Konsensus-Leitlinie zum therapeutischen Drug-Monitoring in der Psychiatrie


Schon das letzte Heft der PPT war dem Schwerpunktthema Therapeutisches Drug-Monitoring (TDM) gewidmet. Wie angekündigt steht im Zentrum dieses Heftes nun die zusammengefasste deutschsprachige Wiedergabe der Konsensus-Leitlinie der betreffenden Arbeitsgruppe der AGNP zur optimalen Anwendung von TDM in der Psychiatrie [Pharmacopsychiatry 2004;37:243–65]. Seit über 10 Jahren hat sich diese Arbeitsgruppe intensiv dafür eingesetzt, dass die Plasmaspiegelbestimmung von Psychopharmaka den ihr gebührenden Stellenwert erlangt. Eine Aufgabe, die sowohl durch methodische Probleme als auch durch Akzeptanz-Probleme erschwert ist: Einerseits rücken Fragen der Pharmakovigilanz (Nebenwirkungen, Arzneimittelinteraktionen) und der Pharmakogenetik mehr und mehr in den Vordergrund, ebenso werden hohe Non-Compliance-Raten bei der Verordnung von Antipsychotika und Antidepressiva beklagt – also Themen, bei denen Plasmakonzentrationsmessungen eine zentrale Rolle spielen. Andererseits werden von Zulassungsbehörden nach wie vor keine Plasmaspiegel in klinischen Studien gefordert, nicht einmal bei älteren Patienten, Kindern oder Jugendlichen. Dies impliziert, dass das Interesse der pharmazeutischen Industrie an dieser Thematik nur sehr begrenzt ist und TDM noch nicht adäquat im klinischen Alltag integriert ist.

In der Leitlinie werden zunächst allgemeine pharmakologische Grundlagen dargestellt (Pharmakokinetik/Metabolismus, Pharmakogenetik, Dosis-Plasmakonzentration-Wirkungsbeziehungen), die Nachweisverfahren beschrieben, sodann Empfehlungen und Indikationen für das TDM von Psychopharmaka gegeben. Zur Einschätzung des Nutzens von Routine-TDM werden fünf empirische Empfehlungsgrade für die wichtigsten Psychopharmaka vorgeschlagen, in Übersichtstabellen werden die empfohlenen Plasmakonzentrationen von Antidepressiva, Antipsychotika, Tranquilizern/Hypnotika, Antidementiva und Suchttherapeutika mit Literaturbelegen dargestellt. Abschließend werden praktische Empfehlungen zum TDM-Prozess für die behandelnden Ärzte gegeben (Blutentnahme, Probenversand, Interpretation der Ergebnisse).

Als Originalarbeit werden neue ökonomische Daten zur Langzeitbehandlung mit Risperidon in Depotform basierend auf verfügbaren Studiendaten präsentiert. Hiernach bietet über einen Zeitraum von fünf Jahren berechnet Risperidon in Depotform in Wirksamkeit und Einspareffekten eine überlegene Therapieoption gegenüber Olanzapin und Haloperidol-Depot.

Im Diskussionsforum nehmen Kasper, Wien, Gastpar, Essen, und Müller, Frankfurt, Stellung zu jüngsten Kampagnen und Publikationen, in denen die Wirksamkeit von Antidepressiva pauschal und undifferenziert als Plazebo-ähnlich diffamiert wurde. Absurd und erschreckend zugleich ist festzustellen, dass die Psychopharmakotherapie nach wie vor besonders ideologieanfällig ist und in ihrer Wirkung gegenüber anderen Pharmaka rasch und leichtfertig ungerechtfertigterweise unterbewertet wird.

Wie immer runden aktuelle Beiträge zur Arzneimittelsicherheit (AMSP) sowie das Informationsforum über neue Studiendaten das Heft ab.

Vor allem aufgrund des Konsensus-Reports dürfte es für viele Leser eine häufig benutzte Lektüre und Quelle im Praxis- und Klinikalltag sein.

Prof. Dr. med. Dipl.-Psych. G. Laux,

Wasserburg-Gabersee/München

Psychopharmakotherapie 2005; 12(05)