Priv.-Doz. Dr. Dieter Angersbach, Wolfratshausen
Gemessen an den Ansprechraten (50–60%) oder Remissionsraten (ca. 35%) in klinischen Akutstudien ist die Wirksamkeit der heutigen Antidepressiva nicht sehr befriedigend. Die Autoren der vorliegenden Studie vermuteten, dass sich Paroxetin und Mirtazapin aufgrund komplementärer pharmakologischer Wirkungsmechanismen bei einer Kombinationsbehandlung in ihrer Wirksamkeit gegenseitig verstärken. Es war daher das Ziel der Studie, die Wirksamkeit der Kombination von Paroxetin und Mirtazapin zu untersuchen und zu zeigen, dass die Kombinationstherapie besser wirksam ist als die Monotherapie mit beiden Antidepressiva.
Eingeschlossen wurden depressive Patienten mit der Diagnose einer Major Depression (DSM-IV) und einem Score von ≥18 auf der Hamilton Rating Scale for Depression, 17-Item-Version (HAMD-17). Insgesamt nahmen 61 Patienten teil (Paroxetin: n=19, Mirtazapin n=21, Kombination: n=21). Eine Gruppe erhielt 2-mal 10 mg Paroxetin morgens und 2 Plazebos abends, eine weitere Gruppe erhielt 2-mal 15 mg Mirtazapin abends und 2 Plazebos morgens und die dritte Gruppe erhielt 2-mal 10 mg Paroxetin morgens und 2-mal 15 mg Mirtazapin abends. Die Dosierung wurde vier Wochen konstant gehalten. Bei den Nichtrespondern nach Woche 4 wurde die Dosis im Paroxetin-Arm auf 30 mg/Tag und im Mirtazapin-Arm auf 45 mg/Tag gesteigert. Bei den Nichtrespondern unter der Kombination wurde die Dosierung nicht verändert.
Beurteilungsinstrumente bei jeder Visite waren HAMD-17, Montgomery-Asberg Depression Rating Scale (MADRS), klinischer Gesamteindruck, Teil Schweregrad der Erkrankung (CGI-S) und Remissionsrate nach MADRS (Score ≤10). Visiten fanden statt bei Einschluss und an den Tagen 4, 10, 14, 21, 28, 35 und 42.
Die deutlichsten Effekte zeigten sich im MADRS-Score (Abb. 1). Ab Woche 4 waren die Änderungen der mittleren Scores unter der Kombinationsbehandlung signifikant höher als unter der Monotherapie beider Substanzen.
Abb. 1. Änderung des MADRS-Scores ab dem Einschluss (LOCF-Analyse; + Kombination vs. Paroxetin p=0,013; * Kombination vs. beide Monotherapie-Arme p<0,05)
Nach HAMD-17 und CGI-S waren die Änderungen unter der Kombination nur nach Woche 6 signifikant höher als in den Monotherapie-Armen.
Die Unterschiede in den Remissionsraten (Kombination 43%, Paroxetin 26%, Mirtazapin 19%) waren zwar deutlich, aber nicht statistisch signifikant.
Von den sechs Patienten, die vorzeitig die Studie beendeten, brachen drei die Behandlung wegen unerwünschter Ereignisse ab (einer unter Paroxetin, zwei unter der Kombination).
Die häufigsten Nebenwirkungen waren unter Paroxetin Insomnie, Übelkeit, Ängstlichkeit, unter Mirtazapin Somnolenz, Mundtrockenheit, Gewichtszunahme und unter der Kombination Somnolenz, Mundtrockenheit und Übelkeit (je ≥20% der Patienten).
Nach Ansicht der Autoren wurde die Kombinationsbehandlung gut vertragen und stellt eine zeitsparende Alternative zu anderen Behandlungsstrategien dar.
Kommentar
Es handelt sich hier um eine kleine Studie, bei der daher nicht so sehr die Größe der Effekte von Bedeutung ist, in der aber die Hinweise auf eine bessere Wirksamkeit der Kombination durch alle Beurteilungsinstrumente unterstützt werden.
Quelle
Blier P, et al. Mirtazapine and paroxetine in major depression: A comparison of monotherapy versus their combination from treatment initiation. Eur Neuropsychopharmacol 2009;19:457–65.
Psychopharmakotherapie 2009; 16(06)