Piribedil: ein neuer, bekannter Dopaminagonist


Wolfgang H. Jost, Wiesbaden, Katrin Kuhn und Martina Wangemann, Hamburg

Piribedil ist ein neuer Non-Ergot-Dopaminagonist, der seit November 2007 auf dem deutschen Markt erhältlich ist. International wird die Substanz bereits seit vielen Jahren erfolgreich eingesetzt. Bei dem Wirkstoff Piribedil handelt es sich um einen nicht-ergolinen D2/D3-Rezeptoragonisten, der zusätzlich antagonistisch auf präsynaptische a2A+C-noradrenerge Rezeptoren wirkt. Die Substanz ist sowohl zur Monotherapie als auch zur Kombinationstherapie mit Levodopa zugelassen und ist in einer Dosisstärke von 50 mg verfügbar. In der Monotherapie sind bis zu 250 mg/d, in der Kombinationstherapie 150 mg/d zugelassen. Piribedil wirkt gegen alle motorischen Kernsymptome der Parkinson-Krankheit und hat möglicherweise einen positiven Effekt auf die Vigilanz. Das Nebenwirkungsspektrum ist vergleichbar mit dem anderer Dopaminagonisten, wobei kardiale Fibrosen nicht zu befürchten sind. Piribedil (Clarium®) erweitert unser therapeutisches Spektrum und ist eine interessante neue Therapieoption neben den bereits im Markt verfügbaren Dopaminagonisten.
Schlüsselwörter: Piribedil, Dopaminagonist, Parkinsontherapie
Psychopharmakotherapie 2008;15:102–9.

Dopaminagonisten stellen in der Parkinsontherapie neben Levodopa mittlerweile die wichtigste Therapieform dar. In der Frühphase sind diese, insbesondere bei jüngeren Patienten, sogar zu bevorzugen. Dabei stehen verschiedene Präparate zur Verfügung, die sich in Wirkung und unerwünschten Wirkungen unterscheiden. Allgemein gilt, dass nichtergoline Dopaminagonisten primär einzusetzen sind.

Piribedil ist seit November 2007 in Deutschland verfügbar und erweitert das therapeutische Spektrum. Dabei können wir auf die umfangreichen und jahrelangen Erfahrungen in Ländern zurückgreifen, in denen Piribedil bereits erfolgreich bei Patienten mit Parkinson-Krankheit eingesetzt wird. Piribedil (Clarium®) ist in Deutschland sowohl zur Monotherapie als auch zur Kombinationstherapie mit Levodopa zugelassen.

Pharmazeutische Eigenschaften

Piribedil, [(Methylendioxy-3,4-benzyl)-4-piperazinyl-1]-2 pyrimidin (Abb. 1), ist als Retardtablette verfügbar. Es handelt sich um rote, runde, linsenförmige, nicht teilbare, nicht suspendierbare Tabletten. Eine Retardtablette enthält 50 mg Piribedil.

Abb. 1. Piribedil

Summenformel: C16H18N4O2

Molekulargewicht: 298,34 g/mol

Pharmakologie

Rezeptorbindungsprofil

Piribedil ist ein Dopaminagonist mit etwa gleich starker Affinität zu D2- und D3-Rezeptoren und antagonistischer Aktivität an a2A+C-Adrenorezeptoren [28–30]. Die Substanz bindet dabei sowohl an post- als auch präsynaptische Dopaminrezeptoren [15, 45], was auch in entsprechenden Tiermodellen gezeigt wurde. Die Interaktion mit präsynaptischen a2-Rezeptoren führt zu einem Anstieg der noradrenergen Neurotransmission [29]. Die Blockade von a2-Rezeptoren soll zu einer Verbesserung von Kognition, Stimmung und motorischer Performance führen [20, 22, 31].

Piribedil weist keine Affinität zu D1- und 5-HT2B-Rezeptoren auf. Ein Risiko für Fibrosen ist nach den Ergebnissen der Rezeptorenstudien daher unwahrscheinlich.

Resorption, Verteilung, Metabolisierung und Elimination

Piribedil wird im menschlichen Organismus nahezu vollständig absorbiert und extensiv verteilt. Nach Einnahme der Piribedil-Retardtablette werden maximale Plasmakonzentrationen nach 3 bis 6 Stunden erreicht. Die Plasmakonzentrationen unterliegen sowohl nach Einmal- als auch nach Mehrfachgabe einer hohen Variabilität [21]. Piribedil wird mäßig an Plasmaproteine gebunden (70–80%) und weist daher ein geringes Risiko für Arzneimittelinteraktionen auf [42].

Piribedil wird extensiv hepatisch metabolisiert. Nach In-vitro-Untersuchungen scheint die Metabolisierung vorwiegend über Cytochrom P450 (CYP) 2D6 und CYP2C18/19 zu erfolgen, sowohl die Hydroxylierung als auch die Catecholbildung (Spaltung der Methylendioxy-Gruppe zu zwei benachbarten Hydoxyl-Gruppen). Ist die Aktivität von CYP2D6 und/oder CYP2C18/19 gering, kann die Metabolisierung möglicherweise auch von anderen Isoenzymen, insbesondere CYP1A2 übernommen werden [7].

Piribedil wird zu den folgenden drei, weitgehend unwirksamen, Hauptmetaboliten verstoffwechselt [5, 11, 14]:

Monohydroxyliertes (S3473) Derivat, das in freier Form im Urin sowie auch als Sulfat- und Glucuronid-Konjugat vorliegt.

Dihydroxyliertes (S584) Derivat, das im Urin als Sulfat- und Glucuronid-Konjugat vorliegt.

