Akutbehandlung der Schizophrenie

Frühe Indikatoren für einen Behandlungserfolg


Priv.-Doz. Dr. Dieter Angersbach, Wolfratshausen

Einer offenen Studie zufolge kann der Erfolg einer antipsychotischen Behandlung bei akut erkrankten Schizophrenie-Patienten mit einer hohen Wahrscheinlichkeit bereits in der 1. bis 2. Behandlungswoche eingeschätzt werden.

Therapieleitlinien zur Behandlung von Patienten mit einer Schizophrenie, wie beispielsweise die Leitlinien der American Psychiatric Association, empfehlen, das Ansprechen auf eine antipsychotische Therapie vor einer Steigerung der Dosis wenigstens 3 bis 4 Wochen zu verfolgen. Eine frühere Erkennung einer Non-Response wäre jedoch wünschenswert. Sie könnte die ineffektive Behandlung mit einer zu niedrigen Dosis oder dem unwirksamen Medikament abkürzen und dadurch den Klinikaufenthalt verkürzen, die Behandlungskosten sowie die Belastung durch die Erkrankung senken.

In die genannte Studie wurden 135 akut kranke Patienten zwischen 18 und 65 Jahren mit der DSM-IV-Diagnose einer Schizophrenie eingeschlossen. Weitere Einschlusskriterien waren u.a.:

Wenigstens eins der vier psychotischen Symptome (Halluzinationen, ungewöhnliche Denkinhalte, Zerfall des Denkprozesses, Misstrauen) der Brief Psychiatric Rating Scale (BPRS) wurde als mäßig oder schlechter beurteilt

Der Patient hatte in den vergangenen drei Monaten keine Depotneuroleptika erhalten

Nach einer Auswaschphase von 72 Stunden wurden die Patienten über einen Zeitraum von vier Wochen offen mit einer Festdosis von 150 mg/d Zotepin behandelt. – Die Symptomausprägung wurde mit Hilfe der 18-Item-BPRS beurteilt. Die BPRS umfasst drei Gruppen von Symptomen: 1. Positivsymptome (z.B. Manierismus, Größenerleben), 2. Negativsymptome (z.B. Antriebsverminderung, affektive Abstumpfung.) und 3. allgemeine Symptome (z.B. Angst, Schuldgefühle).

Klinische Response wurde definiert als Reduktion des Gesamtscores um 20% nach einer 4-wöchigen Behandlung.

Primäres Ziel der Studie war ein Vergleich der Responder und Nonresponder nach Woche 4 gemäß

BPRS-Gesamtscore bei Einschluss,

BPRS-Gesamtscore nach den Wochen 1 und 2 und

BPRS-Gruppenscores nach den Wochen 1 und 2.

100 Patienten beendeten die 4-wöchige Studie. Das Responsekriterium (Reduktion des BPRS-Gesamtscores um 20%) erfüllten 78 Patienten.

Nach den Wochen 1 und 2 waren die Änderungen im BPRS-Gesamtscore, im BPRS-Positivsymptome-Score und im BPRS-Allgemeinsymptome-Score größer als bei den Nonrespondern.

Weitere Analysen zeigten, dass die Abnahme des Positivsymptome-Scores in Woche 1 und 2 eine spätere Response am genauesten und zuverlässigsten anzeigt. Eine Abnahme dieses Scores um ≥4 Punkte nach Woche 1 beziehungsweise um ≥6 Punkte nach Woche 2 identifizierte eine spätere Response bei 77% beziehungsweise 83% der Patienten. Die Verbesserung der Positivsymptome in Woche 2 ist also der bessere Prädiktor für eine spätere Response.

Kommentar

Eine Früherkennung der späteren Response oder Non-Response verbessert die Kontrolle der Therapie und kann Krankheitsdauer und Behandlungskosten verringern. Von besonderer Bedeutung wäre auch die Früherkennung einer späteren Response für die Sicherheit der Patienten bei der Entwicklung neuer Antipsychotika. Insbesondere in (von den Zulassungsbehörden geforderten) doppelblinden Plazebo-kontrollierten Studien bestünde die Möglichkeit, die Patienten bei einer sich abzeichnenden Non-Response offen mit einem Antipsychotikum weiterzubehandeln.

Die Ergebnisse dieser Studie sollten allerdings mit Vorsicht interpretiert werden: 1. Das offene Design kann zu einer verminderten Objektivität von Patienten und Ratern führen, 2. die feste Dosis von 150 mg/d ließ eine individuelle Anpassung der Dosis nicht zu und 3. es ist unklar, ob die Ergebnisse der Behandlung mit Zotepin auf die Behandlung mit anderen Neuroleptika übertragen werden können. Diese Frage sollte in Untersuchungen mit anderen Substanzen geklärt werden.

Quelle

Lin H-C, et al. Early prediction of clinical response in schizophrenia patients receiving the atypical antipsychotic zotepine. J Clin Psychiatry 2007;68:1522–7.

Psychopharmakotherapie 2008; 15(03)