Fortgeschrittene Parkinson-Krankheit

Entacapon und Cabergolin im Vergleich


Dr. H. Oberpichler-Schwenk, Stuttgart

Bei älteren Parkinson-Patienten, die nach mehrjähriger Levodopa-Behandlung unter motorischen Fluktuationen litten, verringerte sich die tägliche Off-Zeit unter einer Zusatzbehandlung mit Entacapon (Comtess®) oder Cabergolin (Cabaseril®) in vergleichbarem Maße. Der statistische Nachweis der Gleichwertigkeit beider Therapien wurde allerdings knapp verfehlt.

Nach der Diagnose einer Parkinson-Krankheit führt die dopaminerge Behandlung (z.B. mit Levodopa) zunächst zu einer Besserung der Symptome („Honeymoon“). Nach ein paar Jahren kommt es dann aber zu motorischen Fluktuationen, mehrmals täglichen Wechseln zwischen Phasen guter und schlechter Beweglichkeit. Die Phasen schlechter Beweglichkeit korrelieren mit einem abfallenden Dopamin-Spiegel, also einem Nachlassen der Levodopa-Wirkung („Wearing-off“). In Phasen mit hohen Dopamin-Spiegeln können dagegen Dyskinesien auftreten. Das Wearing-off ist nicht nur durch motorische Störungen (Akinese, Rigor, Ruhetremor, Dystonien) gekennzeichnet. Es gibt auch eine Reihe nichtmotorischer Symptome, deren Bedeutung für das Wohlbefinden der Patienten zunehmend gewürdigt wird. Dazu gehören zum Beispiel Blutdruckanstieg, Schweißausbrüche, Harndrang, Off-Dystonien sowie psychische Veränderungen wie die Off-Dose-Bradyphrenie, Off-Dose-Depression und Panikattacken.

Ein pharmakotherapeutischer Ansatz zur Linderung von Wearing-off-Symptomen ist eine Verlängerung oder Verstärkung der Levodopa-Wirkung durch:

Höhere Fraktionierung der Levodopa-Gabe oder/und Gabe eines Levodopa-Retardpräparats

Kombination mit einem Dopaminagonisten

Verzögerung des Levodopa-Abbaus durch Gabe eines COMT-(Catechol-O-methyltransferase-)Hemmers, dabei wirkt Entacapon (Comtess®, mit Levodopa/Benserazid kombiniert in Stalevo®) hauptsächlich peripher

Verzögerung des Dopamin-Abbaus im ZNS durch Gabe eines MAO-(Monoaminoxidase-)B-Hemmers

Ziel der CAMP-Studie war der Vergleich des COMT-Hemmers Entacapon und des Dopaminagonisten Cabergolin als Zusatztherapie bei älteren (>60 Jahre) Parkinson-Patienten mit Wearing-off. Die Patienten sollten unter einer Therapie mit täglich 3 bis 5 Levodopa-Dosen in Standardformulierung (plus Decarboxylase-Hemmer) stehen und nach der ersten morgendlichen On-Phase mindestens 60 min/Tag Off-Zeit aufweisen. Nach einer ein- bis zweiwöchigen Screeningphase erhielten sie randomisiert über 12 Wochen

200 mg Entacapon zu jeder Levodopa-Dosis (n=82) oder

1 bis 6 mg/d Cabergolin einmal täglich (n=79).

Während der ersten 6 bis 8 Wochen konnte die Dosis verändert werden. Am Ende betrug sie im Durchschnitt 698 mg/d Entacapon beziehungsweise 3,45 mg/d Cabergolin. Die Studie wurde offen durchgeführt, die Beurteilung (UPDRS [Unified Parkinson’s disease rating scale], Dyskinesie-Score) erfolgte aber ohne Kenntnis der Gruppenzuordnung. Eine prophylaktische Behandlung mit Domperidon oder Clozapin war nicht gestattet, um etwaige Verträglichkeitsunterschiede (Übelkeit und Erbrechen, Psychose) aufdecken zu können.