Trihydroxyliertes (S34470) Derivat, das im Urin als Sulfat-Konjugat zu finden ist.

Vom Derivat S584 kommen auch geringe Mengen als p-Hydroxymethyl-S584 als Glucuronid-Konjugat vor.

Die drei Hauptmetaboliten konnten auch in einer Untersuchung bei zwei Parkinson-Patienten unter Langzeittherapie mit Piribedil-50-mg-Retardtabletten nachgewiesen werden [16].

Die extensive hepatische Metabolisierung von Piribedil ist Ursache für eine hohe Clearance und die vergleichbar geringe Bioverfügbarkeit. Die orale Bioverfügbarkeit von Piribedil ist folglich sehr niedrig und liegt ≤1%.

75% des absorbierten Piribedils werden vorwiegend in Form von Metaboliten über die Nieren ausgeschieden. Die Plasmaelimination erfolgt in zwei Phasen, einer ersten Initialphase und einer zweiten, langsameren Phase. Letztlich resultieren gleichmäßige Plasmakonzentrationen von Piribedil über 24 Stunden unter Steady-State-Bedingungen [9]. Eine zusammenfassende Analyse verschiedener Studien [6] nach i.v. Gabe ergab eine mittlere Halbwertszeit von 12 Stunden nach Einmaldosierung, unabhängig von der verabreichten Dosis. Im Steady-State nach 30-tägiger Applikation von Piribedil-50-mg-Tabletten beträgt die Halbwertszeit etwa 21 Stunden [3]. Während einer Langzeittherapie mit Piribedil bleibt die Wirkstoffplasmakonzentration auf konstantem Niveau [8].

Dosis-Wirkungs-Beziehung

Bei den Dopaminagonisten stellt sich immer wieder die Frage, ob es eine Schwellendosis für den Wirkungseintritt gibt und ein Ceiling-Effekt vorliegt, also das Phänomen, dass oberhalb einer bestimmten Dosis durch weitere Dosissteigerung kein zusätzlicher linearer Therapieeffekt festgestellt werden kann.

In einer Studie von Truelle et al. [44] wurde in einem offenen, nicht kontrollierten Design die Wirksamkeit von Piribedil auf die motorische Symptomatik bei oraler Gabe in einem Dosisbereich von 100 mg bis 450 mg/d untersucht. Insgesamt erhielten 60 Patienten Piribedil in einer durchschnittlichen Tagesdosis von 274 mg in Monotherapie über durchschnittlich 24 Monate. Die Tagesdosis wurde abhängig von der klinischen Wirkung individuell gesteigert. Es fand sich eine unterschiedliche Ansprechbarkeit mit Tagesdosierungen zwischen 120 und 450 mg. Bei der Analyse zeigte sich, dass klinische Effekte ab einer Tagesdosis von 120 mg Piribedil nachweisbar sind. Diese Effekte lassen sich durch weitere Dosissteigerung noch verstärken. Ab einer Tagesdosis von 350 mg konnte durch weitere Dosissteigerung nur noch eine marginale bis gar keine Verbesserung der Wirksamkeit erreicht werden [44].

Im Rahmen einer neueren randomisierten, Plazebo-kontrollierten Doppelblindstudie wurde der akute Effekt von Piribedil nach einmaliger i.v. Gabe auf die Akinese (On-/Off-Zeiten) sowie die motorische Symptomatik anhand Teil III (Item 18–31) der Unified Parkinson’s Disease Rating Scale (UPDRS) in unterschiedlichen Dosierungen (2, 4, 8 und 16 mg) an elf Parkinsonpatienten untersucht. Neben der klinischen Bewertung der Symptomatik wurden die Plasmakonzentrationen bis zu 12 Stunden nach Applikation mehrfach bestimmt und es konnte in dem untersuchten Dosisbereich eine lineare Pharmakokinetik nachgewiesen werden. Mit allen Dosierungen trat der akute Effekt auf die klinische Symptomatik innerhalb von 15 min ein, jedoch fand sich eine klare Dosisabhängigkeit bei der Dauer des Effekts. Diese zeigte sich beispielsweise bei der mittleren Dauer der On-Zeiten (nach vorherigem Off), die von ~1 Stunde unter Plazebo auf >3 Stunden nach Einmalgabe von 16 mg Piribedil i.v. dosisabhängig zunahm [6].

Klinische Wirksamkeit

Die klinische Wirksamkeit von Piribedil auf die Kernsymptome Akinese, Rigor und Tremor beim idiopathischen Parkinsonsyndrom (IPS) wurde in verschiedenen Studien, sowohl in Mono- als auch in Kombinationstherapie mit Levodopa, belegt. Die wichtigsten Studien werden nachfolgend kurz zusammengefasst (Tab. 1).

Tab. 1. Zusammenfassung der wichtigsten Studien

Publikation

Patienten

Piribedil-Behandlung

Studiendesign

[n]

Tagesdosis

Dauer

Sweet [40]

20

40–300 mg

4 Wochen

Plazebo, cross-over, doppelblind

Callaghan [10]

15

80–320 mg

12 Wochen

Plazebo, cross-over, doppelblind

Ziegler [47]

115

150 mg

6 Monate

Plazebo, Parallelgruppe, doppelblind

Kwieczinski [23]

273

150 mg

6 Monate

Plazebo, Parallelgruppe, doppelblind

Salazar-Tortolero [38]

62

150 mg

9 Monate

Plazebo, Parallelgruppe, doppelblind

Casto-Caldas
CONTROL-Study [12]

425

150 mg

12 Monate*

Bromocriptin, Parallelgruppe, doppelblind

Rascol
REGAIN-Study [36]

405

150–300 mg

7 Monate*

Plazebo, Parallelgruppe, doppelblind

* 24-Monats-Extensionsphase

Monotherapie mit Piribedil

Zur Monotherapie mit Piribedil liegen eine große, Plazebo-kontrollierte (REGAIN-Studie) und eine offene Studie [37] vor.

