Schizophrenie

Gene und Umwelt wirken zusammen


Die Schizophrenieforschung hat in den letzten Jahren mehrere so genannte Suszeptibilitätsgene aufgedeckt, die mit einer erhöhten Erkrankungswahrscheinlichkeit assoziiert sind – um so mehr in Verbindung mit ungünstigen Umweltfaktoren, von denen ebenfalls verschiedene charakterisiert wurden.

Aus Familien- und Zwillingsuntersuchungen ist bekannt, dass die Schizophrenie eine starke erbliche Komponente hat. Die Heritabilität liegt bei 50%. Während in der Normalbevölkerung das Risiko, zwischen dem 18. und 48. Lebensjahr eine Schizophrenie zu entwickeln, bei 1% liegt, beträgt es für eineiige Zwillinge von Erkrankten 50%.

Als Suszeptibilitäts- oder Vulnerabilitäts-Gene wurden Dysbindin auf Chromosom 6p und Neuregulin-1 auf Chromosom 8p nachgewiesen. Diese Gene stehen nicht mit dem Dopamin-Stoffwechsel in Zusammenhang, sondern spielen eine Rolle bei der Hirnentwicklung. So ist Neuregulin-1 beteiligt an der neuronalen Migration sowie an der Entwicklung von Oligodendrozyten und Myelinisierung, es trägt zum Pubertätsbeginn sowie zum Erhalt der Synapsenfunktion, insbesonder im glutamatergen System, bei. Welche NRG-1-Haplotypen für eine Schizophrenie prädisponieren, wird gegenwärtig untersucht. Beispielsweise konnte eine Korrelation zwischen dem Vorliegen eines NRG-1-Risikohaplotyps und dem Hippocampusvolumen aufgedeckt werden. Eine beidseitige Verringerung des Hippocampusvolumens ist bei Schizophrenie-Kranken und in abgeschwächter Form („intermediärer Phänotyp“) auch bei deren Verwandten nachweisbar. Bei Letzteren ist der Effekt umso deutlicher, wenn Schwangerschaftskomplikationen bestanden.

Es gibt verschiedene Belege dafür, dass Schwangerschafts- und Geburtskomplikationen das Risiko für eine Schizophrenieerkrankung erhöhen. Im Tiermodell kann allein durch bestimmte Noxen in der Pränatal- oder Neonatalperiode die Hirnentwicklung gestört und eine Modellpsychose erzeugt werden, beispielsweise durch Gabe von Mitoseinhibitoren wie MAM (Methylazoxymethanolacetat) oder von Lipopolysacchariden in der Pränatalperiode oder mit Exzitotoxinen wie Glutamat in der Neonatalphase.

Ein weiterer krankheitsrelevanter Umweltfaktor ist die Urbanizität. Das Risiko für Negativ- und Positivsymptome nimmt mit steigender Bevölkerungsdichte zu. Der Zusammenhang ist umso ausgeprägter, wenn es in der Familie bereits Schizophrenie gibt. Ein erhöhtes Krankheitsrisiko haben auch Migranten, und zwar vor allem die zweite Generation. In einer britischen Studie aus dem Jahr 2001 zeigte sich ein besonders hohes Erkrankungsrisiko bei Farbigen, die in einer Gegend mit niedrigem Farbigen-Anteil wohnten. Hier dürfte die soziale Deprivation zum Ausbruch der Schizophrenie beigetragen haben.

Schließlich ist Drogenmissbrauch (Cannabis-Konsum) ein bekannter Umwelt-Risikofaktor.

Quelle

Prof. Dr.med. Peter Falkai, Homburg/Göttingen, 5. Lundbeck Dialog ZNS, Berlin, 10. Mai 2006, veranstaltet von Lundbeck GmbH. ho


Psychopharmakotherapie 2006; 13(05)