Antihypertensive Therapie

Kurzfristig kein Schutz vor Demenz


Prof. Dr. Hans Christoph Diener, Essen

Das Auftreten einer Demenz wird durch eine relativ kurz dauernde antihypertensive Therapie nicht vermindert, so das Ergebnis einer Subgruppenanalyse der HYVET-Studie.

Hintergrund

Die HYVET-Studie (Hypertension in the very elderly trial) zeigte eindeutig, dass bei Menschen ab einem Alter von 80 Jahren und systolischen Blutdruckwerten von 160 bis 200 mmHg eine Behandlung mit Indapamid (z. B. Natrilix®) und/oder Perindopril (Coversum®) im Vergleich zu Plazebo vaskuläre Endpunkte signifikant reduziert. In der vorliegenden Subgruppenanalyse wurde untersucht, ob auch kognitive Funktionen beeinflusst werden.

Studiendesign und -ziel

Für die HYVET-Studie wurden 3336 Patienten ab einem Alter von 80 Jahren mit systolischen Blutdruckwerten zwischen 160 und 200 mmHg und diastolischem Blutdruck <110 mmHg rekrutiert. Es handelt sich um eine doppelblinde, Plazebo-kontrollierte Studie. Die Patienten erhielten entweder 1,5 mg/d Indapamid als Monotherapie oder zusätzlich 2 bis 4 mg/d Perindopril. In der Kontrollgruppe wurden die Patienten mit Plazebo behandelt. Der angestrebte systolische Blutdruck war 150 mmHg, der angestrebte diastolische Blutdruck 80 mmHg. Patienten mit klinisch manifester Demenz wurden zu Beginn der Studie ausgeschlossen.

Im Rahmen der Studie wurden bei allen Patienten bei der Randomisierung und anschließend einmal jährlich die Mini-Mental-State-Examination (MMSE) durchgeführt. Eine Demenz wurde bei Patienten mit einem MMSE-Score <24 oder einem Rückgang des Scores um 3 Punkte in einem Jahr angenommen; diese Patienten wurden dann von einem erfahrenen Kliniker untersucht. 3336 Patienten hatten mindestens eine Folgeuntersuchung. Die mittlere Beobachtungszeit betrug 2,2 Jahre.

Studienergebnisse

Die mittlere Reduktion des systolischen Blutdrucks war in der aktiven Behandlungsgruppe um 15 mmHg stärker ausgeprägt als in der Plazebo-Gruppe (p<0,0001). Im Verlauf der Studie traten 263 Fälle einer möglichen Demenz auf, dies entspricht 38 pro 1000 Patientenjahre in der Plazebo-Gruppe und 33 pro 1000 Patientenjahre in der Behandlungsgruppe. Dieser Unterschied war statistisch nicht signifikant (Hazard-Ratio [HR] 0,86; 95%-Konfidenzintervall [95%-KI] 0,67–1,09).

Zusätzlich wurde eine Metaanalyse aller Studien durchgeführt, in denen das Auftreten einer Demenz bei Gabe von Antihypertensiva untersucht wurde. In dieser Metaanalyse zeigt sich eine relative Risikoreduktion für das Auftreten einer Demenz von 13%, die statistisch signifikant war (HR 0,87; 95%-KI 0,76–1,00; p=0,045).

Kommentar

Diese sehr gut geplant durchgeführte Studie zeigt, dass trotz eines im Vergleich zu Plazebo relativ ausgeprägten Effekts von Indapamid und Perindopril auf die Hypertonie, bezogen auf 2,2 Jahre Beobachtungsdauer der Studie, das Neuauftreten einer Demenz nicht verhindert werden kann. Hauptkritikpunkt an dieser wie an vielen anderen Studien ist allerdings, dass mit Sicherheit die Beobachtungsdauer viel zu kurz war. Wahrscheinlich müssten Studien dieser Art und mit dieser Fragestellung über einen Mindestzeitraum von 5 Jahren durchgeführt werden. Dafür spricht auch, dass die einzige Studie, die bisher positiv war, eine 5-jährige Beobachtungszeit hatte.

Quelle

Peters R, et al. HYVET investigators. Incident dementia and blood pressure lowering in the hypertension in the very elderly trial cognitive function assessment (HYVET-COG): a double-blind, placebo controlled trial. Lancet Neurol 2008;7:683–9.

Psychopharmakotherapie 2009; 16(01)