Prof. Dr. H.-C. Diener, Essen
Die postzosterische Neuralgie ist eine schwerwiegende Folge eines Herpes zoster und tritt insbesondere bei älteren Menschen auf. Die Inzidenz der postzosterischen Neuralgie wird je nach Alter der betroffenen Patienten zwischen 9% und 70% angegeben. Es gibt eine Reihe von Studien, die zeigen, dass der frühe Einsatz von Virustatika die Entwicklung einer postzosterischen Neuralgie verhindert. Ähnliche Beobachtungen gibt es für Gabapentin. Bisher gab es allerdings keine Studie, in der die Kombination der beiden Therapieansätze untersucht worden wäre.
Studiendesign und -ergebnisse
In die vorliegende offene und unkontrollierte Studie wurden 113 Patienten mit akutem Herpes zoster eingeschlossen, die mäßige bis starke Schmerzen (≥4 Punkte auf einer 10-Punkte-Likert-Skala) aufwiesen. Die Patienten waren im Mittel 65 Jahre alt und immunkompetent. Innerhalb von 72 Stunden nach Erscheinen der ersten Herpesvesikel begannen sie eine Therapie mit 1000 mg Valaciclovir (z.B. Valtrex®) 3-mal täglich über sieben Tage und zusätzlich mit Gabapentin (z.B. Neurontin®) in einer initialen Dosis von 300 mg und einer Maximaldosis von 3600 mg pro Tag für vier bis neun Wochen. Erfasst wurden der Prozentsatz der Patienten mit postzosterischer Neuralgie nach 3, 4 und 6 Monaten, die Schmerzintensität und das Ausmaß von Schlafstörungen sowie die Lebensqualität.
Nur ein Drittel der 113 Patienten war über 70 Jahre alt. Zwei Drittel der Patienten litten unter schweren Schmerzen.
Der Anteil der Patienten mit postzosterischen Schmerzen betrug nach 3 Monaten 20%, nach 4 Monaten 18% und nach 6 Monaten 9,8% (primärer Endpunkt). Nach 6 Monaten klagten 4% über mittelschwere Schmerzen und 13,4% über schwere Schmerzen. Erwartungsgemäß verbesserte sich parallel zur Schmerzreduktion auch die Lebensqualität.
Kommentar
Diese interessante Studie legt nahe, dass eine Kombinationstherapie eines Virustatikums mit Gabapentin innerhalb von 72 Stunden nach Beginn eines Herpes zoster möglicherweise die Entwicklung einer chronischen postzosterischen Neuralgie verhindern kann. Eine Inzidenz von 9,8% nach 6 Monaten ist deutlich geringer als in den meisten bisherigen Beobachtungs- und Therapiestudien. Die Studie muss allerdings sehr vorsichtig interpretiert werden, da es sich um eine offene und unkontrollierte Studie handelt. Logische Konsequenz dieser Beobachtung wäre jetzt, eine prospektive randomisierte Studie mit vier Therapiegruppen, nämlich Valaciclovir-Monotherapie, Gabapentin-Monotherapie, Kombinationstherapie und Plazebo, durchzuführen.
Quelle
Lapolla W, et al. Incidence of postherpetic neuralgia after combination treatment with gabapentin and valacyclovir in patients with acute Herpes zoster: Open-label study. Arch Dermatol 2011;147:901–7; published online April 11, 2011. doi:10.1001/archdermatol.2011.81
Psychopharmakotherapie 2012; 19(01)