REGAIN-Studie [26, 35, 36]

Die REGAIN-Studie (Early treatment of idiopathic Parkinson disease with the dopaminergic agonist trivastal 50 retard in monotherapy) ist eine internationale, multizentrische, randomisierte, doppelblinde, Plazebo-kontrollierte Parallelgruppenstudie zur Wirksamkeit von Piribedil in der Monotherapie bei De-novo-Parkinsonpatienten. Diese durften vor Beginn der Studie maximal drei Monate mit einem Dopaminagonisten und maximal sechs Wochen mit Levodopa vorbehandelt sein. 204 Patienten erhielten Plazebo und 197 Piribedil in einer individuell wirksamen Tagesdosierung zwischen 150 und 300 mg. Innerhalb der ersten sechs Wochen durften die Patienten kein Levodopa erhalten, nach dem 42. Tag war eine offene „Rescue“-Komedikation mit Levodopa erlaubt, sofern diese notwendig war. Die Studiendauer betrug insgesamt zwei Jahre. Eine erste Zwischenauswertung erfolgte nach sieben Monaten.

Primäres Studienendziel für die 7-Monats-Auswertung war die Veränderung in der UPDRS (Teil III) gegenüber dem Ausgangswert. Sekundäre Studienziele umfassten die Responderrate (Verbesserung >30% zum Ausgangswert), sämtliche UPDRS-III-, -IV-, -V- und -VI-Subscores, UPDRS Teil II (ADL), die Zeit bis zum Einsatz von Levodopa, Montgomery Åsberg Depression Rating Scale (MADRS), Beck’s Depression Inventory total Scores, den Parkinson’s Disease Quality of Life Questionnaire (PDQL) sowie Aspekte der kognitiven Funktion und Vigilanz auf Basis verschiedener Testsysteme. Die statistische Auswertung erfolgte auf Basis einer Intention-to-treat(ITT)- sowie einer Per-Protocol(PP)-Analyse.

Die Patienten waren zwischen 30 und 77 Jahre alt und befanden sich im Stadium I bis III nach Hoehn & Yahr (H&Y). Insgesamt 187 Patienten der Piribedil- und 199 der Plazebo-Gruppe gingen in die ITT-Analyse ein. Den gesamten Studienzeitraum von sieben Monaten durchliefen 179 (88%) Patienten der Plazebo- und 157 (80%) der Verum-Gruppe. Zum Zeitpunkt der Auswertung lag die mittlere Tagesdosierung von Piribedil bei 240±55 mg. Die motorischen Funktionen im UPDRS III (ITT-Analyse) verbesserten sich signifikant (p<0,0001) unter Piribedil (–4,9±9,8), während in der Plazebo-Gruppe eine Verschlechterung eintrat (+2,6±8,9). Auch der Anteil der Responder war in der Verum-Gruppe signifikant größer (42% Piribedil versus 14% Plazebo, p<0,001). Der Teil II der UPDRS zeigte unter Piribedil ebenfalls eine signifikante Verbesserung.

Unter Piribedil verbesserten sich zudem alle UPDRS-Subscores signifikant.

Der Anteil der Patienten, der innerhalb des Studienzeitraums von sieben Monaten zusätzlich Levodopa benötigte, lag in der Plazebo-Gruppe signifikant höher (40% Plazebo versus 17% Piribedil, p=0,0001).

Hinsichtlich der Verträglichkeit berichteten 69% der Patienten in der Verum-Gruppe und 57% der Plazebo-Patienten über mindestens ein unerwünschtes Ereignis, ein Abbruch der Medikation war jedoch nur bei 2% (Plazebo) bzw. 7,5% (Piribedil) die Folge. Bei Piribedil dominierten die gastrointestinalen Symptome (31% versus 14% Plazebo) sowie psychiatrische Nebenwirkungen (23% versus 18%).

Zusammenfassend erwies sich Piribedil in der Plazebo-kontrollierten Studie über sieben Monate als wirksam und verträglich in der Monotherapie von De-novo-Parkinson-Patienten. Die motorische Kernsymptomatik (Tremor, Rigor, Bradykinese und axiale Symptome) verbesserte sich unter einer Dosierung von 150 bis 300 mg/d signifikant. In der UPDRS III zeigte sich im Vergleich zu Plazebo eine globale Verbesserung um 7,3 Punkte (p=0,0001). Durch den frühzeitigen Einsatz von Piribedil konnte auch der Einstieg in die Levodopa-Therapie hinausgezögert werden.

