Multiple Sklerose

Neutralisierende Antikörper bei der Behandlung mit Interferon beta


Prof. Dr. Hans Christoph Diener, Essen

Der Erfolg einer Interferon-beta-Therapie der multiplen Sklerose kann durch die Bildung neutralisierender Antikörper beeinträchtigt werden. Die amerikanische neurologische Gesellschaft hat unlängst zu diesem Problem Stellung genommen.

Interferon beta ist eine etablierte immunmodulatorische Behandlung der schubförmigen multiplen Sklerose. Im Moment stehen in Deutschland drei Präparate zur Verfügung nämlich Avonex® und Rebif® (Interferon beta-1a) sowie Betaferon® (Interferon beta-1b). Ein Teil der Patienten entwickelt neutralisierende Antikörper, die den Therapieerfolg minimieren und zum Teil sogar aufheben. Die amerikanische neurologische Gesellschaft hat daher einen Bericht verfasst, in dem sie zu den neutralisierten Antikörpern bei der Behandlung mit Interferon beta Stellung nimmt.

Die Angaben zur Häufigkeit neutralisierender Antikörper schwanken bei den subkutanen Applikationsformen zwischen 14% und 62% und bei den intramuskulären Applikationsformen zwischen 2% und 18%. Neutralisierende Antikörper reduzieren die Wirksamkeit von Interferon beta. Dies betrifft sowohl den klinischen Verlauf wie das Auftreten neuer Herde im Kernspintomogramm. Insgesamt treten bei einer Behandlung mit Interferon beta-1a weniger neutralisierende Antikörper auf als bei einer Behandlung mit Interferon beta-1b. Über alle Studien hinweg ist die intramuskuläre Applikation weniger immunogen als die subkutane Gabe. Leider gibt es bisher noch ungenügende Informationen, die eine klare Empfehlung erlauben würden, ab welchen Titern über welchen Zeitraum gemessen eine Behandlung mit Interferon beta beendet und auf eine andere Therapieform umgestellt werden sollte. Hinzu kommt noch, dass bei einigen Patienten die Antikörper bei fortgesetzter Therapie wieder abnehmen.

Kommentar

Die immunmodulatorische Behandlung mit Interferon beta ist teuer und aufwendig. Die Deutsche Gesellschaft für Neurologie empfiehlt im Gegensatz zu den amerikanischen Kollegen relativ dezidiert, nach etwa einem Jahr neutralisierende Antikörper zu bestimmen und wenn diese hochtitrig sind, die Behandlung umzustellen. Neutralisierende Antikörper sollten auch gemessen werden, wenn es nach klinischen Kriterien zu einem Therapieversagen kommt. Welche Titer tatsächlich einen Grenzwert darstellen, um die Therapie umzustellen, ist bisher aber nicht endgültig geklärt.

Quelle

Goodin DS, et al. Neutralizing antibodies to interferon beta: Assessment of their clinical and radiographic impact: An evidence report. Report of the Therapeutics and Technology Assessment Subcommittee of the American Academy of Neurology. Neurology 2007;68:977–84.

Psychopharmakotherapie 2007; 14(05)