Depressionen

Add-on-Therapie mit atypischem Antipsychotikum


Abdol A. Ameri, Weidenstetten

Quetiapin wurde in einer retardierten Darreichungsform als erstes atypisches Antipsychotikum für die Zusatztherapie von depressiven Erkrankungen (Episoden einer Major Depression) bei Patienten, die zuvor unzureichend auf ein Antidepressivum in Monotherapie angesprochen haben, zugelassen. Eine Zusatztherapie mit Quetiapin führte bei diesen Patienten zu einer stärkeren Reduktion der depressiven Symptomatik und zu höheren Remissionraten als die alleinige Therapie mit einem Antidepressivum, so das Fazit einer von der Firma AstraZeneca veranstalteten Pressekonferenz im Rahmen des Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und Nervenheilkunde (DGPPN) in Berlin [1].

Etwa ein Drittel der Patienten mit einer unipolaren Depression spricht nicht auf eine medikamentöse Monotherapie mit dem primär eingesetzten Antidepressivum an, die Hälfte der Patienten erreicht keine Remission [2]. Schon nach zwei Wochen kann mit hoher Wahrscheinlichkeit vorhergesagt werden, ob der betroffene Patient auf eine Behandlung anspricht: ein frühes Ansprechen kann anhand einer Reduktion des HAMD(Hamilton-Depressions-Skala)17-Scores um 20% gegenüber dem Ausgangswert festgestellt werden. Das Ansprechen auf eine Therapie sollte daher schon nach 14 Tagen überprüft werden. Bei Nonrespondern wird in der S3-Leitlinie/Nationalen Versorgungsleitlinie Unipolare Depression empfohlen, zunächst eine Serumspiegelbestimmung (ein therapeutischen Drug-Monitoring) durchzuführen, um Non-Compliance oder besondere Metabolisierungseffekte festzustellen [2]. Gegebenenfalls sollte dann das bisherige Therapieregime umgestellt werden.

Wirksamkeit von Atypika bei therapieresistenter Depression

In einer Metaanalyse von zehn klinischen Studien mit insgesamt 1500 Patienten, die an einer behandlungsresistenten Depression litten, wurde gezeigt, dass eine Augmentation mit einem atypischen Antipsychotikum gegenüber einer zusätzlichen Gabe von Plazebo mit einer höheren Wahrscheinlichkeit sowohl für ein Ansprechen (Risk-Ratio [RR] 1,35; p=0,001) als auch für eine Remission (RR 1,75; p<0,0001) assoziiert ist, und zwar ohne die Abbruchraten zu erhöhen [3].

Als erstes Atypikum erhielt Quetiapin in einer retardierten Darreichungsform (SeroquelProlong®) die Zulassung zur Add-on-Therapie bei Patienten mit unipolarer Depression, die unzureichend auf eine Monotherapie mit einem Antidepressivum angesprochen haben.

Die Zulassungserweiterung beruht auf Daten zweier randomisierter, Plazebo-kontrollierter Studien mit insgesamt 919 Patienten mit therapierefraktärer Depression [4]. Die Patienten erhielten randomisiert für sechs Wochen entweder Quetiapin (150 mg/Tag oder 300 mg/Tag) oder Plazebo zusätzlich zu einer bestehenden antidepressiven Therapie. Wie die gepoolten Daten dieser Studien zeigen, führte Quetiapin in beiden Dosierungen zu einer signifikant stärken Reduktion des MADRS(Montgomery-Åsberg depression rating scale)-Gesamtscores gegenüber dem Ausgangswert als Plazebo (Abb. 1).

