombinationstherapie benötigten (Add-on-Therapie)
  • Patienten mit medizinischer Indikation zum Austausch herkömmlicher Levetiracetam-Tabletten durch Levetiracetam-Minitabletten (Umstellung)

Der Studienzeitraum umfasste insgesamt 40 Wochen, bei einer Rekrutierungsphase von 32 Wochen und einem Beobachtungszeitraum von 8 Wochen. Während der Beobachtungsphase waren pro Patient zwei Visiten vorgesehen. Patienten, die mit Levetiracetam-Minitabletten erstmals eine antikonvulsive Behandlung nach Diagnosestellung erhielten, wurde eine zusätzliche Visite nach Abschluss der individuellen Dosisfindung (Ende der Einstellungsphase) empfohlen. Vor und nach Therapiebeginn dokumentierten die Studienpatienten in Patientenfragebögen ihre Zufriedenheit mit der Einnahme der Levetiracetam-Minitabletten beziehungsweise die allgemeine Akzeptanz ihrer medikamentösen Therapie. Die Patienten beantworteten unter anderem folgende Fragen:

  • Wie gut lassen sich die bisher verordneten Medikamente schlucken?
  • Wäre es für Sie ein Vorteil, wenn Sie deutlich kleinere Tabletten als Ihre bisherigen Tabletten erhalten könnten?
  • Wie lässt sich Ihrer Meinung nach das neue Medikament schlucken?
  • Wenn Sie selbst wählen könnten: Würden Sie dem neuen Medikament gegenüber herkömmlichen, großen Tabletten den Vorzug geben?
  • Ist die Verpackung des neuen Medikaments in den kleinen Beuteln für Sie ein Vorteil (z.B. bei der Mitnahme unterwegs oder auf Reisen)?

Darüber hinaus wurden die Wirksamkeit (Anfallsfrequenz) und Verträglichkeit (Auftreten unerwünschter Arzneimittelwirkungen) der Levetiracetam-Minitabletten sowie die Compliance der Patienten durch den Arzt dokumentiert.

Da es sich um eine nichtinterventionelle Studie handelte, wurden ausschließlich Daten erhoben, die im Rahmen der ärztlichen Routineuntersuchungen von Patienten mit Epilepsie üblicherweise dokumentiert werden. Die Entscheidung zur Therapie mit Levetiracetam-Minitabletten erfolgte ausschließlich nach ärztlichem Ermessen vor der Patientenrekrutierung. Gemäß aktuellen Empfehlungen zur Durchführung nichtinterventioneller Studien wurde die Therapiezufriedenheit der Patienten mittels Patientenfragebogen erfasst [7].

Ergebnisse

Insgesamt nahmen in 82 Studienzentren 395 Patienten (Tab. 1) in folgenden Behandlungsgruppen an der Studie teil:

  • Gruppe 1: Neueinstellungen (n=99)
  • Gruppe 2: Add-on Therapien (n=75)
  • Gruppe 3: Umstellungen (n=221)

Tab. 1. Baseline-Charakteristika der Studienpatienten

Neueinstellung

Add-on-Therapie

Umstellung

Patienten [n]

99

75

221

Mittleres Alter bei Studienbeginn [Jahre]

48,1 (18–86)

44,3 (20–83)

53,8 (18–90)

Mittlere Erkrankungsdauer bei Studienbeginn [Jahre]

1,6 (0–34,5)

14,3 (0–61,5)

10,1 (0–56,1)

Geschlecht männlich/weiblich [n]

44/55

40/34#

121/100

Mittlere Anzahl der Anfälle innerhalb der letzten 8 Wochen vor Studienbeginn [n]

3,6 (0–96)

13,5 (0–336)

1,5 (0–50)

#In einem Fall keine Angabe

In der Gruppe mit Add-on Therapie befanden sich insbesondere Patienten, die bereits Valproinsäure (34,7%) oder Lamotrigin (21,3%) erhielten. Behandlungsprobleme mit den konventionellen Levetiracetam-Tabletten waren die häufigsten medizinischen Indikationen zur Umstellung auf Levetiracetam-Minitabletten (54,8%).

Wirksame Anfallskontrolle bei guter Verträglichkeit

Die Anfallsfreiheit der Studienpatienten stieg unter der Therapie mit Levetiracetam-Minitabletten bei Neueinstellung (n=99) von 4,0% (kein Ereignis in den letzten 4 Wochen vor Rekrutierung) auf 81,8% (kein Ereignis während der 8-wöchigen Beobachtungsphase). Die entsprechenden Resultate bei Add-on-Therapie (n=75) lauteten 6,7% bzw. 69,0% und bei Umstellung aus medizinischer Indikation (n=221) 51,1% bzw. 81,4%. Bei Studienende beurteilten 97,1% der Studienärzte die Wirksamkeit der Levetiracetam-Minitabletten für das Gesamtkollektiv der Studienpatienten (n=395) als „gut“ (22,9%) oder „sehr gut“ (74,2%).

