Alzheimer-Demenz

Galantamin mit kontinuierlicher Freisetzung verbessert Verträglichkeit


Gabriele Blaeser-Kiel, Hamburg

Je häufiger ein Medikament eingenommen werden muss, desto schlechter ist die Compliance. Das gilt in noch verstärktem Maße für Patienten mit Alzheimer-Demenz. Bei Galantamin in Retardform ist die Einnahme nur einmal täglich erforderlich, darüber hinaus sind Verträglichkeitsvorteile zu erwarten.

Galantamin (Reminyl®) nimmt aufgrund seines dualen Wirkungsprinzips unter den Antidementiva eine Sonderstellung ein. Denn es hemmt nicht nur die Aktivität des Acetylcholin-abbauenden Enzyms, sondern erhöht gleichzeitig die Empfindlichkeit der nicotinergen Acetylcholin-Rezeptoren. Dass damit ein klinischer Vorteil verbunden ist, wird inzwischen durch einen randomisierten, verblindet ausgewerteten, Vergleich (n=181) mit Donepezil (Aricept®) bestätigt. Nach einem Jahr hatte sich der durchschnittliche MMST-Score (Mini-Mental-Status-Test) im Galantamin-Arm nicht unter den Ausgangswert verschlechtert (p<0,5), wohl aber bei den Patienten, die mit Donepezil behandelt worden waren (p<0,0005). Ein Fortschritt für die Compliance und eine Vereinfachung für pflegende Angehörige oder die Betreuung durch professionelle Helfer ist die neue Darreichungsform von Galantamin (Reminyl® 1x täglich). Es handelt sich dabei um Kapseln mit Mikropellets. Aus der äußeren Schicht dieser Kügelchen wird der Wirkstoff sofort freigesetzt, während die darunter liegende Kontrollmembran den Wirkstoff verzögert und kontinuierlich über einen Zeitraum von etwa 24 Stunden abgibt. Die Bioverfügbarkeit von „Reminyl® 1 x täglich“ und Reminyl® (zweimal tägliche Einnahme) ist identisch. Mit der retardierten Darreichungsform werden jedoch die nebenwirkungsträchtigen Plasmakonzentrationsspitzen weitgehend vermieden.

Ob sich dies tatsächlich positiv auf die Verträglichkeit auswirkt, hat man randomisiert doppelblind untersucht. Alzheimer-Kranke mit einem mittleren MMST-Score von 18 Punkten wurden entweder auf Galantamin in Retardform (n=319) oder Galantamin in der bisherigen Galenik (n=326) eingestellt oder erhielten Plazebo (n=320). Am Ende des sechsmonatigen Beobachtungszeitraums ergab sich in Übereinstimmung mit früheren Studien in beiden Verum-Armen bei allen Endpunkten (kognitive Funktionen/Alltagskompetenz) eine statistisch signifikante Überlegenheit gegenüber der Plazebo-Gruppe. Wie erwartet waren unter Galantamin häufiger als unter Plazebo gastrointestinale Beschwerden aufgetreten. Die differenzierte Auswertung ließ erkennen, dass die Inzidenz von Übelkeit und Erbrechen unter der Retardform deutlich niedriger war, vor allem zu den Zeitpunkten der Dosiserhöhung (Abb. 1).

Abb. 1. Inzidenz von Übelkeit und Erbrechen zu den Zeitpunkten der Dosiserhöhung von Galantamin in herkömmlicher Darreichungsform oder in Retardform versus Plazebo [nach Brodaty H, et al. 2004]

Quellen

Prof. Dr. med. Alexander Kurz, München, Prof Dr. rer. nat. Alfred Maelicke, Mainz, Pressekonferenz „Galantamin 1x1: Vorteile der neuen Retardform in der Demenztherapie“, veranstaltet von der Firma Janssen-Cilag im Rahmen des DGPPN-Kongress 2004 (Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und Nervenheilkunde) Berlin, 25. November 2004.

Wilcock G, et al. A Long-term comparison of galantamine and donepezil in the treatment of alzheimer’s disease. Drugs Aging 2003;20:777–89.

Brodaty H, et al. Safety and tolerability of once-daily galantamine prolonged-release capsules in patients with mild to moderate alzheimer’s disease. [Poster] 8th Congress of the European Federation of Neurological Science, Paris, September 2004.


Buchtipp


M. Bergener, H. Hampel, H.-J. Möller, M. Zaudig (Hrsg.)

Gerontopsychiatrie

Grundlagen, Klinik und Praxis

2005, XXII, 798 S., 77 farb. Abb., 122 s/w Tab. Gebunden. 166,00  Stuttgart: Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft 2005.

Psychopharmakotherapie 2005; 12(05)