Frühe Therapie der Parkinson-Krankheit

Wie sich die Krankheitsprogression verzögern lässt


Abdol A. Ameri, Weidenstetten

Aktuelle Studiendaten zeigen, dass ein früher Therapiebeginn mit dem MAO-B-Hemmer Rasagilin (Azilect®) die Progression der Parkinson-Krankheit verlangsamt. Der Effekt, der sich mit einer Frühtherapie erzielen lässt, kann durch einen verzögerten Behandlungsbeginn nicht mehr aufgeholt werden. Rasagilin besitzt also neben einer symptomatischen auch eine krankheitsmodifizierende Wirkung. Damit kommt der Frühdiagnose künftig eine noch größere Bedeutung zu als bisher.

Neuroprotektive, krankheitsmodulierende Effekte konnten in früheren Studien nicht eindeutig nachgewiesen werden, denn die symptomatische Wirkung der Parkinson-Medikamente kann einen neuroprotektiven Effekt vortäuschen. Für den MAO-B-Inhibitor Rasagilin (Azilect®) erbrachte erstmals die nach dem „delayed start“-Design konzipierte TEMPO-Studie (TVP-1012 in early monotherapy for parkinson’s disease outpatients), an der 404 Patienten teilnahmen, einen starken Hinweis auf ein krankheitsmodifizierendes Potential.

Um die progressionsverzögernde Wirkung von Rasagilin genauer zu untersuchen, wurde die wesentlich größere und länger dauernde ADAGIO- Studie (Attenuation of disease progression with Azilect® given once-daily) durchgeführt. An der Studie nahmen 1176 Patienten mit einem mittleren Wert des Motorik-Scores der Unified Parkinson’s Disease Rating Scale (UPDRS) von 14,2 teil. Sie waren erst seit durchschnittlich 4,5 Monaten an Parkinson erkrankt und noch unbehandelt. In einer ersten Phase wurden sie über 36 Wochen entweder von Anfang an mit 1 oder 2 mg/d Rasagilin („early start“-Gruppe) oder mit Plazebo („delayed start“-Gruppe) behandelt. In einer zweiten Phase erhielten alle Studienteilnehmer für weitere 36 Wochen Rasagilin.

Der primäre Endpunkt basierte auf der UPDRS und wurde in drei Schritten evaluiert (Abb. 1):

Prämotorische Diagnose durch Kombination von Techniken

Zur Erhöhung der Sensitivität ist ein kombinierter Einsatz verschiedener diagnostischer Verfahren erforderlich:

1. Screening mit preiswerten Tests mit hoher Sensitivität

• Olfaktorische Testung (Identifizierung von Personen, die ein hohes Risiko haben, an Morbus Parkinson zu erkranken) • Transkranielle Sonographie (rund 9% aller Personen >60 Jahre weisen Hyperechogenität der Substantia nigra auf; Konversionsrate zum Morbus Parkinson unbekannt)

2. Bestätigung mit Tests mit hoher Sensitivität • DaTSCAN SPECT

– Langzeituntersuchungen belegen prämotorisch messbare Signalreduktion – Konversion zum Morbus Parkinson bei bis zu 26% der Patienten innerhalb von vier Jahren

⇒ Wahrscheinlich sehr hoher prädiktiver Wert

Abb. 1. Ergebnisse der ADAGIO-Studie A. Unterschied in der Steigung der UPDRS-Verläufe während der 36-wöchigen Plazebo-kontrollierten ersten Phase B. Unterschied im UPDRS-Wert am Ende der 36-wöchigen aktiv kontrollierten zweiten Phase C. Unterschied in der Steigung der UPDRS-Kurven zwischen Woche 48 und 72

KI: Konfidenzintervall

  • Unterschied in der Steigung der UPDRS-Verläufe während der 36-wöchigen Plazebo-kontrollierten ersten Phase (A)
  • Unterschied im UPDRS-Wert am Ende der ebenfalls 36-wöchigen aktiv kontrollierten zweiten Phase (B)
  • Unterschied in der Steigung der UPDRS-Kurven zwischen Woche 48 und 72. Die Steilheit des UPDRS-Verlaufs spiegelt die Progressionsgeschwindigkeit wider (C).

Die ersten Ergebnisse zeigen, dass die Frühtherapie mit Rasagilin (1 mg/d) die Progression der Parkinson-Krankheit bremst. Der primäre Endpunkt wurde in allen drei Auswertungsschritten erreicht. Die Patienten, die erst nach 36 Wochen auf Rasagilin umgestellt wurden, konnten das Niveau der früh behandelten Patienten nicht mehr erreichen (Abb. 1). Die UPDRS-Kurven der „early start“- und „delayed start“-Gruppe verlaufen in der zweiten Studienphase bis Woche 72 parallel zueinander, das bedeutet, dass die verzögert behandelten Patienten die früh behandelten nicht mehr einholen konnten. Der Unterschied im UPDRS-Wert nach 72 Wochen ist laut Experten durch eine rein symptomatische Wirkung des MAO-B-Hemmers nicht zu erklären, sondern sei als Beleg für eine krankheitsmodifizierende Wirkung zu werten.

Diagnose noch früher stellen

Für den Erfolg einer progressionsverzögernden Therapie ist eine möglichst frühe Diagnosestellung essenziell. Eines der ersten Symptome der Parkinson-Krankheit sind Riechstörungen. Durch einen olfaktorischen Funktionstest können Veränderungen in der Riechschwelle, der Diskriminierung und Identifikation von Gerüchen gemessen werden. Ein weiteres kostengünstiges und effektives Verfahren ist die transkranielle Sonographie. Bei Parkinson-Patienten findet man schon in sehr frühen Krankheitsstadien ein hyperechogenes Signal in der Substantia nigra. Eine Verdachtsdiagnose müsse in einer multimodalen Diagnostik durch einen kombinierten Einsatz verschiedener Verfahren bestätigt werden (siehe Kasten). Die derzeit übliche pharmakologische Testung, bei der geprüft wird, ob die motorischen Symptome der Parkinson-Krankheit auf eine dopaminerge Stimulation ansprechen, ist für die Frühdiagnostik ungeeignet, denn sie erfordert eine ausreichend starke motorische Symptomatik.

Quelle

Prof. Dr. Alexander Storch, Dresden, Prof. Dr. Günther Deuschl, Kiel. Pressegespräch „Morbus Parkinson im Frühstadium – Wie kann man den Patienten optimal behandeln?“, Berlin, 6. November 2008, veranstaltet von Lundbeck GmbH und TEVA Pharma GmbH.

Psychopharmakotherapie 2009; 16(01)