Sehr gute Verträglichkeit der Levetiracetam-Minitabletten stellten die Ärzte bei 71,6% ihrer Patienten (n=275) fest, bei 26,0% (n=100) wurde sie als „gut“ bezeichnet. Der Patientenfragebogen bestätigte die Verträglichkeit aus Sicht der Patienten: 65,8% (n=244) beurteilten sie als „sehr gut“, 30,5% (n=113) als „gut“.

Erhaltungsdosis bei Studienende

Die mittlere Erhaltungsdosis lag bei Abschluss der nichtinterventionellen Studie bei 1603 mg/Tag (250–6500 mg/Tag). Die maximale Einzeldosis betrug je nach Gruppe 2500 bis 3250 mg (Tab. 2), wobei fast 40% der Patienten eine Dosisstärke >1000 mg pro Einnahme benötigten.

Tab. 2. Mittlere Erhaltungsdosis und maximale Einzeldosis

Neueinstellung

Add-on-Therapie

Umstellung

Erhaltungsdosis am Studienende: Mittelwert (Spanne) [mg/Tag]

1188
(250–5000)

1518
(250–6500)

1818
(250–4500)

Maximale Einzeldosis [mg]

2500

3250

3250

Patientenfragebogen

Von den Patienten, die von einem anderen Präparat auf Levetiracetam-Minitabletten umgestellt wurden (n=221), gaben zwei Drittel zu Beginn der Studie an, dass sie grundsätzlich kleinere Tabletten bevorzugen. Diese Aussage bestätigte sich nach der 8-wöchigen Anwendungsbeobachtung: am Ende erklärten 65,6% der umgestellten Patienten, dass sie diese Darreichungsform gegenüber den herkömmlichen, großen Tabletten bevorzugen. Als genereller Trend zeigte sich, dass je höher die einzunehmende Tagesdosis ausfiel, desto mehr Patienten den Minitabletten den Vorzug gaben (Abb. 1).

Abb. 1. Bevorzugung konventioneller Tabletten oder Levetiracetam-Minitabletten in Abhängigkeit von der erforderlichen Tagesdosis

Von den Patienten, die zu Studienbeginn von anderen Präparaten auf Levetiracetam-Minitabletten umgestellt wurden, hatten 56,8% (n=120) die Vormedikation „sehr gut“ oder „gut“ schlucken können; beim entsprechenden Vergleich am Studienende wurden deutlich verbesserte Werte von 92,2% (n=191) für Levetiracetam-Minitabletten angegeben (Abb. 2). Patienten, die erstmals antikonvulsiv behandelt wurden (Neueinstellung) oder eine Add-on-Therapie erhielten, beurteilten die Einnahme der Levetiracetam-Minitabletten am Studienende vergleichbar positiv.

Abb. 2. Patientenmeinung zu Levetiracetam-Minitabletten im Vergleich zur ihrer Vorbehandlung

Bewertung der Compliance durch den Arzt

Bei Studienabschluss beurteilten die Studienärzte im Gesamtkollektiv (Neueinstellung, Add-on-Therapie und Umstellung) die Compliance mit Levetiracetam-Minitabletten bei 69,8% der Patienten mit „sehr gut“ (n=268), bei 25,0% mit „gut“ (n=96). Somit wurden die Teilnehmer an der nichtinterventionellen Studie fast ausnahmslos als therapietreu eingeschätzt (94,8%; n=364). Bemerkenswert war die Zunahme der Kategorie „sehr gute Compliance“ mit Levetiracetam-Minitabletten während der 8-wöchigen Beobachtungsphase. Bei Patienten mit Add-on-Therapie nahm die sehr gute Compliance aus Sicht der Studienärzte von 30,1% (n=22) auf 70,3% (n=52) und bei Umstellungen von 43,9% (n=90) auf 70,6% (n=151) zu. Die Zunahme der Compliance nach Behandlung mit Levetiracetam-Minitabletten in diesen beiden Patientengruppen erreicht im Rahmen eines intraindividuellen Vergleiches in der deskriptiven Statistik Signifikanzniveau (Wilcoxon-Test p<0,001, Abb. 3). Nach Studienende setzten 366 Patienten (92,7%) die Behandlung mit Levetiracetam-Minitabletten fort.

