Pseudohalluzinationen unter einmaliger Gabe von Zaleplon


Birgitta Albers, Oberhausen, Detlef Degner, Göttingen, und Eugen Davids, Oberhausen

Bei einer bis dato medikamentös unbehandelten 19-jährigen Patientin traten nach einmaliger Gabe von 10 mg Zaleplon Pseudohalluzinationen über einen Zeitraum von etwa 30 Minuten auf, die nach Gabe von Haloperidol und Diazepam wieder verschwanden. Patientenbezogene Risikofaktoren waren nicht bekannt.
Schlüsselwörter: Pseudohalluzination, Zaleplon
Psychopharmakotherapie 2007;14:265–6.

Im Rahmen einer Psychopharmakotherapie können unerwünschte Arzneimittelwirkungen zu schwerwiegenden Folgen bis hin zum Tod führen. Ein Ziel des Arzneimittelüberwachungssystems „Arzneimittelsicherheit in der Psychiatrie“ (AMSP) ist die systematische Erfassung seltener schwerer unerwünschter Arzneimittelwirkungen (UAW) bei stationär behandelten psychiatrischen Patienten, gerade auch solcher UAW, die unter den spezifischen Bedingungen der klinischen Zulassungsprüfung nicht aufgetreten sind.

Kasuistik

Die 1987 geborene Patientin wurde 2006 erstmals in einer psychiatrischen Klinik stationär behandelt. Anlass für ihre Aufnahme waren akute Suizidgedanken nach der Trennung von ihrem damaligen Freund. Sie war bis zum damaligen Zeitpunkt noch nie mit Psychopharmaka behandelt worden, lediglich drei psychotherapeutische Gespräche hatten bislang stattgefunden.

Sowohl in der Vergangenheit wie auch zum Behandlungszeitpunkt gab es keinerlei Hinweis für den Konsum psychotroper Substanzen, insbesondere hinsichtlich halluzinogener Drogen oder Alkohol. An körperlichen Erkrankungen waren lediglich Migräne und eine Leistenhernie in der Kindheit bekannt.

Zum Aufnahmezeitpunkt war die Patientin wach, zu allen Qualitäten orientiert, affektiv bedrückt. Es fanden sich weder Wahrnehmungsstörungen noch formale Denkstörungen.

Sie wurde über einen Zeitraum von etwa vier Wochen intensiv psychotherapeutisch behandelt, auf eine psychopharmakologische Begleitmedikation wurde verzichtet.

Wegen persistierender Schlaflosigkeit verabreichten wir innerhalb der ersten Behandlungswoche einmalig 10 mg Zaleplon (Sonata®) um 0.30 Uhr.

Nach einem initial aufsteigendem Wärmegefühl schlief die Patientin zügig ein. Sie hatte einen Albtraum, in dem sie Menschen an ihrem Bett stehen sah, und wachte erschreckt und mit Angst auf.

In den folgenden Minuten (ca. für die Dauer von 20 bis 30 Minuten) sah sie Menschen aufgehängt unter der Decke, Gesichter in Blumenvasen, die sich von hinten hüpfend näherten, und sprechende Köpfe. Sie verkannte einen Strauß Trockenblumen als Raupen, die sie böse ansähen. Affektiv waren diese Wahrnehmungen angstbesetzt, da sie ihr böse erschienen und sie sich durchgehend bewusst war, dass ihre Wahrnehmungen nicht real sein konnten.

Um 1.15 Uhr erfolgte die einmalige Gabe von 5 mg Haloperidol und 5 mg Diazepam, wonach sie deutlich beruhigt ein- und den Rest der Nacht durchschlief.

Die Patientin erlebte ihre Sinnestäuschungen intensiv mit Angst besetzt, erkannte jedoch durchgehend deren „Trugcharakter“, ein Realitätsbezug blieb durchgehend bestehen. Die Phänomene erlangten nicht den Charakter der Objektivität einer normalen Wahrnehmung wie bei der Halluzination, so dass es sich hier definitionsgemäß um Pseudohalluzinationen handelte.

