Unipolare Depression

Früher Wirkungseintritt von selektiven Serotonin-Wiederaufnahmehemmern


Dr. med. Julia Hofmann, Grafing

Bei Patienten mit unipolarer Depression ist die Behandlung mit selektiven Serotonin-Wiederaufnahmehemmern (SSRI) mit Verbesserungen von Depressions-Symptomen am Ende der ersten Therapiewoche assoziiert, so das Ergebnis eines systematischen Reviews und einer Metaanalyse. Weitere Verbesserungen können bis mindestens Woche 6 beobachtet werden.

Bei selektiven Serotonin-Wiederaufnahmehemmern (SSRI) ist das verzögerte Einsetzen der antidepressiven Wirkung nach 2 bis 3 Wochen oder länger häufig beschrieben worden. Eine alternative Hypothese, nämlich ein früher Wirkungseintritt, wurde nun in einem systematischen Review und einer Metaanalyse geprüft. 50 randomisierte Plazebo-kontrollierte Studien mit SSRI in der Kurzzeitbehandlung unipolarer Depressionen aus dem Jahr 2005 wurden eingeschlossen. 6153 Teilnehmer hatten randomisiert SSRI und 3968 Teilnehmer Plazebo erhalten.

In die Primäranalyse wurden 28 randomisierte kontrollierte Studien einbezogen (SSRI n=3618; Plazebo n=2254). Die zusammengefasste Schätzung des Behandlungseffekts auf depressive Symptome (in den meisten Studien auf Basis der Hamilton-Depressionsskala, HAMD, als primärem Endpunkt) wurde für die erste bis sechste Woche kalkuliert und mit verschiedenen Modellen zur Beschreibung des Behandlungseffekts über die Zeit abgeglichen. Als am besten geeignet erwies sich ein Modell der frühen Therapieantwort, in dem der Behandlungseffekt (Wirkung der SSRI verglichen mit der von Plazebo) in logarithmischer Abhängigkeit von der Behandlungsdauer zunimmt (Abb. 1a). Behandlungen mit SSRI waren eher als Plazebo mit klinischen Verbesserungen zum Ende der ersten Behandlungswoche assoziiert. Signifikante Unterschiede bereits zu diesem Zeitpunkt zeigten sich in einer Sekundäranalyse sowohl für die HAMD als auch für die Montgomery-Åsberg Depression Rating Scale (MADRS) (Abb.1 b und c).

Abb. 1. SSRI versus Plazebo: Unterschiede in der Behandlung von Patienten mit unipolarer Depression a) Bestmögliche Darstellung des Behandlungsergebnisses insgesamt: logarithmische Darstellung des mit der Zeit zunehmenden Behandlungseffekts (Wirkung gegenüber Plazebo) (SSRI n=3618; Plazebo n=2254; gestrichelte Linie=95%-Konfidenzintervall) b) Gewichtete Mittelwertunterschiede in der HAMD bei Behandlung mit SSRI gegenüber Plazebo (Woche 1: –1,07 [95%-KI –1,69 bis –0,44), n=1893; Woche 6: –3,3 [95%-KI –4,14 bis –2,45], n=3432) c) Gewichtete Mittelwertunterschiede in der Montgomery-Åsberg Depression Rating Scale (MADRS) bei Behandlung mit SSRI gegenüber Plazebo (Woche 1: –0,84 [95%-KI –1,36 bis –0,32), n=2062; Woche 6: –3,25 [95%-KI –4,11 bis –2,39], n=3159)

In einer weiteren Sekundäranalyse wurde gezeigt, dass die Wahrscheinlichkeit, nach einer Woche eine 50%ige Reduktion im HAMD zu erreichen, durch die Behandlung mit SSRI gegenüber der Gabe von Plazebo deutlich steigt (relatives Risiko=1,64; 95%-Konfidenzintervall 1,2–2,25).

Zusammenfassend zeigt das Ergebnis, dass eine Therapie mit SSRI mit symptomatischen Verbesserungen der Depression am Ende der ersten Behandlungswoche assoziiert ist. Eine frühe Therapieantwort ist nicht notwendigerweise eine Plazebo-Wirkung.

Quelle

Taylor MJ, et al. Early onset of selective serotonin reuptake inhibitor antidepressant action. Arch Gen Psychiatry 2006;63:1217–23.

Psychopharmakotherapie 2007; 14(04)