Alzheimer-Demenz

Mehr Behandlungsqualität durch Versorgungsforschung


Dagmar Jäger-Becker, Rodgau

Inzidenz und Prävalenz der Alzheimer-Demenz nehmen weltweit zu und die Erkrankung erfordert immer mehr medizinische und gesellschaftliche Aufmerksamkeit. Eine Analyse auf Basis der Abrechnungsdaten der Barmer Ersatzkasse für Patienten mit Alzheimer-Demenz hat Überraschendes zu Tage gebracht: Für Patienten, die eine spezifische antidementive Therapie erhielten, fielen die geringsten Gesamtkosten pro Jahr an.

Die Deutsche Alzheimer Gesellschaft geht heute von 1,1 Millionen Demenzkranken – zwei Drittel davon mit Alzheimer-Demenz – aus. Jährlich erkranken etwa 250000 Menschen neu an Demenz, Tendenz steigend. Bis zum Jahr 2050 wird sich die Krankenzahl auf etwa 2,5 Millionen erhöhen, schätzen Experten. Die Daten der Barmer bestätigen dies: Im Jahr 2005 waren bei den über 65-Jährigen rund 25500 Versicherte an M. Alzheimer erkrankt, 2006 waren es 27700 und 2007 bereits 30100. Versorgungsforschung soll dazu beitragen, die Versorgungs- und Behandlungsqualität von Demenz-Patienten zu verbessern. Bei Unter- und Fehlversorgung, zum Beispiel durch zu späten Kontakt mit Fachärzten, schreitet die Erkrankung schneller fort. Letztlich werden damit die Krankheitskosten aus der gesetzlichen Krankenversicherung in die Pflegeversicherung verschoben.

Was ist Versorgungsforschung?

Versorgungsforschung ist die wissenschaftliche Untersuchung der Versorgung einzelner Patienten und/oder der Bevölkerung mit gesundheitsrelevanten Produkten und Dienstleistungen unter Alltagsbedingungen. Ziele sind die Identifikation von Über-, Unter- und Fehlversorgung, die Schaffung von Kostentransparenz, die Verbesserung der Versorgung und die Steigerung der Lebensqualität von Patienten und Angehörigen.

Eine Versorgungsforschungsanalyse, die von Merz Pharmaceuticals und der Barmer unterstützt wurde, hat anhand von anonymisierten Abrechnungsdaten von über 21500 Patienten mit Alzheimer-Demenz aus dem Jahr 2005 Gesamtkosten und Kostenstruktur bei drei unterschiedlich behandelten Patientengruppen verglichen. Erfasst wurden die Kosten aus den Sektoren nichtstationäre Diagnostik und Therapie, Arzneimitteltherapie, stationäre Aufenthalte, Pflegekosten sowie Heil- und Hilfsmittelverbrauch, und zwar in den drei Versorgungsgruppen Behandlung mit Memantin (n=1448), Behandlung mit Psychopharmaka/Hypnotika/Sedativa (P/H/S) (n=12561) und ohne Demenz-fokussierte Arzneimitteltherapie (n=7503).

Die durchschnittlichen Gesamtkosten betrugen in der Memantin-Gruppe 7028 Euro pro Patient und Jahr, in der P/H/S-Gruppe 13549 Euro und in der Gruppe ohne Arzneimitteltherapie 8818 Euro. Die höheren Gesamtkosten wurden durch den wesentlich größeren Anteil Pflegebedürftiger in der P/H/S-Gruppe und in der Gruppe ohne Arzneimitteltherapie verursacht, da die Pflegekosten den jeweils größten Anteil an den Gesamtkosten haben. Geringere Arzneimittelkosten konnten somit die Mehraufwendungen für Pflegeleistungen nicht kompensieren. Die Patienten der P/H/S-Gruppe wiesen in allen Kostenarten mit Ausnahme der spezifischen Arzneimittelkosten die höchsten Durchschnittskosten auf.

Leitliniengerechte Demenz-Therapie

Evidenzbasierte antidementive Substanzen wie NMDA-Antagonisten oder Cholinesterase-Hemmer können im Rahmen eines ganzheitlichen Therapieansatzes das Leiden von Patient und Angehörigen lindern. Klinische Studien belegen die signifikante Wirksamkeit des NMDA-Rezeptorantagonisten Memantin (z.B. Axura®) auf die Kernsymptomatik der Alzheimer-Demenz Kognition, alltagspraktische Fähigkeiten und Demenz-assoziierte Verhaltensstörungen. Die Alltagskompetenz bleibt unter der Therapie länger erhalten.

Quelle

Birgit Fischer, Wuppertal, Prof. Dr. Dr. Reinhard Rychlik, Bochum, Dr. Michael Lang, Ulm, Pressekonferenz „Alzheimer-Demenz: Versorgungsforschung für mehr Lebensqualität und Kostenbewusstsein“, Berlin, 4. Juni 2009, veranstaltet von BARMER und Merz Pharmacueticals GmbH.

Psychopharmakotherapie 2010; 17(01)