Am nächsten Morgen waren die Pseudohalluzinationen verschwunden, weiterführende medikamentöse Interventionen wurden nicht durchgeführt. Ein zeitnah abgeleitetes EEG zeigte einen unauffälligen Alpha-Rhythmus.

In der Vorgeschichte waren keine pathologischen Affektionen des ZNS bis auf die Migräne bekannt, Drogenkonsum wurde glaubhaft verneint.

Vor Jahren gab es einmalig Kontakt mit Cannabis, in dessen Folge sie vorübergehend Geräusche intensiver wahrnahm und ansonsten eher ruhig und gelassen war.

Diskussion

Im Rahmen der AMSP-Erfassung wurde Zaleplon als alleinige Ursache der Pseudohalluzinationen festgehalten, da es eine Alternativerklärung bezogen auf die Patientin nicht gab und sie ansonsten keine weitere Medikation erhielt.

Der Zeitverlauf der UAW war typisch für die beschriebene Symptomatik genauso wie das zügige Abklingen und die verabreichte Dosis.

Bei Zaleplon handelt es sich um ein Hypnotikum, eine Pyrazolopyrimidin-Verbindung mit kurzer Wirkungsdauer. Die Substanz bindet selektiv an den zerebralen Typ-1-Rezeptoren der Alpha-Untereinheit des GABA-Rezeptorkomplexes. Die häufigsten unerwünschten Wirkungen in klinischen Studien waren Kopfschmerzen, Somnolenz, Rhinitis, Asthenie und Übelkeit.

In der Fachinformation des pharmazeutischen Herstellers und Übersichtsarbeiten in Fachzeitschriften [1–4] werden das Auftreten von Halluzinationen und Psychosen als bekannt beschrieben, jedoch mit dem Hinweis auf ein vorzugsweises Auftreten bei Kindern und älteren Personen.

Personenbezogene Alternativerklärungen sind nicht bekannt, insbesondere kein Drogen- oder Alkoholkonsum, kein fieberhafter Infekt und auch kein Flüssigkeitsmangel.

Veröffentlichungen von Pseudohalluzinationen als unerwünschte Arzneimittelwirkung finden sich in der Literatur äußerst selten und nur in Form von Kasuistiken zum Beispiel unter der Behandlung mit Lithiumsalzen oder Moclobemid [5–7].

Literatur

1. Ringdahl EN, Pereira SL, Delzell JE. Treatment of primary insomnia. J Am Board Fam Pract 2004;17:212–9.

2. Israel AG, Kramer JA. Safety of zaleplon in the treatment of insomnia. Ann Parmacother 2002;36:852–9.

3. Barbera J, Shapiro C. Benefit-risk assessment of zaleplon in the treatment of insomnia. Drug Saf 2005;28:301–18.

4. Whitmore JN, Fischer JR, Barton EC, Storm WF. Performance following a sudden awakening from daytime nap induced by zaleplon. Aviat Space Environ Med 2004;75:29–36.

5. Degner D, Kropp S, Porzig J, Grohmann R, et al. Pseudohallucinations associated with moclobemide: a case report. Pharmacopsychiatry 2005;38:179–81.

6. Hambrecht M. Lithium and pseudohallucinations: a rare side effect. Biol Psychiatry 1995;37:120–1.

7. Hambrecht M, Kaumeier S. Pseudohallucinations after long-term lithium treament. Nervenarzt 1993;64:747–9.

Birgitta Albers, Priv.-Doz. Dr. med. Eugen Davids, Katholische Kliniken Oberhausen, Betriebsteil St. Josef, Psychiatrie, Mülheimer Str. 83, 46045 Oberhausen, E-Mail: albers@st-josef.de
Dr. Detlef Degner, Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Georg-August-Universität Göttingen, von-Sieboldstr. 5, 37075 Göttingen


Pseudohallucinations after a single dose of zaleplon

A former untreated 19 years old female patient developed, after been given a single dose of zaleplon, pseudohallucinations. They persisted for about 30 minutes and disappeared under a single dose of haloperidol and diazepine. Risk factors are not known.

Keywords: Pseudohallucination, zaleplon

Psychopharmakotherapie 2007; 14(06)