Parkinson-Krankheit

Rauchen und Coffeinkonsum als Schutzfaktoren?


Dr. Barbara Kreutzkamp, Hamburg

In einer familienbasierten Fall-Kontroll-Studie bestätigten sich Ergebnisse von bevölkerungsbasierten Studien, denen zufolge Rauchen und Coffeinkonsum vor dem Ausbruch der Erkrankung schützen. Kein protektiver Effekt ließ sich für die Einnahme von nichtsteroidalen Antiphlogistika feststellen.

Bevölkerungsbasierte Querschnittsstudien geben Hinweise auf einen protektiven Effekt von Zigarettenrauchen, Coffeinkonsum und die Einnahme nichtsteroidaler Antiphlogistika gegenüber der klinischen Manifestation einer Parkinson-Erkrankung. In Familienstudien wurde ein möglicher Zusammenhang bisher kaum untersucht. Solche Daten sind aber beispielsweise für Untersuchungen zu genetischen Zusammenhängen einzelner Krankheitsentitäten von Interesse, denn für die genetischen Analysen ist es wichtig, bestimmte Verhaltensmuster in den Familien zu erkennen und gegebenenfalls auf diese Parameter zu adjustieren. Aus diesem Grund wurde jetzt am Institut für Humangenetik in Miami (Florida/USA) eine familienbasierte Fall-Kontroll-Studie zur Assoziation zwischen einer Parkinson-Erkrankung und den Parametern Rauchen, Coffeinkonsum und Einnahme von nichtsteroidalen Antiphlogistika (Acetylsalicylsäure, Ibuprofen, Naproxen) durchgeführt.

Methoden

356 Parkinson-Patienten und 317 Familienangehörige (überwiegend Geschwister) machten in einem strukturierten Telefoninterview qualitative und quantitative Angaben über ihre Rauchgewohnheiten in der Vergangenheit, ebenso über den Konsum von Kaffee und anderen Coffein-haltigen Getränken sowie die Einnahme der genannten Schmerzmittel. Die statistischen Zusammenhänge zwischen diesen verschiedenen Faktoren und einer Parkinson-Erkrankung wurden berechnet.

Ergebnisse

Studienteilnehmer mit einer Parkinson-Erkrankung berichteten signifikant seltener als die nicht erkrankten Angehörigen, jemals geraucht zu haben (Odds-Ratio=0,56, 95%-Konfidenzintervall 0,41–0,78). Zusätzliche Einflussgrößen aus dem Bereich Rauchen wie Anzahl der täglich gerauchten Zigaretten, Dauer des Zigarettenkonsums in Jahren und Inhalationstiefe ergaben ebenfalls inverse Zusammenhänge mit einer Parkinson-Erkrankung (p<0,05) und intensitätsabhängige Trends bei den Odds-Ratios (p<0,005).

Ansteigende Mengen von Kaffeekonsum waren ebenfalls negativ mit einer Parkinson-Erkrankung assoziiert (Trend-Test p=0,05). Noch deutlicher war der Zusammenhang für den gesamten Coffeinkonsum, also unter Berücksichtigung von Tee und Coffein-haltigen Softdrinks: Inverse Assoziationen zeigten sich mit steigender Dosis (Trend p=0,009) und Intensität („Tassenjahre“, Trend p=0,01) des Coffeinkonsums. Der Konsum großer Coffeinmengen (>2 Tassen Coffein-haltiger Kaffee pro Tag) in der Vergangenheit wurde von Parkinson-Patienten signifikant seltener berichtet als von nicht Erkrankten (Odds-Ratio=0,58, 95%-Konfidenzintervall 0,34–0,99).

Beim Verbrauch von nichtsteroidalen Antiphlogistika ergab sich kein statistischer Zusammenhang mit der Parkinson-Erkrankung.

Fazit und Diskussion

In der familienbasierten Fall-Kontroll-Studie ergaben sich inverse statistische Zusammenhänge zwischen Rauchen und Coffeinkonsum und dem Auftreten einer Parkinson-Erkrankung. Damit werden die Ergebnisse früherer epidemiologischer Studien gestützt. Kein Zusammenhang ergab sich dagegen zwischen einer Parkinson-Erkrankung und der Einnahme nichtsteroidaler Antiphlogistika, obwohl Befunde aus anderen Studien auf einen solchen Zusammenhang hingedeutet hatten.

Eine entsprechende Empfehlung an die Bevölkerung wird man aus diesen Ergebnissen sicher nicht ableiten. Doch sind sie wichtig für die Planung und Auswertung zukünftiger Genetik-Studien zur Parkinson-Erkrankung, in denen Rauchen und Coffein als wichtige Kovariablen berücksichtigt werden sollten.

Als Ursache für die Zusammenhänge kommen unter anderem neuroprotektive Effekte von Nicotin und Coffein in Frage. Diskutiert wird auch eine Aversionshypothese, wonach Parkinson-Patienten Nicotin und Coffein bereits in einem Zeitraum von bis zu zehn Jahren vor Ausbruch der Erkrankung meiden, weil deren Effekt auf das Belohnungssystem infolge früher neurodegenerativer Veränderungen ausbleibt. Die Ergebnisse der vorliegenden Studie, in der auch die Gewohnheiten bis zu 20 Jahren vor Krankheitsausbruch erfragt wurden, unterstützt diese Hypothese allerdings nicht.

Insgesamt darf nicht vergessen werden, dass der neurodegenerativen Parkinson-Erkrankung eine hochkomplexe Ätiologie und Pathophysiologie zugrunde liegt, bei der auch statistisch einwandfrei belegte Umwelteinflüsse auf den Krankheitsausbruch bei genetisch vorbelasteten Individuen wahrscheinlich nur Marker bzw. Surrogatparameter darstellen.

Quelle

Hancock DB, et al. Smoking, caffeine, and nonsteroidal anti-inflammatory drugs in families with Parkinson disease. Arch Neurol 2007;64:576–80.

Psychopharmakotherapie 2007; 14(06)