Bewegung in der Parkinson-Therapie


Prof. Dr. Heinz Reichmann, Dresden

In diesem Heft der PPT berichten namhafte Autoren über neue therapeutische Optionen beim idiopathischen Parkinson-Syndrom und bei Epilepsien.

Das idiopathische Parkinson-Syndrom wurde 1817 von James Parkinson noch mit Aderlass behandelt und es dauerte dann über 100 Jahre, bis Anticholinergika als erste moderne Anti-Parkinson-Medikamente zur Verfügung standen. Es folgte dann die epochale Entdeckung des Levodopa durch Birkmayer, Hornykiewicz, Carlsson, Sano und Cotzias. Heute haben wir nicht nur Levodopa mit Carboxylase-Hemmern, sondern auch die COMT-Hemmer, Dopaminagonisten, MAO-B-Hemmer, NMDA-Rezeptor-Antagonisten und die tiefe Hirnstimulation zur Verfügung, was die Therapiemöglichkeiten erweitert, den korrekten Umgang mit dieser Vielzahl an Medikamenten aber auch anspruchsvoll macht.

Auf den folgenden Seiten werden jetzt neue, innovative Therapeutika sowohl für die Früh- als auch die Spätphase der Parkinson-Krankheit beschrieben. Eine der aufregendsten Neuentwicklungen ist aus meiner Sicht Rasagilin, ein MAO-B-Hemmer der zweiten Generation. Für Rasagilin scheint erstmals ein guter Beweis für einen „disease modifying process“ gelungen zu sein. Darüber hinaus hat es auch in den fortgeschrittenen Phasen der Erkrankung seinen Stellenwert und zeigt in einer der beiden Studien eine gleich hohe klinische Effektivität wie Entacapon, ein COMT-Hemmer.

Rotigotin steht für eine neue Applikationsform der Dopaminagonisten-Therapie, da es als Pflaster verabreicht wird. Die Wirkung des neuen Nicht-Ergot-Dopaminagonisten ist überzeugend und mit der Pflasterapplikation werden mehrere Vorteile diskutiert, wie die kontinuierliche Dopaminrezeptor-Stimulation, die eine niedrige Dyskinesierate erwarten lässt. Dazu kommen der fehlende First-Pass-Effekt der Leber, die Möglichkeit, das Pflaster während einer Operation tragen zu können, und ein aufgrund der kurzen Halbwertszeit bei Abziehen des Pflasters rasches Sistieren eventueller Nebenwirkungen. Mit der Einführung von Rotigotin werden wir sicherlich auch einige Patienten mit zwei Dopaminagonisten parallel behandeln, das heißt, ich erwarte, dass manche Patienten neben dem Pflaster noch oral einen weiteren Dopaminagonisten einnehmen werden.

In den Spätphasen der Erkrankung, besonders beim Wearing-off, aber auch zur Vermeidung Levodopa-induzierter Dyskinesien ist es ein Fortschritt, dass nunmehr eine fixe Kombination aus Levodopa, Decarboxylase- und COMT-Hemmer, Stalevo®, zur Verfügung steht. Neben der Tatsache, dass damit die Patienten kleinere und weniger Pillen einnehmen müssen, gelingt mit dieser Kombination eine häufig beeindruckende Verbesserung des klinischen Zustands von Patienten mit fortgeschrittenem Parkinson-Syndrom.

Duodopa® ist ein invasiver Therapieansatz, den ich für solche Patienten verwende, die im Spätstadium Kontraindikationen für die tiefe Hirnstimulation aufweisen. Die Ergebnisse für diese Schwerstkranken sind ermutigend und es ist zu hoffen, dass wir alle zunehmend Erfahrungen mit Duodopa® machen können, um seinen Stellenwert nach den grundlegenden schwedischen Arbeiten einordnen zu können.

Somit ist nach einigen Jahren der Stagnation auf dem Parkinson-Sektor eine Ära mit gleich vier neuen Therapieoptionen eingeläutet.

Für die Epilepsie-Behandlung ist auch in Deutschland seit einigen Jahren Oxcarbazepin auf dem Markt, nachdem zum Beispiel die Schweizer Kollegen schon lange damit umgehen. Diese Substanz bietet wichtige Vorteile im Vergleich zu Carbamazepin und wird hier auch bezüglich ihrer über die antiepileptischen Eigenschaften hinausgehenden Indikationen kritisch gewürdigt.

Ich freue mich somit zusammenfassend, dass es uns mit diesem Heft gelungen ist, zu unterstreichen, dass die Neurologie nicht nur ein hochinteressantes diagnostisches, sondern auch therapeutisches Fach geworden ist. Vor allem die psychiatrisch tätigen Kollegen möchte ich abschließend auf den Diskussionsbeitrag zur CATIE-Studie hinweisen, in dem Möller, München, feststellt, dass diese Studie, die derzeit große öffentliche Aufmerksamkeit erfährt, letztlich mehr Fragen aufwirft als Antworten gibt.

Psychopharmakotherapie 2005; 12(06)