Die Daten zum 2-Jahres-Verlauf der Studie wurden anlässlich des EFNS-Kongresses in Athen 2005 erstmals präsentiert [27]. Als primäres Studienziel war die Zeit bis zum Auftreten motorischer Komplikationen (wearing-off, on/off, Dyskinesien) definiert. Sekundäre Studienziele waren die UPDRS II und III sowie der Levodopa-Einspareffekt. Die mittlere Piribedil-Tagesdosis lag am Ende der Studie bei 250±55 mg. Sofern eine Levodopa-Therapie im Verlauf der 24-monatigen Behandlung notwendig wurde (ab Tag 42 erlaubt), blieb die Piribedil-Dosis konstant und wurde nicht reduziert. Unter Piribedil erhielten nur 32% der Patienten zusätzlich Levodopa, in der Plazebo-Gruppe dagegen 64% (p<0,001), wodurch ein deutlicher Einspareffekt von Levodopa unter Piribedil erreicht wurde. Die Levodopa-Tagesdosierung lag zum Studienende bei beiden Gruppen in einem vergleichbaren Bereich (Piribedil 409±196 mg/d versus Plazebo 413±178 mg/d). Unter Piribedil ergab sich eine wesentlich bessere Kontrolle der Parkinson-Symptomatik: Der Punktwert verbesserte sich im UPDRS III signifikant um 3,49 (p<0,001) und UPDRS II tendenziell um 0,9 (p=0,067) im Vergleich zum Ausgangswert und Plazebo. Piribedil verringerte das Risiko für motorische Komplikationen im Beobachtungszeitraum. Die häufigsten angegebenen unerwünschten Ereignisse unter Piribedil waren Übelkeit (14% versus 6% Plazebo), orthostatische Hypotension (9% versus 7% Plazebo) und Halluzinationen (10% versus 1% Plazebo).

Rondot und Ziegler [37]

In der älteren, offenen Studie wurden 113 De-novo-Patienten im Alter zwischen 43 und 79 Jahren untersucht. Die Patienten im Stadium I bis III nach H&Y erhielten Piribedil über drei Monate in Tagesdosierungen von 150 bis 250 mg, verteilt auf drei Einzeldosen. Insgesamt beendeten 90 Patienten die Studie. Die Abnahme des Schweregrads der Krankheit wurde auf Basis der Webster-Skala ermittelt.

Zu Beginn der Therapie mit Piribedil betrug der Webster-Gesamtscore 9,9±0,5, nach einem Monat 6,4±0,4 und nach drei Monaten 6,0±0,5. Insgesamt wurde eine signifikante Abnahme des Gesamtscores um 39% (p≤0,001) erreicht und 6 Items wurden signifikant verbessert: Bradykinese der Hände, Gang, Ruhetremor, Gesichtsausdruck, Armschwingung und Rigidität.

Auch im HARD-Depression-Diagramm war eine Verbesserung zu verzeichnen. Der Gesamtsummenscore nahm um 28% (p<0,001) ab, die Items Stimmung und „Retardation“ um 28 bzw. 38%.

Häufig berichtete unerwünschte Ereignisse waren in dieser Studie: gastrointestinale Beschwerden (Übelkeit und Erbrechen), Schwindel und Schläfrigkeit.

Piribedil in Kombination mit Levodopa

CONTROL-Studie [12, 13]

In der internationalen, multizentrischen, doppelblinden CONTROL-Studie (Comparison of trivastal 50 mg LP and bromocriptine in early combination with L-Dopa in PD) wurde die Wirksamkeit von Piribedil im Vergleich zu Bromocriptin in der Kombination mit Levodopa über 12 Monate untersucht. Dieser direkte Parallelgruppenvergleich schloss 425 Patienten mit einem IPS ein, die randomisiert den Gruppen zugeordnet wurden (n=210 Piribedil; n=215 Bromocriptin). An dieser Studie nahmen auch etliche deutsche Patienten teil. Die Patienten erhielten bereits vor Beginn der Studie Levodopa (+ Decarboxylasehemmer) über drei Monate bis maximal fünf Jahre in einer Dosierung von ≤600 mg/d. Die motorischen Funktionen waren jedoch unter dieser Medikation unzureichend kontrolliert, so dass eine Therapieoptimierung mittels einer Add-on-Therapie erforderlich war. Die Patienten wurden dazu randomisiert und schrittweise auf eine fixe Tagesdosis von 150 mg Piribedil oder 25 mg Bromocriptin eingestellt. Bis zum 28. Studientag durfte die Levodopa-Dosierung nicht verändert und erst danach bei klinischer Notwendigkeit angepasst werden. Zur Linderung gastrointestinaler Beschwerden erhielten die Patienten Domperidon (60 mg/d) zwei Tage vor der ersten Einnahme und im Laufe der ersten zwei Wochen Therapie mit den Dopaminagonisten.

Primäres Studienziel war die Verbesserung der UPDRS III in der ITT-Population nach 12 Monaten im Vergleich zum Basiswert. Daneben wurde auch die Responderrate ermittelt, definiert als mindestens 30%ige Verbesserung der UPDRS III bei der letzten Beobachtung. Sekundäre Endpunkte waren: Levodopa-Dosis, Schweregrad der Erkrankung (H&Y-Stadium), UPDRS II (ADL), CGI und Lebensqualität. Bei 178 Patienten wurden zusätzlich Aspekte der kognitiven Leistungsfähigkeit und Vigilanz während der Studienlaufzeit mihilfe einer speziellen Testbatterie ermittelt.

Von 76,7% der eingeschlossenen Patienten im Alter zwischen 40 und 77 Jahren und im Stadium I bis III nach H&Y konnten vollständige 1-Jahres-Daten erhoben werden.

In beiden Verum-Gruppen zeigte sich eine vergleichbar starke Verbesserung der UPDRS III ab dem 42. Behandlungstag über den gesamten Beobachtungszeitraum von 12 Monaten (Bromocriptin: –8 Punkte, Piribedil: –7,9 Punkte). Insgesamt wurde in beiden Gruppen eine Verbesserung der motorischen Symptomatik von rund 35% erreicht. Dabei ergaben sich keine Unterschiede in der Wirksamkeit auf einzelne Subscores der UPDRS III wie beispielsweise Tremor oder Rigor. Der Anteil der Responder betrug unter Piribedil 60,8% und unter Bromocriptin 58,1%.

