Migräne

Kombinationstherapie wirksamer als Monotherapie bei akuten Migräneattacken


Prof. Dr. Hans Christoph Diener, Essen

Die Kombination von 85 mg Sumatriptan mit 500 mg Naproxen ist bei der Behandlung akuter Migräneattacken signifikant wirksamer als eine Monotherapie mit Sumatriptan oder Naproxen.

Standardsubstanzen zur Behandlung akuter Migräneattacken sind nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR) inklusive Acetylsalicylsäure und Serotonin(5-HT)1B/1D-Rezeptoragonisten („Triptane“). Klinisch tätige Neurologen berichteten schon in der Vergangenheit immer wieder, dass sie Patienten, die entweder auf ein NSAR oder auf einen 5-HT1B/1D-Rezeptoragonisten nicht ausreichend ansprachen, mit einer Kombinationstherapie behandelten. Die Kombinationstherapie wurde auch zum Teil eingesetzt, um das Wiederauftreten von Kopfschmerzsymptomen beim Einsatz von 5-HT1B/1D-Rezeptoragonisten zu reduzieren. Eine formale Studie, die die Überlegenheit der Kombinationstherapie gegenüber einer Monotherapie belegte, fehlte allerdings bisher.

Studiendesign

In den Vereinigten Staaten wurden zwei randomisierte doppelblinde Parallelgruppenstudien durchgeführt, wobei die erste Studie 1461 Patienten einschloss und die zweite Studie 1495 Patienten im Alter zwischen 18 und 65 Jahren mit mittelschweren oder schweren Migräneattacken aufnahm. Die Patienten wurden im Verhältnis 1:1 randomisiert und erhielten entweder

85 mg Sumatriptan (z.B. Imigran®),

500 mg Naproxen (z.B. Proxen®),

Sumatriptan plus Naproxen (85 mg + 500 mg) oder

Plazebo.

Der primäre Endpunkt war der Prozentsatz der Patienten mit einer Besserung der Kopfschmerzen von schwer oder mittelschwer nach zwei Stunden und der Prozentsatz der Patienten, die zwei Stunden nach der Einnahme schmerzfrei waren, keine erneute Medikation benötigten und keinen Wiederkehrkopfschmerz hatten (sustained pain free). Das mittlere Alter der Patienten betrug 40 Jahre und 87% der Eingeschlossenen waren Frauen. Bei 60% handelte es sich um eine mittelschwere und bei 40% um eine schwere Attacke.

Ergebnis

Für den primären Endpunkt (Besserung der Kopfschmerzen nach 2 Stunden) war die Kombination aus Sumatriptan und Naproxen signifikant wirksamer als Plazebo. Die entsprechenden Zahlen betrugen für die erste Studie 65% vs. 28% und für die zweite Studie 57% vs. 29%. Beide Unterschiede waren signifikant (p<0,001).

Für anhaltende Schmerzfreiheit war die Kombination von Sumatriptan und Naproxen mit 24% signifikant wirksamer als Sumatriptan-Monotherapie mit 15%, Naproxen-Monotherapie mit 10% und Plazebo mit 7,5% (jeweils p<0,01).

Bei den Nebenwirkungen ergaben sich keine Unterschiede.

Kommentar

Diese beiden sehr großen und gut durchgeführten Studien belegen eindeutig, dass eine Kombination eines 5-HT1B/1D-Rezeptoragonisten mit einem NSAR besser wirksam ist als die jeweilige Monotherapie und auch das Wiederauftreten von Kopfschmerzen reduziert. Die Kombinationstherapie hatte nicht mehr Nebenwirkungen als die entsprechende Monotherapie. Daher sollte die Kombinationstherapie bei Patienten eingesetzt werden, die keine befriedigende Wirkung bei Einnahme eines 5-HT1B/1D-Rezeptoragonisten haben. Eine zweite Indikation sind Patienten, bei denen es nach Einnahme eines 5-HT1B/1D-Rezeptoragonisten schon innerhalb kurzer Zeit zum Wiederauftreten der Migränesymptome kommt. In den Vereinigten Staaten befindet sich die feste Kombination von Sumatriptan und Naproxen im Zulassungsverfahren. Meiner Meinung nach ist allerdings eine fixe Kombination nicht besonders sinnvoll, da es dem behandelnden Arzt überlassen werden sollte, welchen spezifischen 5-HT1B/1D-Rezeptoragonisten und welches NSAR er kombiniert.

Quelle

Brandes JL, et al. Sumatriptan-naproxen for acute treatment of migraine: a randomized trial. JAMA 2007;297:1443–54.

Psychopharmakotherapie 2007; 14(06)