Die Patienten waren im Durchschnitt etwa 70 Jahre alt und wiesen nach der Parkinson-Diagnose vor gut fünfeinhalb Jahren seit etwa anderthalb Jahren Fluktuationen auf. Die durchschnittliche Levodopa-Dosis betrug 467 mg/d in der Entacapon-Gruppe und 497 mg/d in der Cabergolin-Gruppe.

Primärer Zielparameter war die tägliche Off-Zeit nach der ersten On-Phase, ermittelt aus einem Beweglichkeitsprotokoll über drei Tage. Sie verringerte sich – nach einem anscheinend schnelleren Wirkungseintritt mit Entacapon – mit beiden Substanzen in vergleichbarer Weise (Abb. 1, Tab. 2). Die statistische Beurteilung, ob beide Therapien gleich wirksam sind, wurde mit einem Nicht-Unterlegenheitstest vorgenommen. Dabei sollte zum Nachweis der Nicht-Unterlegenheit das Konfidenzintervall der Differenz beider Effekte die obere Grenze von 0,5 h nicht überschreiten. Diese obere Grenze des Konfidenzintervalls betrug aber für die ITT-Analyse 0,531 und für die PP-Analyse 0,509. Der statistische Nachweis der gleichen Wirksamkeit war damit knapp verfehlt. Das mag zum einen an der geringen Patientenzahl liegen. Die geplante Studiengröße von 224 (2×112) Patienten wurde nicht erreicht, weil es sich als schwierig erwies, Patienten zu finden, die nicht schon eines der beiden zu prüfenden Pharmaka erhielten. Zum zweiten war die Standardabweichung der Off-Zeit mit 1,5 Stunden angenommen worden, lag aber deutlich höher (Tab. 2).

Abb. 1. Abnahme der täglichen Off-Zeit bei Zusatztherapie mit Entacapon oder Cabergolin (Mittelwerte ± SEM) [nach Deuschl]

Tab. 2. Abnahme der täglichen Off-Zeit bei Zusatztherapie mit Entacapon oder Cabergolin (Mittelwerte) [nach Deuschl]

Entacapon

Cabergolin

Intention-to-treat-(ITT-)Analyse

Patienten [n]

71

64

Off-Zeit [h/d]

– Visite 1

– Visite 5

– Differenz

3,78

1,99

–1,79±2,65

3,73

2,04

–1,69±2,43

Per-Protocol-(PP-)Analyse

Patienten [n]

65

59

Off-Zeit [h/d]

– Visite 1

– Visite 5

– Differenz

4,01

2,14

–1,87±2,73

3,81

2,19

–1,61±2,34

Bei den sekundären Endpunkten zeigten sich keine Unterschiede zwischen beiden Therapien (Veränderung der On-Zeit und des On-Zeit-Anteils, PDQ-39 [Patientenfragebogen], klinischer Gesamteindruck, UPDRS I–V). Die tägliche Levodopa-Dosis konnte in der Entacapon-Gruppe um durchschnittlich 32 mg und in der Cabergolin-Gruppe um 11 mg reduziert werden.

Unerwünschte Wirkungen traten in beiden Gruppen bei 53% der Patienten auf, bei 8,5% der Entacapon-Gruppe und bei 13,9% der Cabergolin-Gruppe führten sie zum Studienabbruch. Ein kausaler Zusammenhang mit der Prüfmedikation wurde häufiger bei Cabergolin-Behandlung konstatiert, am ausgeprägtesten war dies in Bezug auf Übelkeit (Cabergolin 21,5%, Entacapon 3,7% der Patienten).

Die Studienergebnisse unterstützen die Anwendung des COMT-Hemmers Entacapon und des Dopaminagonisten Cabergolin bei älteren Parkinson-Patienten mit motorischen Fluktuationen.

Quelle

Prof. Dr. med. Günther Deuschl, Kiel, Prof. Dr. med. Wolfgang Jost, Wiesbaden, Satellitensymposium „Wenn der Honeymoon bei M. Parkinson beendet ist“, veranstaltet von Orion Pharma GmbH im Rahmen der Neurowoche 2006, Wiesbaden, 22. September 2006.

Psychopharmakotherapie 2007; 14(01)