Auch bei den sekundären Studienzielen ergaben sich keine signifikanten Unterschiede. In beiden Gruppen wurde die Levodopa-Dosis nur moderat erhöht. Insgesamt erschienen beide Dopaminagonisten in der gewählten Tagesdosierung wirkäquivalent.

Schwere gastrointestinale Störungen, die zum Abbruch der Therapie führten, traten unter Bromocriptin häufiger auf als unter Piribedil (6,5% versus 5,2%). Halluzinationen waren unter der Therapie mit Piribedil etwas häufiger (2,9% versus 1,4%). Insgesamt ergaben sich die für Dopaminagonisten typischen Nebenwirkungsprofile. Besondere Risiken waren nicht ersichtlich.

CONTROL-Studie: Kognition [12, 34]

Ein weiterer Zielparameter in der CONTROL-Studie war die Entwicklung der Kognition unter Piribedil und Bromocriptin. Die Erhebung der kognitiven Leistungsfähigkeit erfolgte hierzu nach 3, 6 und 12 Monaten über eine spezielle Testbatterie: Stroop-Test, Semantic und Lexical Fluency, Wechsler Adult Intelligence Scale-Revised, Wisconsin Card Sorting Test (WCST), Benton Visual Retention Test. Es wurden insgesamt 178 Patienten (ohne testpsychologische Anzeichen einer Demenz oder Depression) untersucht. Nach 12 Monaten war der kognitive Status in beiden Verum-Gruppen im Wesentlichen unverändert. Im WCST wurde jedoch eine signifikante Verbesserung der Patienten in der Piribedil-Gruppe erzielt. Dies betraf insbesondere die jüngeren Parkinson-Patienten (50 bis 70 Jahre). Mit dem WCST können frühe kognitive Einschränkungen erfasst werden, da dieser Test alle kognitiven Prozesse für die exekutiven Funktionen anspricht. Möglicherweise ist der positive Effekt von Piribedil im WCST auf die zentrale a2-antagonistische Wirkungskomponente zurückzuführen, die zu einem Anstieg der Noradrenalin- und Acetylcholinkonzentration im frontalen Kortex führt.

CONTROL-Studie: 2-Jahres-Daten [2]

Bei 52 Patienten (n=27 Piribedil; n=25 Bromocriptin) der CONTROL-Studie konnte die Studie noch weitere 12 Monate doppelblind fortgeführt werden. Die Dosierungen von Piribedil und Bromocriptin blieben während der Verlängerungsphase unverändert, die tägliche Levodopa-Dosis konnte dagegen nach Bedarf angepasst werden. Die Wirksamkeit der Medikation wurde auf Basis der ITT-Population mit der UPDRS III dokumentiert.

In beiden Verum-Gruppen kam es, wie bereits nach 12 Monaten, zu einer vergleichbaren Reduktion im UPDRS III. Unter Piribedil ergab sich jedoch eine signifikant geringere tägliche Levodopa-Dosis im Vergleich zu Bromocriptin: Nach 24 Monaten lag die mittlere Levodopa-Tagesdosis in der Bromocriptin-Gruppe etwa 50 mg höher als in der Piribedil-Gruppe (434 mg versus 382 mg, p<0,05).

Ziegler et al. [46–48]

In einer weiteren internationalen, multizentrischen, randomisierten, doppelblinden und Plazebo-kontrollierten Parallelgruppenstudie wurde die Effizienz von Piribedil als Add-on-Therapie zu Levodopa bei Parkinson-Patienten ohne Fluktuation untersucht. Die 115 in die Studie eingeschlossenen Patienten mit IPS (n=61 Piribedil, n=54 Plazebo) im Alter zwischen 35 und 75 Jahren wiesen eine Krankheitsdauer von weniger als zehn Jahren auf und befanden sich im Stadium I bis III nach H&Y. Alle waren während einer Therapie mit Levodopa (<800 mg/d) unzureichend motorisch kontrolliert.

Piribedil wurde in den ersten vier Wochen der Studie schrittweise bis auf 150 mg/d erhöht und anschließend für die verbleibende Studiendauer (6 Monate) beibehalten. Die Levodopa-Dosierung blieb bis zum 4. Monat konstant und konnte danach angepasst werden.

Die Wirksamkeit in der UPDRS III war primäres Studienziel. Daneben wurde die Responderrate, definiert als 30%ige Reduktion im UPDRS Teil III gegenüber dem Ausgangswert, ermittelt.

Unter Piribedil war eine deutliche Verbesserung in der UPDRS-III-Skala zu verzeichnen. Signifikanz wurde im Vergleich zu Plazebo nach sechs Monaten erreicht. In der Subgruppe der Patienten vom akinetischen Typ ergab sich bereits nach vier Monaten eine signifikante Verbesserung im UPDRS III (–10,1 Piribedil versus –1,4 Plazebo, p=0,03). Auch der Anteil der Responder (%) war unter Piribedil sowohl nach vier als auch nach sechs Monaten signifikant höher als unter Plazebo. – Die Medikation wurde gut toleriert. Blutdruck und Herzfrequenz blieben unbeeinträchtigt. Unter Piribedil traten hauptsächlich gastrointestinale Störungen auf (44% Piribedil versus 24% Plazebo), die in einigen Fällen zum Absetzen der Medikation führten. Über Tagesmüdigkeit berichteten nur zwei Patienten, Schlafattacken traten nicht auf.

RESTORE-Studie [18, 23, 24]

Diese internationale, randomisierte, Plazebo-kontrollierte, doppelblinde Parallelgruppen-Studie mit dem primären Ziel der Evaluierung der Wirksamkeit von Piribedil bei früher Add-on-Therapie zu Levodopa wurde in 19 Zentren in vier Ländern durchgeführt. Nach einer einfachblinden zweiwöchigen Run-in-Phase schloss sich eine sechsmonatige doppelblinde Beobachtungsphase an. Optional konnten die Teilnehmer über weitere sechs Monate dokumentiert werden.

