Kopfschmerz

Hormonsubstitution zur Prävention der menstruationsbezogenen Migräne nicht wirksam


Prof. Dr. Hans Christoph Diener, Essen

Eine prä- und perimenstruelle Substitution mit Estrogen verhindert zwar Migräneattacken während der Periode, resultiert aber in einem signifikanten Anstieg der Migränehäufigkeit nach der Hormonsubstitution und ist daher für die Behandlung einer periodenassoziierten Migräne nicht geeignet.

Hintergrund

Eine nicht unerhebliche Zahl von Frauen hat ihre Migräneattacken regelmäßig oder ausschließlich während oder im Zeitraum der Periode. Die bisher durchgeführten Studien zum Einsatz von Estrogenen zur Prävention der menstruationsbezogenen Migräne sind uneinheitlich. Fasst man diese Studien zusammen, ergeben sich Hinweise darauf, dass Estrogen-Pflaster mit einer Dosierung von 25 oder 50 µg Estradiol unwirksam sind, während Estrogen-Pflaster mit 100 µg möglicherweise wirksam sind. 100 µg Estradiol appliziert über ein Pflaster entspricht 1,5 mg appliziert mithilfe eines Hautgels. In der Studie aus England sollte untersucht werden, ob die Applikation von Estrogen als Gel vor der zu erwartenden Periode die Schwere und Dauer von Migräneattacken reduzieren kann.

Studiendesign

In die Studie wurden ursprünglich 38 Frauen aufgenommen, die in randomisierter und verblindeter Weise in drei Zyklen ein Estrogen-Gel anwenden sollten und in drei Zyklen Plazebo. Die Frauen wurden gebeten, mit Hilfe eines Monitoringsystems im Morgenurin Hormonmessungen vorzunehmen. Aus diesen Messungen konnte dann der Zeitpunkt der zu erwartenden Periode berechnet werden. Auf diese Weise erfolgte die Behandlung 6 Tage vor der Periode bis zum 2. Tag der Periode. Die Dosis betrug 1,5 mg Estradiol. Mithilfe eines Migränetagebuchs wurden Migränetage sowie die Schwere und Dauer der Migräneattacken erfasst.

Ergebnis

31 Frauen beendeten die Studie und behandelten sechs Zyklen im Cross-over-Design entweder mit Estradiol oder mit Plazebo. Unter der Hormonsubstitution kam es zu einer 22%igen relativen Reduktion der Migränetage. Dieser Unterschied war statistisch signifikant. Die Migräneattacken waren, wenn sie auftraten, auch weniger intensiv und traten seltener mit Übelkeit auf. In den fünf Tagen nach der Behandlung kam es allerdings zu einem 40%igen Anstieg der Migräneattacken. Auch dieser Unterschied war statistisch signifikant.

Kommentar

Diese in England durchgeführte Studie ist vom Studiendesign extrem sorgfältig und clever gemacht. Die Autorinnen haben es fertig gebracht, durch Hormonmessungen im Morgenurin zuverlässig vorauszusagen, wann die nächste Periode kommt, und auf diese Weise ausreichende Estrogen-Spiegel im Blut während der Periode erreicht. Die Ergebnisse sind überraschend. Weniger überraschend ist das Ergebnis, dass eine höhere Dosis Estrogen vor und während der Periode das Auftreten und die Schwere von Migräneattacken während der Periode verhindert. Überraschend war das Ergebnis, dass dieser therapeutische Effekt vollständig aufgehoben wird durch die Tatsache, dass dann nach der Periode vermehrt Migräneattacken auftreten. Mit dieser Studie ist damit die Frage der Hormonsubstitution bei menstrueller Migräne beantwortet. Diese Therapie ist definitiv nicht wirksam.

Quelle

MacGregor EA, et al. Prevention of menstrual attacks of migraine. A double-blind placebo-controlled crossover study. Neurology 2006;67: 2159–63.

Psychopharmakotherapie 2007; 14(03)