Multiple Sklerose

Interferon beta reduziert Neubildung, nicht aber die Rückbildung von Läsionen


Dr. Barbara Kreutzkamp, München

Interferon beta bei Patienten mit multipler Sklerose führt zu einer Abnahme von neu gebildeten Läsionen, die sich im T1-gewichteten Magnetresonanztomogramm (MRT) als „schwarze Löcher“ darstellen. Die Dauer ihrer Anwesenheit veränderte sich während der dreijährigen Beobachtungsdauer nicht. Dies ist das Ergebnis einer Studie mit sechs Patientinnen.

„Schwarze Löcher“ sind ein typischer MRT-Befund bei fortschreitender multipler Sklerose. Schwarze Löcher, die nur über eine kurze Zeit zu sehen sind, bilden wahrscheinlich transiente lokale Ödeme ab, persistierende schwarze Löcher sind höchstwahrscheinlich Bereiche, in denen Axongewebe unwiderruflich verloren gegangen ist. Die Gabe von Interferon beta kann das Auftreten solcher schwarzen Löcher verhindern, so das Ergebnis einiger Studien. Offen ist aber, ob Interferon beta auch in der Lage ist, einmal entstandene Läsionen wieder verschwinden zu lassen. Dazu wurde eine kleine, retrospektive Langzeitstudie gemacht.

Eingeschlossen wurden sechs Patientinnen mit einer schubförmigen multiplen Sklerose, die über drei Jahre in monatlichen Abständen per MRT kontrolliert wurden. Die Krankheitsdauer betrug zwischen ein und neun Jahren, die Scores in der Expanded Disability Status Scale (EDSS) zwischen 1,5 und 3,5. Die ersten MRT-Aufnahmen wurden unmittelbar vor Beginn einer Interferon-beta-1b-Therapie in einer Dosierung von 8 Mio. I.E. alle zwei Tage begonnen. Ausgewertet wurden die Zahl neu aufgetretener schwarzer Löcher und wie lang diese zu sehen waren.

Die Daten von fünf Patientinnen konnten herangezogen werden, bei einer Patientin traten während der gesamten Therapiephase keine weiteren schwarzen Löcher auf. Die Zahl der schwarzen Löcher vor Behandlungsbeginn lag zwischen 3 und 18. Insgesamt fiel die Rate der schwarzen Löcher im Verlauf der Erkrankung (p = 0,01). Anhand der Kaplan-Meier-Analyse konnte aber nicht festgestellt werden, dass schwarze Löcher schneller wieder verschwinden (p = 0,12). Bei drei Patientinnen verschlechterte sich der EDSS-Score, bei drei weiteren blieb er während der Therapie konstant. Zwei Patientinnen entwickelten neutralisierende Antikörper, eine mit vergleichsweise niedrigen, eine mit ansteigenden Titern.

Fazit

Läsionszeichen in Form von schwarzen Löchern treten zwar auch nach Beginn einer Behandlung mit Interferon beta auf, bilden sich allerdings im Verlauf der Behandlung zunehmend seltener. Deutlich ging bei fast allen Studienteilnehmerinnen die Zahl der kontrastverstärkt dargestellten Läsionen zurück, was möglicherweise mit der verminderten Bildung von schwarzen Löchern korrespondiert. Dass sich allerdings die Läsionen trotz Interferon-Therapie nicht zurückbildeten, könnte darauf hindeuten, dass Interferon nicht in den pathologischen Prozess eingreift. Die vorliegende Studie ist allerdings zu klein, um generelle Aussagen machen zu können.

Quelle

Bagnato F, et al. Effects of interferon beta-1b on black holes in multiple sclerosis over a 6-year period with monthly evaluations. Arch Neurol 2005;62:1–5.

Psychopharmakotherapie 2006; 13(03)