Parkinson-Erkrankung im Frühstadium

Transdermales Rotigotin zur Monotherapie


Susanne Wasielewski, Münster

Mit dem Dopamin-Agonisten Rotigotin (Neupro®) wird erstmals bei der Parkinson-Krankheit ein Arzneistoff transdermal eingesetzt. Der aus einem Matrixpflaster kontinuierlich freigesetzte Wirkstoff erzielt stabile Plasmaspiegel. In zwei Studien erwies sich eine Rotigotin-Monotherapie der frühen Parkinson-Krankheit als wirksam und verträglich.

Ein wesentlicher Vorteil der transdermalen Behandlung wird in der konstanten Wirkstoff-Freisetzung gesehen, die eine kontinuierliche Stimulation von Dopamin-Rezeptoren ermöglichen soll. Die pulsatile Stimulation von Dopamin-Rezeptoren scheint nämlich wesentlichen Anteil an der Entstehung motorischer Spätkomplikationen bei Parkinson-Patienten zu haben. Umgekehrt verringert eine kontinuierliche dopaminerge Therapie Dyskinesien, beispielsweise als duodenale Levodopa-Infusion oder als subkutane Injektion von Lisurid oder Apomorphin über eine Infusionspumpe. Diese Maßnahmen sind allerdings invasiv und teuer. – Die transdermale Rotigotin-Behandlung ist nichtinvasiv, in den Tagestherapiekosten mit oralen Dopamin-Agonisten vergleichbar und einfach durchführbar: Einmal täglich etwa zur gleichen Zeit entfernt man das Pflaster und klebt ein neues auf ein wechselndes gesundes Hautareal von Bauch, Oberschenkel, Hüfte, Schulter oder Oberarm. Das Pflaster muss etwa 30 Sekunden angedrückt werden. Das wärmeempfindliche Pflaster sollte nicht über 25 °C gelagert werden.

Der überwiegend lipophile Non-Ergot-Dopamin-Agonist Rotigotin (Neupro®) wurde speziell für die transdermale Anwendung entwickelt (siehe auch Psychopharmakotherapie 2005;12:219–22). Der Arzneistoff wird aus einer Silikon-Träger-Matrix gleichmäßig freigesetzt und durchdringt die Haut auf verschiedenen Wegen: trans- und interzellulär, durch Follikel und ekkrine Schweißdrüsen. Die Bioverfügbarkeit ist hoch (35 bis 40%). Der Plasmaspiegel ist stabil und weist eine lineare Beziehung zur im Pflaster enthaltenen Rotigotin-Dosis auf.

Rotigotin hat eine Halbwertszeit von etwa 6 Stunden. Es wird überwiegend metabolisiert und zu 30% biliär und zu 70% renal eliminiert.

Rotigotin bindet mit höchster Affinität an D3- und mit abnehmender Affinität an D4-, D5-, D2- und D1-Dopamin-Rezeptoren.

Rotigotin ist zunächst nur für die Monotherapie der Parkinson-Erkrankung im Frühstadium zugelassen. Für diese Indikation ergaben zwei randomisierte Doppelblindstudien eine symptomatische Verbesserung im Vergleich zu Plazebo. Die Patienten bekamen weder weitere Dopamin-Agonisten noch Levodopa, durften aber stabile Dosen Selegilin (z.B. Movergan®), Amantadin (z.B. PK-Merz®) oder Anticholinergika weiter einnehmen.

In einer Dosisfindungsstudie mit 242 Patienten ergaben sich für Pflaster, die 6 oder 8 mg Rotigotin pro Tag freisetzten, gegenüber Plazebo die deutlichsten Wirkungen.

An einer anderen Doppelblindstudie nahmen 277 Patienten mit einer Parkinson-Erkrankung im Frühstadium teil, zwei Drittel bekamen Rotigotin-Pflaster, ein Drittel ein Wirkstoff-freies Pflaster. Die Rotigotin-Dosierung wurde zunächst in wöchentlichen 2-mg-Schritten bis zur maximalen Wirkstoff-Freisetzung von 6 mg gesteigert und anschließend ein halbes Jahr lang beibehalten. Primäre Wirksamkeitskriterien waren die Veränderung bei den motorischen Leistungen und den Aktivitäten des täglichen Lebens (UPDRS II + III; Unified Parkinson’s Disease Rating Scale) und die Ansprechrate. Als Ansprechen galt, wenn die Werte bei UPDRS II + III gegenüber dem Ausgangswert um mindestens 20% stiegen. Der UPDRS II + III nahm in der Plazebo-Gruppe um durchschnittlich 1,3 Punkte zu und sank in der Rotigotin-Gruppe um 4,0 Punkte. 18,8 % der mit Plazebo und 47,5% der mit Rotigotin Behandelten sprachen auf die Therapie an.

Die Häufigkeit von Hautreaktionen ist bei transdermalem Rotigotin mit der bei anderen transdermal verabreichten Arzneistoffen vergleichbar, die übrigen Nebenwirkungen sind ähnlich wie bei anderen Dopamin-Agonisten. Von 649 mit Rotigotin Behandelten litten 38% an Übelkeit, 37% an lokalen Hautreaktionen und 25% an Schläfrigkeit. Wegen lokaler Hautreaktionen brachen 5% die Behandlung ab.

Rotigotin wird auch in der Kombinationstherapie fortgeschrittener Parkinson-Stadien geprüft. In einer 4-wöchigen Studie an einer kleinen Gruppe von Patienten mit Dyskinesien und Wirkungsschwankungen konnte die Levodopa-Dosis im Mittel um die Hälfte reduziert werden. Gleichzeitig sank bei 85% der Patienten die Off-Zeit und bei 70% die On-Zeit mit Dyskinesien.

Die Umgehung des Magen-Darm-Trakts durch die transdermale Anwendung könnte insbesondere für Patienten mit Schluckstörungen oder Gastroparesen und für die perioperative Situation eine gute Alternative sein.

Quellen

Prof. Dr. Heinz Reichmann, Dresden, Dr. Joachim Rings, Leverkusen, Prof. Dr. Ullrich Wüllner, Bonn. Einführungs-Pressekonferenz „Neupro® – das erste Parkinson-Pflaster“, Düsseldorf, 10. März 2006, veranstaltet von Schwarz Pharma.

Pfeiffer RF. A promising new technology for Parkinson’s disease. Neurology 2005;65:S6–S10.

Poewe W, Luessi F. Clinical studies with transdermal rotigotine in early Parkinson’s disease. Neurology 2005;65:S11–S14.

Psychopharmakotherapie 2006; 13(03)