Alzheimer-Demenz

Tarenflurbil bremst den kognitiven Abbau nicht


Rosemarie Ziegler, Albershausen

In einer Phase-III-Studie an 1684 randomisierten Patienten mit leichter Alzheimer-Krankheit unterschieden sich die kognitive Leistung und die operative Fähigkeit im Alltag nicht signifikant zwischen einer Behandlung mit Tarenflurbil (R-Flurbiprofen) und Plazebo.

Zu den Charakteristika der Alzheimer-Erkrankung gehört die Bildung sogenannter Amyloid-Plaques. Eine wesentliche Rolle in der Entstehung spielt dabei die Spaltung des Amyloid-Vorläufer-Proteins (Amyloid precursor protein, APP) durch Beta- und Gamma-Sekretase in unterschiedlich lange Peptidketten, darunter das Amyloid-beta-Peptid (Aβ). Insbesondere das aus 42 Aminosäuren bestehende Aβ42 aggregiert über verschiedene Zwischenstufen zu den histopathologisch charakteristischen Amyloid-Plaques.

Während mit den bislang verfügbaren Medikamenten nur die Symptome und nicht die Ursachen der Erkrankung behandelt werden können, wird derzeit verstärkt nach kausal wirksamen Mitteln gesucht. Studien haben gezeigt, dass Tarenflurbil, bei dem es sich chemisch um das R-Enantiomer des nichtsteroidalen Antiphlogistikums Flurbiprofen handelt, in vitro und in vivo die Aβ42-Produktion durch die Gamma-Sekretase stark zugunsten kürzerer und weniger toxischer Aβ-Formen (z.B. Aβ38 und Aβ37) gesenkt wird. In einer Phase-II-Studie führte Tarenflurbil bei Patienten mit leichter Alzheimer-Krankheit dosisabhängig langsamer zu kognitiven Einschränkungen als Plazebo.

Für die jetzt abgeschlossene, multizentrische, doppelblinde Phase-III-Studie wurden 1684 Patienten mit leichter Alzheimer-Krankheit randomisiert. Sie erhielten über den Studienzeitraum von 18 Monaten entweder Tarenflurbil (zweimal täglich 800 mg; eine kleine Gruppe zu Beginn zweimal täglich 400 mg und anschließend zweimal täglich 800 mg) oder Plazebo. Gemessen wurde die Wirksamkeit mithilfe der kognitiven Subskala der Alzheimer Disease Assesment Scale (ADAS-Cog) und der Skala für die Aktivität im täglichen Leben der Alzheimer Disease Cooperative Study (ADCS-ADL). Die Auswertung von 1649 Patienten ergab, dass die Wirksamkeit von Tarenflurbil nicht besser war als Plazebo: Die Unterschiede im kognitiven Bereich sowie in den Aktivitäten des täglichen Lebens waren nicht signifikant.

Eine mögliche Ursache für die fehlende Wirksamkeit von Tarenflurbil ist die schlechte Liquorgängigkeit der Substanz. In einer früheren Untersuchung zur Pharmakokinetik lagen die Konzentrationen im Liquor bei etwa 0,5–1% der Plasmakonzentration. Eine Senkung der Plasmaspiegel von Aβ42 war dabei nur kurzzeitig bei Plasma-Spitzen-Konzentrationen von Tarenflurbil nachweisbar. Möglicherweise war die Dosierung von 800 mg zweimal täglich zu niedrig für länger anhaltende, klinisch nachweisbare Effekte.

Die Studienautoren geben auch zu bedenken, dass bisher noch von keiner Substanz, die auf die Bildung von Amyloid abzielt, eine Wirkung auf den Verlauf der Alzheimer-Demenz nachgewiesen werden konnte.

Quellen

Green RC, et al. Effect of tarenflurbil on cognitive decline and activities of daily living in patients with mild Alzheimer disease. A randomized controlled trial. JAMA 2009;302:2557–64.

Kukar TL, et al. Substrate-targeting gamma-secretase modulators. Nature 2008;453:925–9.

Wilcock GK, et al. Efficacy and safety of tarenflurbil in mild to moderate Alzheimer’s disease: a randomized phase II trial. Lancet Neurol 2008;7:483–93.

Galasko DR, et al. Safety, tolerability, pharmacokinetics, and Abeta levels after short-term administration of R-flurbiprofen in healthy elderly individuals. Alzheimer Dis Assoc Disord 2007;21:292–9

Psychopharmakotherapie 2010; 17(02)