Migräneattacke

Verengt Eletriptan Koronararterien?


Prof. Dr. med. Hans Christoph Diener, Essen

Auch nach intravenöser Gabe von Eletriptan in hoher Dosierung wurde eine nur sehr geringe Gefäßverengung von Koronararterien beobachtet: Es bestand kein Unterschied zu Plazebo.

Potente und selektive Agonisten an 5-HT1B/1D-Rezeptoren – Triptane – sind wirksame Migränemittel. Meningealarterien, aber auch Koronararterien weisen 5-HT1B/1D-Rezeptoren auf und können daher durch die Gabe von 5-HT1B/1D-Agonisten verengt werden. Vereinzelt werden Fälle beschrieben, bei denen es insbesondere nach subkutaner Gabe des 5-HT1B/1D-Agonisten Sumatriptan (Imigran®) zu Angina pectoris, Herzrhythmusstörungen und in einigen wenigen Fällen zu einem Herzinfarkt kam.

In einer klinischen Studie wurde daher eine mögliche Koronararterien-verengende Wirkung des 5-HT1B/1D-Agonisten Eletriptan (Relpax®) im Vergleich zu Sumatriptan und Plazebo untersucht. In diese Studie wurden 60 Patienten aufgenommen, bei denen wegen belastungsabhängiger Herzbeschwerden eine Koronarangiographie durchgeführt wurde, bei der sich aber keine oder nur geringe Anzeichen für eine Atherosklerose fanden.

Sie wurden randomisiert drei Behandlungs-Gruppen zugeordnet:

  •  24 Patienten erhielten hochdosiertes Eletriptan intravenös
  •  18 Patienten erhielten 6 mg Sumatriptan subkutan (Standarddosis)
  •  18 Patienten erhielten Plazebo

Die intravenöse Gabe von Eletriptan führte zu Plasmaspiegeln, die etwa einer oralen Einnahme von 3x80 mg Eletriptan entsprachen.

Nach der Medikamentengabe sowie 5, 10, 15 und 40 Minuten später wurden erneut Koronarangiographien durchgeführt und digital gespeichert. Der Durchmesser der Koronararterien wurde später von einer Person bestimmt, die nicht wusste, welches Medikament die Patienten erhalten hatten. Außerdem wurden EKGs aufgenommen und Blutdruckmessungen durchgeführt.

In der linken vorderen deszendierenden Koronararterie wurde in den drei Behandlungs-Gruppen jeweils folgende Reduktion des Lumens festgestellt:

  •  Eletriptan: 22%
  •  Sumatriptan: 19%
  •  Plazebo: 16%

Es bestanden somit keine signifikanten Unterschiede in den Koronararterien-verengenden Eigenschaften sowohl im Vergleich der beiden 5-HT1B/1D-Agonisten Eletriptan und Sumatriptan als auch im Vergleich zu Plazebo.

Kommentar

Die vorliegende Studie ist sehr wichtig, da sie belegt, dass 5-HT1B/1D- Agonisten, selbst wenn sie im experimentellen Design intravenös gegeben werden, den Koronardurchmesser im Vergleich zu Plazebo nicht signifikant reduzieren, sie somit in diesem Punkt sicher sind. Dies bedeutet auch, dass das Engegefühl im Bereich der Brust, das etwa 5 bis 15% aller Patienten nach Anwendung von 5-HT1B/1D-Agonisten beklagen, nicht durch eine koronare Gefäßverengung bedingt ist. Interessant an der vorliegenden Studie war die Beobachtung, dass es auch durch die Gabe von Plazebo, wahrscheinlich bedingt durch den Stress der Untersuchung, zu einer Verengung von Koronararterien kam. Die Ergebnisse sollten allerdings keinesfalls Anlass dafür sein, bei Patienten mit manifester koronarer Herzerkrankung und Stenosen von Koronararterien 5-HT1B/1D-Agonisten zur Behandlung der Migräne einzusetzen. Bei hochgradigen Stenosen und/oder bei ulzerierenden Plaques mit verletztem Endothel könnten 5-HT1B/1D-Agonisten möglicherweise eine ganz andere gefäßverengende Wirkung auf die Koronararterien entfalten.

Quelle

Goldstein JA, et al. Effect of high-dose intravenous eletriptan on coronary artery diameter. Cephalalgia 2004;24:515–21.

Psychopharmakotherapie 2005; 12(05)