Schlaganfall

„Neuroprotektivum“ NXY-059 in der Klinik ohne Erfolg


Das Antioxidans NXY-059 hatte in präklinischen Versuchen viel versprechende zerebroprotektive Wirkungen gezeigt und schien einer ersten klinischen Studie zufolge das Potenzial zu haben, die Folgen eines Schlaganfalls zu lindern. In einer größeren Folgestudie zeigte NXY-059 nun keinerlei Wirkung auf den Behinderungsgrad oder den neurologischen Status nach einem Schlaganfall.

Für die Akuttherapie nach einem Schlaganfall steht die Fibrinolyse mit Alteplase (Actilyse®) zur Verfügung, die allerdings innerhalb von 3 Stunden nach dem Ereignis eingeleitet werden muss, um eine Wirkung auf die Infarktgröße und die neurologischen und funktionellen Folgen des Schlaganfalls zu ermöglichen. Nach wie vor wird nach Wirkstoffen gesucht, die über andere Angriffspunkte die Schädigung des Hirngewebes infolge der Perfusionsstörung verhindern oder verringern können.

Ein Ergebnis der präklinischen Forschung war der Radikalfänger NXY-059 (Cerovive), der in Tiermodellen zur fokalen zerebralen Ischämie die funktionelle Erholung verbesserte und die Größe des Hirninfarkts verringerte. NXY-059 wurde in der Folge in einem klinischen Studienprogramm mit dem Akronym SAINT (Stroke – acute ischemic NXY treatment) untersucht.

In der SAINT-I-Studie, einer randomisierten, Plazebo-kontrollierten Doppelblindstudie mit 1722 Patienten, verringerte die Behandlung mit NXY-059, beginnend innerhalb von 6 Stunden nach einem akuten ischämischen Schlaganfall, signifikant (p=0,038) den nach 90 Tagen ermittelten Behinderungsgrad gemäß modifizierter Rankin-Skala (s. Psychopharmakotherapie 2006;13:261–2). Der zweite wichtige Endpunkt, die Besserung des neurologischen Status gemäß National Institutes of Health Stroke Scale (NIHSS), wurde allerdings durch das Verum nicht beeinflusst.

Als Konsequenz aus den Ergebnissen der SAINT-I-Studie wurde die Patientenzahl in der bereits laufenden SAINT-II-Studie von zunächst geplanten 1700 auf 3200 erhöht. Letztlich wurden 3306 Patienten aufgenommen, in die Wirksamkeitsanalyse gingen die Daten von 3195 Patienten ein. Auch in dieser Studie erhielten die Patienten innerhalb von 6 Stunden nach einem Schlaganfall NXY-059 (n=1588) oder Plazebo (n=1607) als 72-stündige Infusion.

Primärer Endpunkt war wiederum der Behinderungsgrad nach 90 Tagen, gemessen mit der modifizierten Rankin-Skala. Es zeigten sich keinerlei Unterschiede in der Verteilung der Scores zwischen Plazebo- und Verum-Gruppe (Tab. 1). Auch bei den sekundären Parametern NIHSS-Score (neurologisches Defizit) und Barthel-Index (Alltagsaktivitäten) war kein Behandlungseffekt erkennbar. Das Ergebnis war unabhängig davon, ob die Patienten auch mit Alteplase behandelt wurden (etwa 44% in jeder Gruppe), außerdem unabhängig vom Behandlungsbeginn mit NXY-059 (≤/>4 h nach dem Ereignis) und vom initialen Schweregrad (NIHSS-Score 6–9 bis ≥20). Nebenwirkungen waren, außer Hyperkaliämie (12,1 vs. 9,2%), mit Verum und Plazebo gleich häufig.

Tab. 1. Ergebnisse gemäß modifizierter Rankin-Skala nach 90 Tagen (Anteil Patienten [%]) [Shuaib et al.]

Score

NXY-059

Plazebo

0

9,8

10,3

1

17,6

18,4

2

14,0

14,7

3

14,7

15,0

4

17,8

17,4

5 oder Tod

26,1

24,2

Fazit: NXY-059 ist bei Schlaganfallpatienten zwar sicher, aber unwirksam.

Quelle

Shuaib A, et al., for the SAINT II Trial Investigators. NXY-059 for the treatment of acute ischemic stroke. N Engl J Med 2007;357:562–71. ho

Psychopharmakotherapie 2007; 14(06)