Gerontologie

Helles Licht bessert kognitive und nichtkognitive Symptome dementer Menschen


Rosemarie Ziegler, Albershausen

Mit der Installation lichtstarker Lampen lassen sich Schlaf-, Verhaltens- und Gemütsstörungen alter Pflegeheimbewohner positiv beeinflussen. Die Verabreichung von Melatonin erwies sich jedoch nur in Kombination mit Licht als sinnvoll. Dieses Ergebnis hat eine niederländische Studie erbracht.

Altersbedingte Veränderungen des zentralen Schrittmachers der zirkadianen Rhythmik im Nucleus suprachiasmaticus können seelische Störungen verursachen, welche die Lebensqualität alter Menschen herabsetzen und die Pflege erheblich erschweren. Licht und das Hormon Melatonin spielen bei der Steuerung der zirkadianen Rhythmik eine Schlüsselrolle. Ältere Demenz-Patienten können bei verminderter Lichtexposition und reduziertem Melatonin-Spiegel eine gestörte Zeit-Synchronisation haben.

Eine Gruppe niederländischer Wissenschaftler hat deshalb in einer randomisierten Studie mit 189 durchschnittlich 86-jährigen Pflegeheimbewohnern, die zu 90% weiblich und zu 87% dement waren, die Wirkung von Melatonin und einer Lichttherapie auf die kognitiven und nichtkognitiven Symptome der Patienten untersucht.

Die Patienten wurden bis zu 3,5 Jahre lang tagsüber entweder hellem Licht von etwa 1000 Lux oder eher schummrigem Licht (ca. 300 Lux, „Plazebo-Licht“) ausgesetzt. Die Lampen befanden sich im gemeinschaftlichen Wohnzimmer des Pflegeheims. Zusätzlich erhielten die Patienten abends 2,5 mg Melatonin oder Plazebo.

Primärer Studienendpunkt waren kognitive Leistungen der Patienten, bestimmt mit der Mini-Mental State Examination (MMSE). Weitere Endpunkte waren beispielsweise die Stimmungslage, bestimmt mit der Cornell Scale for Depression in Dementia (CSDD), und das Selbstwertgefühl, bestimmt mit der Philadelphia Geriatric Centre Moral Scale (PGCMS). Die Pflegekräfte bewerteten weitere Parameter wie die Stimmung, Alltagsaktivitäten und das Auftreten unerwünschter Arzneimittelwirkungen. Die Schlafdauer und -qualität wurden mit einem Aktimeter bestimmt.

Studienergebnis

Die Lichttherapie erhöhte die kognitiven Leistungen um 0,9 Punkte im Mini- Mental-Status-Test (95%-KI 0,04–1,71), verbesserte die Symptome für Depression und Demenz auf der Cornell-Skala um 19% und verringerte den Anstieg funktioneller Einschränkungen um 1,8 Punkte pro Jahr auf der NI-ADL(Nurse Information Adaption)-Skala (95%-KI 0,61–2,92). Melatonin verkürzte die Einschlafphase um 8,2 Minuten (95%-KI 1,08–15,38) und erhöhte die Schlafdauer um 27 Minuten (95%-KI 9–46). Allerdings beeinträchtigte das Hormon die Werte der PGCAR(Philadelphia Geriatric Centre Affect Rating)-Skala und der Multi Observational Scale for Elderly Subjects (MOSES) negativ.

Nur, wenn Melatonin und Lichttherapie kombiniert wurden, war ein positiver Effekt der Melatonin-Therapie erkennbar. Das aggressive Verhalten der Heimbewohner war um 3,9 Punkte auf dem Cohen-Mansfield-Index (95%-KI 0,88–6,92) (9%) reduziert, die Schlaf-Effektivität stieg um 3,5% (95%-KI 0,8–6,1) und die nächtliche Unruhe verbesserte sich etwas.

Als Konsequenz aus den Ergebnissen empfehlen die Autoren, zur Stimmungsaufhellung und Verlangsamung des kognitiven und funktionellen Verfalls alter Menschen die eindeutig vorteilhafte Langzeit-Lichttherapie einzusetzen, die nebenwirkungsfrei und einfach umzusetzen ist, und Melatonin, wenn überhaupt, nur zusammen mit Licht anzuwenden.

Quelle

Riemersma-van der Lek RF, et al. Effect of bright light and melatonin on cognitive and non-cognitive function in elderly residents of group care facilities. A randomized controlled trial. JAMA 2008;299:2642–55.

Psychopharmakotherapie 2009; 16(02)