Abb. 1. Veränderung des MADRS(Montgomery-Åsberg depression rating scale)-Gesamtwerts durch Zusatztherapie mit Quetiapinhemifumarat in einer Retardformulierung (Extended release, XR) oder Plazebo zusätzlich zu Antidepressiva (AD) bei Patienten mit therapierefraktärer depressiver Erkrankung (Episoden einer Major Depression) [mod. nach Bauer et al. Poster presented at the 9th International Forum on Mood and Anxiety Disorders, Monaco, Monte-Carlo, 11.–13. November 2009]

Nach sechs Wochen betrug die Responserate (Verminderung des MADRS-Scores um mindestens 50% gegenüber dem Ausgangswert) unter Quetiapin 58,3% (300 mg/Tag) bzw. 53,7% (150 mg/Tag) und unter Plazebo 46,2% (p<0,01 bzw. p=0,063). Eine Remission (MADRS-Gesamtscore≤8) erreichten unter der Zusatztherapie mit dem Atypikum 36,5% bzw. 35,6% der Patienten, unter Plazebo waren es 24,1% der Patienten (p<0,001 bzw. p<0,01). Die antidepressive Wirkung von Quetiapin setzte schon in der ersten Woche ein.

In einer multizentrischen, offenen Parallelgruppenstudie war eine Zusatztherapie mit retardiertem Quetiapin bei Patienten mit therapieresistenter Depression verglichen mit einer Zusatztherapie mit Lithium therapeutisch gleichwertig. Allerdings waren Somnolenz, Fatigue, Mundtrockenheit und Sedierung unter Quetiapin häufiger als unter Lithium [5].

Therapie mit Quetiapin

Quetiapin sollte in der Zusatztherapie bei Patienten mit unipolarer Depression in der niedrigsten wirksamen Dosis eingesetzt werden, beginnend mit 50 mg/Tag. Ob eine Dosiserhöhung auf 150 mg/Tag oder 300 mg/Tag erforderlich ist, sollte für jeden Patienten individuell entschieden werden [6].

Neben der Zulassung als Add-on-Therapie (zusätzlich zu einer antidepressiven Therapie) im Rahmen einer Augmentationstherapie bei Patienten mit unipolarer Depression (Episoden einer Major Depression) ist Quetiapin in Monotherapie bereits zugelassen zur Behandlung der Schizophrenie sowie zur Behandlung bipolarer Störungen bei Patienten mit mäßigen bis schweren manischen Episoden, schweren depressiven Episoden sowie zur Phasenprophylaxe bei Patienten, deren manische oder depressive Episode auf Quetiapin angesprochen hat [6].

Fazit

Quetiapin hat als erstes atypisches Antipsychotikum die Zulassung erhalten für die Augmentationstherapie bei Episoden einer Major Depression von Patienten, die auf eine Monotherapie mit einem Antidepressivum unzureichend angesprochen haben. In der Zusatztherapie zu einer bestehenden Therapie mit Antidepressiva führt das Atypikum gegenüber einer alleinigen antidepressiven Therapie zu einer stärkeren Verbesserung der depressiven Symptomatik.

Quellen

1. Prof. Dr. med. Hans-Jürgen Möller, München, Prof. Dr. med. Stuart Montgomery, London. Pressekonferenz „Zusatztherapie mit SeroquelProlong®: Die neue Behandlungsoption bei depressiven Erkrankungen“ veranstaltet von AstraZeneca anlässlich des DGPPN-Kongresses, Berlin, 25. November 2010.

2. S3-Leitlinie/Nationale Versorgungsleitlinie „Unipolare Depression“ (www.depression.versorgungsleitlinien.de/, Zugriff am 29.11.2010).

3. Papakostas GI, et al. Augmentation of antidepressants with atypical antipsychotic medications for treatment-resistant major depressive disorder: a meta-analysis. J Clin Psychiatry 2007;68:826–31.

4. Bauer M, et al. A pooled analysis of two randomised, placebo-controlled studies of extended release quetiapine fumarate adjunctive to antidepressant therapy in patients with major depressive disorder. J Affect Disord 2010;127:19–30.

5. Bauer M, et al. Quetiapine XR monotherapy and quetiapine XR or lithium as add-on to antidepressants in patients with treatment-resistant major depressive disorder. Poster, DGPPN-Kongress, Berlin, 24.–27. November 2010.

6. Fachinformation SeroquelProlong®, Stand September 2010.

Psychopharmakotherapie 2011; 18(01)