Patienten mit IPS (n=273) im Alter zwischen 40 und 75 Jahren im Stadium I bis III nach H&Y, die seit maximal zwei Jahren Levodopa erhielten und damit unzureichend therapiert waren, wurden entweder der Plazebo- oder der Piribedil-Gruppe zugeordnet. Während die Levodopa-Behandlung in den ersten 42 Tagen unverändert fortgeführt wurde, erfolgte die Einstellung auf Piribedil unter schrittweiser Erhöhung der Tagesdosis innerhalb der ersten vier Wochen, bis zu einer Gesamtdosis von 150 mg/d. Zur Reduktion der gastrointestinalen Beschwerden erhielten die Patienten (Plazebo- und Verum-Gruppe) in den ersten 14 Tagen Domperidon (20 mg 3-mal täglich). Danach konnte die Domperidon-Therapie angepasst oder abgesetzt werden, je nach dem verbleibenden Beschwerdebild. Die Messung der Wirksamkeit der Medikation erfolgte über folgende Instrumente: UPDRS II, III, V, VI; HDRS, MMS, CGI, SF-36, sowie Skalen zur Erfassung der Kognition. Primäres Studienziel war die Wirksamkeit auf die motorischen Symptome nach UPDRS III im Vergleich zum Ausgangswert. Sekundäre Ziele: Responderrate (mind. 30% Reduktion der UPDRS Teil III), Subskalen der UPDRS III, UPDRS-II-Gesamtscore (ADL), CGI, SF-36, Kognition, H&Y-Stadium, Änderungen Levodopa-Dosierung, HDRS-Score, MMS.

Nach sechs Monaten zeigte sich hinsichtlich des primären Studienziels (Gesamtscore UPDRS III) eine signifikante Verbesserung unter Piribedil in der ITT-Population.

Zu den sekundären Studienzielen waren folgende Ergebnisse zu verzeichnen:

UPDRS-III-Subskalen: Insbesondere in den Subskalen Rigidität, Bradykinesie, Haltung und Gang traten im Vergleich zu Plazebo signifikante Verbesserungen unter Piribedil ein

UPDRS II (ADL): Die Aktivitäten des täglichen Lebens wurden durch Piribedil signifikant verbessert, nicht jedoch unter Plazebo (3,1±3,9 Piribedil versus –1,4±3,7 Plazebo)

Tägliche Levodopa-Dosis: Eine geringe Erhöhung war während der Beobachtungszeit in beiden Gruppen notwendig, jedoch fiel diese unter Piribedil geringer aus (5±52 mg Piribedil versus 21±76 mg Plazebo)

Responderrate (mind. 30% Reduktion im UPDRS-III-Gesamtscore): 61,5% unter Piribedil und 50% unter Plazebo

HDRS: In der Hamilton-Depressions-Skala trat in beiden Gruppen eine Besserung ein (–1,3±2,9 Piribedil versus –0,8±3,0 Plazebo)

H&Y-Stadium: Die Veränderung betrug unter Piribedil –0,28±0,45 und unter Plazebo –0,08±0,44

MMS, CGI, SF-36, Kognition: keine wesentlichen Unterschiede in den Gruppen

Die Kombination von Piribedil und Levodopa wurde gut toleriert. Die am häufigsten beklagten unerwünschten Ereignisse unter Piribedil waren gastrointestinale Störungen (15,4% Piribedil versus 8% Plazebo). Unter Piribedil war die Inzidenz für Somnolenz gering (2,2%), plötzliche Schlafattacken traten nicht auf.

Salazar-Tortolero et al. [38]

In diesem randomisierten, Plazebo-kontrollierten, doppelblinden Parallelgruppenvergleich mit insgesamt 62 Parkinson-Patienten (>55 Jahre, Stadium I–III nach H&Y), deren Symptomatik unter Levodopa unzureichend kontrolliert war, erhielten 32 Patienten zusätzlich 150 mg Piribedil/Tag und 30 Plazebo. Die Untersuchungen zur Wirksamkeit erfolgten nach 3, 6 und 9 Monaten. Primäre Endpunkte der Studie waren die Veränderungen im UPDRS II und III. Patienten unter Piribedil zeigten eine Verbesserung im UPDRS-II-Gesamtscore von 37,8% (Plazebo +1,6%; p<0,01) und UPDRS III von 63,2% (Plazebo +2,8%; p<0,01) am Ende der Studie. Auch die Subscores Ruhetremor, Rigor, Fingerbeweglichkeit und Beinbeweglichkeit verbesserten sich signifikant. Als unerwünschte Nebenwirkungen traten Übelkeit, Erbrechen, sowie Tagesmüdigkeit auf. In der Piribedil-Gruppe traten diese Nebenwirkungen nicht häufiger auf als in der Plazebo-Gruppe.

Callaghan et al. [10]

In dieser älteren, vergleichsweise kleinen randomisierten, doppelblinden Cross-over-Studie versus Plazebo wurden n=15 Patienten mit IPS im Alter zwischen 52 und 76 Jahren über 12 Wochen mit Piribedil in Kombinationstherapie mit Levodopa oder Amantadin behandelt. Piribedil wurde in dieser Studie stufenweise in 20-mg-Schritten bis auf maximal 320 mg/d erhöht. Die Evaluation der Symptome erfolgte mit der Columbia University Modified Rating Scale, welche die Symptome Tremor, Rigidität, Akinese, Gang, Sprechweise, Gesichtsausdruck und Fingerbeweglichkeit erfasst.

