Gabriele Blaeser-Kiel, Hamburg
Das mesolimbische dopaminerge Belohnungssystem spielt in der Pathophysiologie der Depression eine wichtige Rolle. Eine Minderaktivität oder Dysfunktion wird mit der Entwicklung von Apathie und Anhedonie in Verbindung gebracht – also affektiven Störungen, die zusammen mit der emotionalen Verstimmung zu den Kardinalsymptomen der Depression gehören.
Diese neurobiologischen Zusammenhänge legen die Vermutung nah, dass sich Dopaminagonisten zur antidepressiven Therapie eignen könnten. Am umfangreichsten ist die Datenlage derzeit für Pramipexol (Sifrol®) mit seiner spezifischen Wirkung auf mesolimbische und orbitofrontale D2-/D3-Rezeptoren. In verschiedenen Tiermodellen konnten ähnliche Effekte nachgewiesen werden wie mit konventionellen Antidepressiva.
In mehreren Untersuchungen zum – indikationsgerechten – Einsatz von Pramipexol bei Parkinsonkranken wurde neben einer signifikanten Reduktion der motorischen Symptome auch eine klinisch relevante Besserung der Stimmung und subjektiven Befindlichkeit dokumentiert. In einer italienischen, randomisierten Studie wurde Pramipexol mit dem selektiven Serotonin-Wiederaufnahmehemmer Sertralin bei 67 Patienten in einem frühen Parkinsonstadium (ohne Bewegungsfluktuationen und Dyskinesien) verglichen. Am Ende des etwa dreimonatigen Beobachtungszeitraums war die Remissionsrate im Pramipexol-Arm sogar signifikant höher als im Sertralin-Arm (61 versus 27%; p=0,006).
Dass der antidepressive Effekt von Pramipexol auch unabhängig vom Vorhandensein eines Parkinsonsyndroms zum Tragen kommt, zeigen die Ergebnisse von Untersuchungen bei Patienten mit bipolarer Depression. Bei diesen randomisierten, doppelblinden und Plazebo-kontrollierten Studien wurde der Dopaminagonist als Add-on-Therapeutikum zu einer nicht ausreichend wirksamen Therapie mit einem Stimmungsstabilisierer (n=21 bzw. n=22) gegeben. In beiden Studien waren die Ansprechraten mit Pramipexol signifikant höher als in den Kontrollgruppen (p=0,02 bzw. p<0,05) (Abb. 1). Außer der für Dopaminagonisten typischen Nausea war die Verträglichkeit gut. Ein Switch in die Manie/Hypomanie wurde nach Augmentation der Therapie mit Pramipexol in beiden Studien in je einem Fall beobachtet.
Abb. 1. Responderrate bei Patienten mit therapierefraktärer bipolarer Depression 6 Wochen nach add-on Pramipexol versus add-on Plazebo zu einem Stimmungsstabilisierer (Carbamazepin, Gabapentin, Lamotrigin, Lithium, Valproinsäure) [nach Goldberg JF et al.]
Quellen
Prof. Dr. med. Matthias Lemke, Hamburg, Satellitensymposium „Parkinson: Neue Modelle, neue Leitlinien, neue Fragen?“, veranstaltet von Boehringer Ingelheim GmbH im Rahmen des 81. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN), Hamburg, 12. September 2008.
Barone P, et al. Pramipexole versus sertraline in the treatment of depression in Parkinson’s disease: a natural multicenter parallel-group study. J Neurol 2006;253:601–7.
Zarate CA, et al. Pramipexole for bipolar II depression: a placebo-controlled proof of concept study. Biol Psychiatry 2004;56:54–60.
Goldberg JF, et al. Preliminary randomized, double-blind, placebo-controlled trial of pramipexole added to mood stabilizers for treatment-resistant bipolar depression. Am J Psychiatry 2004;161:564–6.
Psychopharmakotherapie 2009; 16(02)