Abb. 3. Compliance vor und nach Umstellung auf Levetiracetam-Minitabletten bzw. vor und nach Beginn einer Add-on-Therapie (Wilcoxon-Test, p<0,001)

Diskussion

Eines der wichtigsten Ziele der antiepileptischen Therapie ist neben Anfallsfreiheit beziehungsweise Reduktion der Anfallsfrequenz die bestmögliche Verträglichkeit der Medikation während der Langzeittherapie. Die Deutsche Gesellschaft für Neurologie (DGN) empfiehlt in ihrer aktuellen Leitlinie von 2012 Levetiracetam neben Lamotrigin als bevorzugtes Mittel der 1. Wahl in der initialen Behandlung fokaler Anfälle mit und ohne sekundäre Generalisierung. Begründet wird dies mit der wesentlich besseren Verträglichkeit gegenüber anderen bewährten Antiepileptika, bei gleicher Wirksamkeit [2]. Das aus den Zulassungsstudien bekannte, sehr überzeugende Nutzen-Risiko-Verhältnis wurde in der vorliegenden nichtinterventionellen Phase-IV-Studie unter den Bedingungen der klinischen Routine mit Levetiracetam-Minitabletten (Levetiracetam Desitin® befilmtes Granulat im Beutel) bei 395 ambulanten Patienten bestätigt.

Der beobachtete positive Effekt auf die Anfallsfreiheit lässt sich dadurch begründen, dass therapienaive Epilepsie-Patienten (Neueinstellungen) erstmalig eine antiepileptische Therapie erhielten oder damit, dass unzureichend therapierte Patienten (Add-on-Patienten bzw. Umstellungspatienten) zusätzlich zur bestehenden Medikation Levetiracetam bekamen oder von einem nur unzureichend wirksamen Antiepileptikum auf eine wirksame Therapie mit Levetiracetam-Minitabletten umgestellt wurden.

Die von den Studienpatienten mittels Fragebögen beurteilte Therapiezufriedenheit war ein zentrales Anliegen dieser nichtinterventionellen Studie, um Unterschiede in der Compliance zwischen den Untergruppen (Neueinstellung, Add-on-Therapie, Umstellung) und im Hinblick auf die Behandlung mit Levetiracetam-Minitabletten in der klinischen Routine zu evaluieren. Dazu wurden entsprechende Empfehlungen umgesetzt [7, 9].

Die Tablettengröße ist als Risikofaktor für die Compliance während einer Langzeittherapie nicht zu unterschätzen, weil viele Patienten das mehrfache, tägliche Schlucken sehr großer Tabletten in aller Regel als belastend empfinden. Entsprechende Probleme mit der Medikamenteneinnahme können sich verschärfen, wenn bereits vor Therapiebeginn Beschwerden beim Schlucken bestehen. Patienten mit Epilepsie leiden häufig unter Schluckstörungen und/oder Mundtrockenheit, ausgelöst zum Beispiel durch neurologische Begleiterkrankungen (z.B. Schlaganfälle) oder aufgrund medikamentöser Nebenwirkungen (z.B. bei Einnahme von Opioiden, Glucocorticoiden oder Diuretika) [9]. Unsere Studie ergab, dass fast 40% der Patienten mehr als 1000 mg Levetiracetam pro Einzelgabe benötigten und damit auf die Einnahme sehr großer Tabletten angewiesen sind. Wie erwartet, dokumentierten die Studienpatienten in ihren Fragebögen, dass mehrheitlich kleine Tabletten bevorzugt werden. Am Studienende bezeichneten mehr als 90% der Studienpatienten die Einnahme, beziehungsweise die Schluckbarkeit der Levetiracetam-Minitabletten, als „sehr gut“ oder „gut“ und gaben an, anschließend bei dieser Darreichungsform bleiben zu wollen. Neben Form und Größe der Tabletten gilt auch die Verpackung des Arzneimittels als relevanter Parameter, der die Akzeptanz von Medikamenten durch Patienten beeinflussen kann [4, 5]. In dieser Hinsicht bewerteten mehr als die Hälfte der Studienteilnehmer die Levetiracetam-Minitabletten in handlichen Beuteln als vorteilhaft.