Unter der Kombinationstherapie von Piribedil und Levodopa verbesserten sich die Parameter Akinese, Gang, Sprache und Gesichtsausdruck im Vergleich zu Plazebo signifikant (p<0,05). Unter Piribedil und Amantadin kam es zu einer Verbesserung der Akinese, des Gesichtsausdrucks und der Fingerbeweglichkeit (p<0,01), während gleichzeitig ein deutlicher Plazebo-Effekt auf das Sprechen ersichtlich war.

Unerwünschte Ereignisse traten unter der Kombination von Piribedil mit Levodopa häufiger auf als unter der Kombination von Piribedil mit Amantadin. Als unerwünschte Ereignisse wurden vorwiegend gastrointestinale Beschwerden und Nebenwirkungen des zentralen Nervensystems genannt.

Sweet et al. [40]

In dieser ebenfalls älteren, randomisierten, doppelblinden Cross-over-Studie versus Plazebo mit einer geringen Patientenzahl wurden 20 ambulante Parkinson-Patienten mit einer mittleren Krankheitsdauer von zehn Jahren behandelt. Sechs Patienten wurden dabei ausschließlich mit Piribedil therapiert, 14 erhielten außerdem Levodopa und weitere fünf Patienten zusätzlich Anticholinergika.

Die Piribedil-Dosis wurde stufenweise von 40 bis auf 300 mg/d erhöht und in der Enddosierung für einen Zeitraum von vier Wochen beibehalten. Die Evaluation der klinischen Wirksamkeit erfolgte anhand der Cornell-Skala.

Das Alter der Patienten lag zwischen 48 und 77 Jahren und der Schweregrad im Stadium I bis IV nach H&Y. Nach vier Wochen zeigte sich eine signifikante Besserung in der Cornell-Skala unter Piribedil (p<0,01) im Vergleich zum Ausgangswert (–26%) sowie zu Plazebo (–44%). Unter Plazebo verschlechterte sich der Score von 80±33 auf 91±39 Punkte. Der Piribedil-Effekt war unabhängig von einer Mono- oder Kombinationstherapie mit Levodopa/Anticholinergika. Die größte Wirkung hatte Piribedil auf den Ruhetremor. Als unerwünschte Nebenwirkungen wurden von den Patienten Übelkeit, Schläfrigkeit und Verwirrung angegeben.

Vergleich mit anderen Dopaminagonisten

Zum Wirksamkeitsvergleich mit weiteren Dopaminagonisten können derzeit nur Ergebnisse aus der Literatur herangezogen werden, da direkte Vergleichsstudien fehlen. Tabelle 2 zeigt einen indirekten Vergleich der Wirkung nach verschiedenen Plazebo-kontrollierten Studien [nach 36].

Tab. 2. Besserung motorischer Parkinsonsymptome durch Dopaminagonisten in Plazebo-kontrollierten Studien

Dopaminagonist

Verbesserung im UPDRS III vs. Plazebo (Punkte)

Piribedil

7,26

Ropinirol [1]

5

Pramipexol [39]

6

Pergolid [4]

5

Rotigotin [33]

4

Auch wenn eine Vergleichbarkeit der Studienergebnisse aufgrund der zum Teil etwas unterschiedlichen Studiendesigns nur indirekt und eingeschränkt möglich ist, spricht die deutliche Verbesserung der UPDRS III in der zitierten Studie, ebenso wie die aus anderen Studien gewonnenen Erkenntnisse, für die mit anderen non-ergolinen Dopaminagonisten vergleichbar starke Wirksamkeit von Piribedil.

Arzneimittelsicherheit: Erfahrungen aus anderen Ländern

Piribedil wird seit 1978 weltweit als Arzneimittel eingesetzt, seit 1990 auch in der Indikation Parkinson-Krankheit Bis zum Jahr 2005 lagen in den europäischen Ländern Erfahrungen aus rund 4 Mio. und weltweit aus etwa 4,5 Mio. Patientenbehandlungsjahren mit Piribedil-50-mg-Tabletten (Grundlage der Berechnung: mittlere Dosis 1,4 Tbl./Tag) vor. Auch sehr selten auftretende Nebenwirkungen hätten somit schon längst erfasst werden müssen. Der lange Erfahrungszeitraum mit Piribedil spricht für die hohe Arzneimittelsicherheit der Substanz.

Fibrosen

Piribedil ist ein non-ergoliner Dopaminagonist mit sehr geringer Affinität zu 5-HT2B-Rezeptoren, ohne intrinsische Aktivität an diesen Rezeptoren, so dass eine Entwicklung von Fibrosen nahezu ausgeschlossen werden kann [30, 32]. Dafür spricht auch die Langzeiterfahrung mit der weltweit angebotenen Substanz Piribedil: Bislang sind keine Meldungen zu Fibrosen unter Piribedil in der Arzneimittelsicherheit eingegangen. Auch liegen keine publizierten Kasuistiken dazu vor.

Plötzliche Schlafattacken

In den klinischen Studien unter Piribedil-Monotherapie sind keine Schlafattacken (Sudden onset of sleep=SOS) beobachtet worden. Inzwischen liegen jedoch einige Fallberichte dazu vor [19, 41]. Tan berichtet über drei Kasuistiken und geht davon aus, dass die Frequenz der Schlafattacken unter Piribedil dosisabhängig ist [41]. Diese können sowohl bei De-novo- als auch mit Levodopa (vor)behandelten Patienten auftreten. Eine Fortführung der Therapie trotz SOS kann zu einer Toleranzerscheinung bezüglich dieser unerwünschten Arzneimittelwirkung (UAW) führen.

Das Risiko für Schlafattacken ist unter Piribedil jedoch auch im Vergleich mit anderen non-ergolinen Dopaminagonisten als sehr gering einzuordnen. Dafür sprechen auch die Erfahrungen zur Arzneimittelsicherheit seit der Einführung der Substanz im Jahr 1978.

Tagesmüdigkeit

Alle Dopaminagonisten verursachen eine dosisabhängige Tagesmüdigkeit, die allerdings je nach Substanz unterschiedlich stark und unterschiedlich häufig in Erscheinung tritt [25]. Piribedil weist bei diesem Vergleich nur vergleichsweise selten sedierende Effekte auf (Tab. 3).

Tab. 3. Sedative Effekte verschiedener Dopaminagonisten [nach 25]

Substanz

Somnolenz [%]

Studiendauer

Apomorphin

22

3 Jahre

Bromocriptin

6,6

3 Jahre

Pergolid

10,1

24 Wochen

Piribedil

3,3

24 Wochen

Pramipexol

27

10 Wochen

Ropinirol

27,4

5 Jahre

Ursache für die geringen sedierenden Effekte unter Piribedil könnte das spezifische Rezeptorprofil sein. Piribedil ist ein präsynaptischer a2-Rezeptorantagonist, der noradrenerge Aktivitäten fördert und daher die Vigilanz steigern kann.

Spielsucht und Hypersexualität

Seit Einführung von Piribedil im Jahr 1970 liegt kein Fall einer Spielsucht oder Hypersexualität unter Monotherapie mit Piribedil vor. In Kombinationstherapie mit anderen Dopaminergika liegt je eine Einzelfallmeldung vor. Im Fall der Spielsucht erhielt der betroffene Patient eine sehr niedrige Piribedil-Dosis (20 mg/d) in Kombination mit einer vergleichsweise hohen Bromocriptin-Dosis von 50 mg/d, so dass eher ein Kausalzusammenhang mit der Verabreichung von Bromocriptin vermutet werden kann.

In dem bisher einzigen dokumentierten Fall von Hypersexualität bei einem 70-jährigen Mann wurde der Zusammenhang mit der Piribedil-Medikation als wahrscheinlich eingestuft, da sich die Symptomatik nach Absetzen der Medikation zurückbildete. Da dies aber der bisher einzige Fall ist, kann die Gefahr der Entwicklung von Hypersexualität (welche grundsätzlich als ein Klasseneffekt von dopaminergen Substanzen zu verstehen ist) unter Piribedil als extrem gering eingestuft werden. Ähnliches gilt für die Entwicklung von Spielsucht.

Zusammenfassung, Bewertung und eigene Erfahrung

Mit Piribedil wurde ein weiterer nonergoliner Dopaminagonist im deutschen Markt eingeführt. Die Substanz hat in mehreren Studien in der Mono- und Kombinationstherapie eine starke Wirksamkeit auf die motorischen Kernsymptome Akinese, Rigor und Tremor gezeigt, die zumindest vergleichbar mit anderen Dopaminagonisten ist. Anders als andere Dopaminagonisten liegt Piribedil in nur einer einzigen Wirkstärke vor. Mit dieser einen Wirkstärke von 50 mg lassen sich sowohl die vollständige Eindosierung als auch die Erhaltungstherapie realisieren, was sich positiv auf die Compliance auswirken könnte. Die optimale Dosierung liegt nach den Studien zwischen 150 und 350 mg/d. Aufgrund der Studienergebnisse und der vorliegenden klinischen Erfahrungen ist davon auszugehen, dass die Mindestdosierung bei 150 mg/d liegt und die meisten Patienten mit 200 mg/d Piribedil ausreichend gut eingestellt sein werden. Die Zulassung in der Monotherapie erlaubt 250 mg, jedoch in der Kombinationstherapie nur 150 mg.

An unserer Klinik wird Piribedil seit der Teilnahme an der CONTROL-Studie eingesetzt, bisher als Trivastal®, seit der Markteinführung in Deutschland als CLARIUM®. Wir können die gute Wirksamkeit und Verträglichkeit bestätigen. Ob sich relevante Unterschiede bezüglich des Nebenwirkungsprofils gegenüber anderen non-ergolinen Dopaminagonisten zeigen, bleibt abzuwarten.

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Prof. Dr. med. W. Jost, Fachbereich Neurologie, Deutsche Klinik für Diagnostik, Aukammallee 33, 65191 Wiesbaden, E-Mail: jost.neuro@dkd-wiesbaden.de Dr. med. Katrin Kuhn, Dr. Martina Wangemann, Desitin Arzneimittel GmbH, Weg beim Jäger 214, 22311 Hamburg

Piribedil: a new, well-known dopamine agonist

Piribedil is a dopamine agonist that was introduced to the German market in November 2007. This substance had been used successfully for a number of years in several countries. It is a non-ergoline D2/D3-receptor agonist with an additional antagonistic effect on presynaptic alpha2A+C-noradrenergic receptors. It is approved for monotherapy as well as in adjunction with levodopa and available at a dosage of 50 mg. In monotherapy, we may apply up to 250 mg, in combination treatment up to 150 mg. The substance is efficient in managing all essential motor symptoms and may even have a positive effect on vigilance. The spectrum of side effects compares well with other dopamine agonists. We are on the safe side as to cardiac fibroses, however. Piribedil (Clarium/Trivastal®) expands our range of therapeutic action and constitutes an interesting alternative to the dopamine agonists we have already got.

Keywords: Piribedil, dopamine agonist, Parkinson therapy

Psychopharmakotherapie 2008; 15(03)