Bei Patienten mit Epilepsie ist die Non-Compliance ein großes Problem [8]. Zur Verbesserung der Compliance ist eine einfach zu befolgende Therapie vorteilhaft, wozu zum Beispiel eine Monotherapie, die tägliche Einmalgabe oder eine gut tolerierte Darreichungsform beitragen kann [10]. Unsere Studienergebnisse zeigten, dass die meisten Patienten der innovativen Darreichungsform von Levetiracetam als Minitabletten im Beutel klar den Vorzug gegenüber konventionellen Tabletten gaben. Dies wurde umso deutlicher geäußert, je höher die einzunehmende Tagesdosis war (Abb. 1). Als Begründung sind zunehmende Probleme der meisten Patienten mit der täglich mehrmaligen Einnahme sehr großer Tabletten denkbar und der entsprechende Wunsch – insbesondere bei hohen Tagesdosen –, diese durch leichter zu schluckende Levetiracetam-Minitabletten im Beutel auszutauschen.

Vor diesem Hintergrund haben Levetiracetam-Minitabletten das Potenzial, die Compliance der Patienten nachhaltig zu stärken und die Effektivität der Langzeittherapie zu verbessern.

* Zugelassene Darreichungsform: Levetiracetam Desitin® befilmtes Granulat im Beutel

Interessenskonflikte

Die Mittel für die Durchführung der nichtinterventionellen Studie wurden vom Hersteller von Levetiracetam Desitin®, der Desitin Arzneimittel GmbH zur Verfügung gestellt.

Die Autoren geben folgende potenziellen Interessenskonflikte an:

GR: keine

SR: keine

WS: Mitarbeiterin der Desitin Arzneimittel GmbH

Danksagung

Wir möchten allen Studienzentren für die aktive Teilnahme an der nichtinterventionellen Studie zu Levetiracetam Desitin® befilmtes Granulat im Beutel danken.

Literatur

1. Cramer JA, Roy A, Burrell A, Fairchild CJ, et al. Medication compliance and persistence: Terminology and definitions. Value Health 2008;11:44–7.

2. Diener HC, Weimer C, et al. Leitlinien für Diagnostik und Therapie in der Neurologie. 5. überarbeitete Auflage. Stuttgart: Thieme-Verlag, 2012.

3. Fachinformation Levetiracetam DESITIN® befilmtes Granulat in Beuteln, Stand Mai 2012.

4. Krämer G, Honegger U. Probleme bei der Generika-Substitution von Antiepileptika. Schweiz Arch Neurologie und Psychiatrie 2010;161:244–9.

5. Overgaard AB, Højsted J, Hansen R, Møller-Sonnergaard J, et al. Patients’ evaluation of shape, size and colour of solid dosage forms. Pharm World Sci 2001;23:185–8.

6. Riebenfeld D. Form und Farbe der Tabletten verbessern die Compliance. ARS Medici 2004;11:582–3.

7. Sickmüller B, Breitkopf S. „Points to consider“ zu Anwendungsbeobachtungen. Pharm Ind 2009;71:764–9.

8. Specht U. Medikamenten-Compliance bei Epilepsie. Nervenarzt 2008;79:662–8.

9. Stefan H. Improving the effectiveness of drugs in epilepsy through concordance. ACNR 2009;8:15–8.

10. Stefan H, Steinhoff BJ. Mono- versus Polytherapie in der Epilepsiebehandlung. DNP 2009;10:31–5.

Levetiracetam minitablets: innovative formulation promotes compliance in patients with epilepsy. Non-interventional study to evaluate the safety, feasibility and compliance of levetiracetam minitablets in patients with epilepsy (LEV 003/K)

In a non-interventional study, safety, efficacy, practicability and compliance of the first-line antiepileptic drug levetiracetam was evaluated by neurologists using minitablets as an innovative formulation (Levetiracetam DESITIN® coated granules in sachets). Over a study period of 10 months, 395 patients were documented by 82 study centers in Germany. A patient questionnaire regarding the practicability of the new formulation was used. Seizure frequence, tolerability and compliance using levetiracetam minitablets were assessed by treating physicians. A patient was feasible for study participation, if the doctor decided to use the new formulation for in label treatment prior to study entry and levetiracetam minitablets were prescribed for the first time. Patients either received levetiracetam minitablets after initial diagnosis of epilepsy (new onset therapy), due to a need for combination therapy (add-on therapy) or no response to previous therapy (therapy switch). The study results suggest that the huge majority of patients do prefere levetiracetam minitablets which can be taken easier. Their treating physicians documented a significantly improved compliance, respectively. Thus, levetiracetam minitablets may offer the opportunity to improve compliance regarding the need for long-term treatment in patients suffering from epilepsy.

Key words: Levetiracetam, minitablets, non-interventional study, compliance

Psychopharmakotherapie 2012; 19(06)